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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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für dich.
    Ich würde dich unglücklich machen.
    Verzeih. Josephine
    Er las noch einmal. Wie konnte sie das sagen? Nicht gut genug für ihn? Er vergötterte sie doch, das wußte sie, sie mußte es
     wissen nach all den gemeinsamen Tagen! Er sank auf das Bett nieder. Hatte er bisher geglaubt, schon völlig zugrunde gerichtet
     zu sein, hatte er geglaubt, die Schmerzen seien am Ende der beißenden Höllenfahrt angekommen – jetzt begriff er mit Entsetzen,
     daß es noch tiefer hinabging mit ihm. Wie konnte sie ihm das antun, ihn verlassen, weil sie sich nicht gut genug fühlte? Ja,
     sie war flatterhaft und launisch. Aber er konnte damit umgehen!
    Amiel sprang auf. Er rannte die Treppe hinunter. Wie eine Sturmbö fegte er um die Häuserecken, bis zu dem kleinen Verschlag,
     in dem sie mit ihrem Bruder lebte. Er schlug mit der Faust gegen die Tür, immer wieder. Endlich öffnete sie sich, der Bruder
     sah ihn an.
    Amiel würgte hervor: »Josephine.«
    Der Bruder nickte und verschwand. Dann kam sie: die Haare wirr, die Augenlider halb geschlossen. So schlief sie, während bei
     ihm dieser Brief lag? Er warf ihn ihr zu Füßen. |375| »Nach der guten Zeit verläßt du mich, mit solchem Unsinn? Du weißt, daß du gut genug für mich bist, daß ich dich liebe, daß
     ich dich endlos liebe!«
    Sie wirkte seltsam kühl, stand da und hörte ihm zu, als berühre sie das alles nicht. »Amiel, du bist wütend. Laß uns später
     darüber reden.«
    »Was soll später anders sein? Josephine, ich will dich, ich möchte mein Leben mit dir verbringen. Bitte, komm zurück zu mir.«
    »Wir sind beide müde, Amiel. Wenn du morgen noch einmal nachdenkst, wirst du merken, daß es besser so ist, daß wir einfach
     nicht zusammengehören.«
    So hatte sie nie zu ihm gesprochen. Sie behandelte ihn, als sei er ein Kind, als sei keine Verbindung mehr da zwischen ihnen.
     »Ist alles weg, was da zwischen uns war? Du warst doch glücklich!«
    »Ja«, sagte sie, aber ihr Gesicht zeigte ihm, daß er ihr lästig war. Er hatte sie verloren.
    Hier in München sollte ihm das gleiche passieren? Das willst du nicht, Amiel, sagte er sich. Nicht noch einmal. Er war doch
     darüber hinweg, er war jetzt Perfectus, mit Frauen hatte er abgeschlossen.
    Nemo würde ihm das Pergament besorgen. Den Inquisitor würde er hinhalten, bald kam der große Tag. Er wollte dem Volk Gutes
     tun. Bei Nemo würde er anfangen. Er würde ihm Adeline geben und ihn ziehen lassen. Das nahm er sich vor.

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    »Adeline? Wo bist du?«
    Er war es wirklich. Zuerst hatte sie die Stimme durch die Tür gehört, ein fauler Zauber des Perfectus, hatte sie gedacht,
     und war vorbereitet gewesen. Aber nun stand Nemo vor ihr und leuchtete in die Tiefen des Kellergewölbes. Sie ließ den Stein
     fallen. Er lebt, dachte sie. Arme, Beine, Kopf, nichts war verletzt, er blutete nicht, er war unversehrt.
    Nemo wirbelte herum. »Adeline!« Er lächelte. Sein Blick fiel auf den Stein, der neben ihren Füßen lag. »Was wolltest du damit?«
     Er sagte leise: »Den Perfectus erschlagen?«
    »Ich habe Angst vor ihm.«
    Er sah an ihr hinunter. »War er das?«
    Sie mußte ein furchtbarer Anblick sein. Das zerrissene, befleckte Kleid, die zerschrammten Handgelenke, das verweinte Gesicht.
     »Ich will hier raus.«
    »Sieh mal, hier liegt eine Decke. Du frierst doch.« Er hob die Decke auf und wollte sie ihr reichen.
    »Das ist die Decke von ihm.« Sie wich zurück. Auf wessen Seite stand Nemo? Warum wollte er dem Perfectus helfen, sie wieder
     einzufangen mit seiner verhaßten Fürsorge? Verstand er nicht, daß sie weg mußte, daß sie hier keine Luft bekam?
    Er trat auf sie zu. »Das ist die Decke vom alten Pötschner. Amiel gehört nichts in diesem Haus. Er ist nur Gast. Pötschner
     ist ein Ratsherr, ein alter Mann, vor dem mußt du dich nicht fürchten. Komm, lege dir die Decke über die Schultern. Du holst
     dir den Tod in diesem Loch.«
    »Dann sterbe ich eben.«
    Er schluckte. »Was hat er mit dir gemacht?« Mitleid stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er bückte sich, stellte die Kerze auf
     dem Boden ab und legte die Decke daneben. Er sah sie an. |377| Dann stellte er sich dicht vor Adeline. Zögerlich streckte er die Hand nach ihrem Arm aus.
    Es war ihr gleichgültig. Sollte er sie berühren. Es gab da nichts mehr zu erobern. Es gab nichts mehr zu zerstören.
    Nemo nahm auch ihren anderen Arm in die Hand und zog Adeline an sich. Er bettete ihren Kopf auf seine Schulter und hielt

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