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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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Wald versteckt für einige Wochen. Seine Jünger haben weiter im Untergrund gearbeitet.
     Nun ist er nach München zurückgekehrt. Ich glaube, daß etwas Schreckliches geschehen wird. Er hat gesagt, daß die reine Kirche
     heute unbesiegbar wird.«
    »Woher wißt Ihr all das?«
    »Ich bin einer von seinen Jüngern.«
    William holte tief Luft. Für einen Moment war ihm, als stünde alles still. »Damals, als Ihr diesen Studenten befreit habt
     – das war verdächtig. Aber ich hatte gehofft, Ihr findet mit der Zeit zur Vernunft.«
    »Was haben sie mit dem armen Bartholomäus getan! Er hat bereut! Ich dachte, wenn man bereut, ist man wiederhergestellt.«
    William musterte ihn. Venk trug goldene Ringe an den Fingern beider Hände, eine goldene Halskette und einen marderfellgefütterten
     Mantel. Darunter schimmerte feinster Atlasstoff hervor. Der Verlust seines Besitzes mußte für ihn beinahe genauso schwer wiegen
     wie der Tod. Beides in Aussicht zu haben, hatte ihn offenbar zur Einsicht gebracht. »Wie will der Perfectus die Stadt in seine
     Hand bringen?«
    »Ich weiß es nicht. Aber was er tut, wird das Volk auf seine Seite bringen. Den Inquisitor hat er schon gefangen.«
    William spürte, wie das Blut aus seinem Gesicht wich. Die Wangen wurden kalt. »Was sagt Ihr da?«
    »Amiel ist im Augustinerkloster und hat den Großinquisitor in seiner Gewalt.«
    »Wißt Ihr, was uns droht, wenn dem Dominikaner etwas zustößt? Der Thron des Kaisers hat noch nie so gewankt. Man wird Ludwig
     den Mord an zwei Inquisitoren in seiner Residenzstadt niemals vergeben. Das Kaiserreich bricht zusammen! Wenn Ludwig abgesetzt
     wird, erhebt der Franzose Anspruch auf die Kaiserkrone. Den Papst hat er schon in seiner Hand. Bekommt er dazu auch noch die
     Kaiserwürde, dann sei uns Gott gnädig. Wir müssen handeln, sofort!« William nahm |419| seine Fellmütze vom Haken. Er hängte sich den schweren Wollmantel um. »Kommt!«
    Sie stiegen die Treppen hinab, überquerten den Hof. Es war eine kalte Nacht, William verschlug es den Atem, seine Lunge wollte
     die eisige Luft nicht aufnehmen. Die Sterne funkelten friedlich, sie wußten nicht, was in München geschah. Er betrat die Wachstube.
     Ein Würfelbecher knallte auf den Tisch.
    »Ich brauche sechs Männer«, sagte er, »der Rest von Euch rüstet sich und bewacht das Tor.«
    »Aber es ist Nacht«, widersprach ein Wächter.
    William sah ihm geradewegs in die Augen. »Ja, es ist Nacht. Und zwar die Nacht, in der zehntausend Münchner auf den Beinen
     sind, um Euren Kaiser vom Thron zu stürzen.« Er blickte in die Runde. »Ihr«, er zeigte auf einen Wachmann, »lauft rasch zum
     Hauptmann der
Sagitarii
, weckt ihn, sagt, er soll seine Männer zusammenholen, so viele wie möglich, verläßliche Männer, die sich nicht dem Aufruhr
     des Perfectus angeschlossen haben. Sie sollen mit ihren Armbrüsten zum Kaiserhof kommen.« Mit einer Geste umfaßte er sechs
     weitere Wachen. »Ihr kommt mit uns. Wir sind so schnell wie möglich wieder zurück. Öffnet dann rasch das Tor, es kann sein,
     daß wir von einer wütenden Meute verfolgt werden.«
    Allmählich wurde den Männern klar, daß er es ernst meinte. Die ersten standen auf und schnallten sich ihre Schwertgurte um.
     Hinter ihm trat Venk in den Raum. Er sagte: »Wenn ihr euch in dieser Nacht als tapfer erweist, sollt ihr den doppelten Wochenlohn
     von mir erhalten, zusätzlich zu eurem üblichen Sold.«
    In kurzer Zeit standen die sechs Männer gerüstet bereit. »Gehen wir«, sagte William.
     
    Nemo führte die Schimmelstute am Zügel. Ihr warmer Atem blies ihm über die Hand. »Du willst wirklich nicht aufsitzen?« fragte
     er.
    Adeline schüttelte den Kopf. »Wie gelangen wir aus der Stadt?«
    |420| »Zyfers Tor.«
    »Ich habe mich nicht von meiner Mutter verabschiedet. Sie weiß nicht einmal, daß ich noch lebe! Können wir noch rasch bei
     meiner Mutter vorbeigehen?«
    Sie sah nicht, was in Kürze geschehen würde. In jeder Straße sammelten sich Männer mit Fackeln und Waffen. »In Kürze bricht
     hier die Hölle los, Adeline.«
    »Wir hatten nie ein besonders gutes Verhältnis zueinander. Wir brauchen diesen Abschied, Mutter braucht ihn, und ich brauche
     ihn. Eine Versöhnung, verstehst du?«
    »Gut, gehen wir zu ihr.« Wie mußte es sein, wenn man sich mit seinen Eltern versöhnen konnte? Wenn man ihnen gegenüberstand
     und mit ihnen sprach, seine Enttäuschung, seine angestaute Liebe erklären konnte?
    Ein kleiner Mann passierte

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