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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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Jäger nuschelte etwas.
    Nemo stand auf. »Was habt Ihr gesagt?«
    »Hast schon richtig gehört. Ich habe mit Adeline gesprochen.«
    »Warum? Warum habt Ihr das getan?«
    »Vorhin, beim Fest. Mußte doch herausfinden, wem du da hinterhergeierst.«
    »Habt Ihr etwa von mir erzählt?«
    »Die Gräfin hat gleich böse geguckt. Dabei wollte ich nur nett sein. Hab die Kleine gar nicht angefaßt.«
    »Weiß sie von mir?«
    »Ich hab ihr nichts gesagt. Du kannst weiter deinen Spaß haben.«
    »Worüber habt Ihr gesprochen? Was hat sie gesagt?«
    »Nichts hat sie gesagt. Sie ist rot geworden, als ich sie angesprochen hab, und wollte mich nicht ansehen. Ich habe ihr erzählt,
     daß ich Jäger bin.«
    »Das war alles?«
    »Ja, ja. Hab noch gefragt, ob sie mit auf die Jagd kommen möchte, ob ich sie mal mitnehmen soll. Aber da hat sie den Kopf
     geschüttelt und ist weitergegangen mit dem Weinkrug. Süße kleine Schnepfe. Schüchtern ist sie! Und die Gräfin hat jetzt einen
     Haß auf mich.«
    Nemo atmete auf. Darum liebe ich sie, dachte er, gerade deshalb. Sie läßt sich nicht berühren.

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    Der Staub wölkte mannshoch über den Platz und wollte sich nicht niedersetzen. Rinder fing er ein, Ziegen, Viehhändler, Schafe,
     Hunde. Ochsen brummten in dem Wolkenleib. Lämmer blökten. Dazwischen riefen menschliche Stimmen: »Das Lamm für siebzehn Pfennig!«
     »Tadelloses Zugrind, jochgewöhnt, für achtunddreißig!« Wo am Donnerstag noch Bedienstete in beschaulicher Ruhe das Straßenpflaster
     gefegt hatten, lagen heute Kuhfladen, Schafdung und Stroh.
    Nemo blieb unter dem Messinghirsch stehen und schüttelte sich den Staub vom Kittel. Dem Kleidungsstück sah man nicht mehr
     an, daß es einmal weiß gewesen war. Es war fleckig braun, und unter den Achseln klafften Löcher. Die Ärmelenden waren schwarz.
     Er krempelte die Ärmel hoch, um sie zu verbergen. Er war wieder Nemo, der Tagelöhner, und als Tagelöhner das Gasthaus »Zum
     Hirschen« zu betreten war eine Frechheit. Besser, man sah ihm die Arbeit in den Kohleflözen nicht auf den ersten Blick an.
    Seine Füße ließen sich nicht verstecken. Jeder, der barfuß lief, hatte schmutzige Füße. Nun gut, vielleicht keine krustigen,
     dunkelfleckigen, aber einem Tagelöhner würde nicht einfallen, zum Bach zu laufen, um die Füße darin einzutauchen. Er durfte
     dem Fremden keinen Anlaß geben, noch mehr an ihm zu zweifeln.
    »Haltet Euch fern von diesen Menschen«, hatte William Ockham geraten, »es sind Verdammte, und sie bringen Verdammnis, bis
     in die Ewigkeit.« Aber was nützte ihm das, wenn er nicht wußte, wer der Fremde war und woher er ihn, Nemo, kannte? Womöglich
     hatte ihm der Ordensmeister etwas über ihn erzählt. Gab es Dinge, die man dem Waisenkind verschwiegen hatte? Er würde vorsichtig
     sein. Den Fremden |63| um eine Arbeit bitten. Einen kleinen Botendienst, eine Besorgung. Dabei würde er die Augen offenhalten. Er würde herausfinden,
     was der Mann wußte.
    Gerade als er eintreten wollte, wurde er im Genick gepackt.
    »Habe ich dich!«
    Er versuchte, sich aus dem Griff zu winden, und trat nach hinten. Er verfehlte den Angreifer. Erneut trat er zu. Von beiden
     Seiten kamen weitere Männer heran. Sie hatten ihn in der Zange.
    »Der Gulden ist uns sicher. Los, schaffen wir ihn zum Haus dieses Venk von Pienzenau.«
    Venk hatte ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt? Dann hatte er ihn erkannt. »Laßt mich laufen. Ich bezahle Euch einen Gulden und
     zehn Silberpfennige«, keuchte er.
    Der schmierige kleine Kerl zu seiner Linken zog einen Dolch aus dem Gürtel. »Einer wie du hat niemals soviel Geld.«
    Man packte seine Arme.
    »Ich besorge es, hier, im Gasthaus«, sagte er. »Ich kenne einen reichen Mann.«
    »Ach? Und kennt er dich auch?«
    »Laßt mich einen Augenblick hineingehen. Nur einen Augenblick! Ihr könnt mich immer noch abliefern, wenn ich ohne Geld wieder
     rauskomme.«
    Sie sahen sich an.
    »Zehn Silberpfennige mehr, das ist nicht zu verachten«, sagte einer mit vernarbtem Hals.
    Sie ließen ihn los. Der Kleine sagte: »Wenn du versuchst, uns reinzulegen, stechen wir dich ab, und wir liefern dich tot aus,
     verstanden?«
    Mit zitternden Knien ging er zum Gasthaus, trat ein und schloß die Tür hinter sich. Das war knapp, dachte er. Natürlich würde
     er ihnen das Geld nicht bringen. Sie wollten es ihm abknöpfen und ihn trotzdem ausliefern, um doppelt zu kassieren. Er wußte,
     wie Betrüger dachten. Irgendwie mußte er aus dem

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