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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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Haus gelangen, ohne daß sie es merkten.
    Er sah sich um. Kerzen brannten und malten Lichtkreise auf |64| die weißen Tischdecken. Feine Menschen saßen sich gegenüber. Sie sprachen leise miteinander. Es roch nach gerösteten Tauben,
     nach Pfeffer und Ingwer. Neben ihm verspeiste jemand in Honig eingelegte Feigen. Man trank aus verzierten Bleibechern.
    Die einzige Gemeinsamkeit mit den gewöhnlichen Schenken der Stadt bestand in dem Zinnkrug auf dem Schanktisch, der das eingeprägte
     Eichmaß Münchens trug. Es gab hier keine Bierlachen, keine schnarchenden Säufer, kein Würfelgeklapper. Die Gäste blickten
     auf und musterten ihn erstaunt. Ein Tagelöhner gehörte hier nicht hin.
    Der Mann, den er suchte, befand sich nicht im Saal. Und er kannte nicht einmal seinen Namen. Die Wirtin trat aus einer Tür,
     in den Händen ein Brett, das mit dampfenden Schüsseln beladen war. Als sie ihn sah, stellte sie es ab und eilte auf ihn zu.
     »Das ist nicht der Ort, wo deinesgleichen verkehrt«, zischte sie. »Geh, verlaß das Haus, ehe es ein Aufsehen gibt!«
    »Ich möchte ja gar nichts essen oder trinken. Ich suche einen Herrn, der gestern hier angekommen ist.« Er ließ seinen Blick
     schweifen, als suche er noch nach ihm.
    »Hast du eine Botschaft für ihn? Dann gib sie mir und warte draußen.«
    Vor der Tür lauerten sie. Hinauszugehen kam nicht in Frage. »Er hat mich gestern gebeten, ihn aufzusuchen.«
    »Sein Name?«
    Er schwieg.
    Die Wirtin drängte ihn zur Tür. »Hör mal, die Gäste werden unruhig. Du gehst jetzt besser.«
    »Er trägt einen Bart. Ich habe ihm eine Kiste hergetragen. Er wünscht meine Dienste.«
    »Ich weiß nicht, von wem du sprichst. Wenn du dich nicht augenblicklich dünn machst, lasse ich dich von den Hausknechten rauswerfen.
     Hast du verstanden?«
    Als einfacher Tagelöhner kam er hier nicht weiter. Er mußte in eine andere Haut schlüpfen. Er trat nahe an die Wirtin heran
     und raunte ihr ins Ohr: »Also hat er dir gesagt, du sollst ihn |65| verleugnen, der alte Hund, ja? Ich bin hier, um Geld abzuholen, und ich gehe erst wieder, wenn ich es habe. Öffne die Tür,
     Frau, und schau dir die Männer an, die dort warten. Entweder, du läßt mich zu deinem Gast vor und wir regeln das in aller
     Stille, oder die Burschen sind gezwungen, in deinem Gasthaus ein Blutbad anzurichten. Wird einiges aufwirbeln bei den Gästen.«
    Die Wirtin wich zurück und sah ihn ungläubig an. Sie öffnete die Tür. Sofort schloß sie sie wieder. Sie wurde blaß um die
     Nase. »Das sind deine Spießgesellen?«
    »Sie sind nicht sonderlich geduldig.«
    »Also gut. Geh die Treppe rauf. Er bewohnt das dritte Zimmer zur linken Seite. Ein komischer Kauz. Ich wußte, er hat Dreck
     am Stecken.«
    Er ließ sie stehen und erklomm die Treppe. Nur fort von der Tür, weg von den Bluthunden! Vor der Zimmertür hielt er inne.
     Er klopfte.
    Stille.
    Er klopfte erneut.
    Nichts.
    War er nicht da? Dann war es das beste, sich im Zimmer des Fremden zu verstecken. Vorsichtig drückte er gegen die Tür. Sie
     gab nach und schwang langsam auf. Er betrat einen hellen Raum mit breitem Bett und geweißten Wänden. Vor dem Fenster kniete
     der Mann. Er hatte die Hände rechts und links seines Hauptes zum Himmel emporgehoben. Statt der groben Kutte umhüllte ihn
     ein feiner, blauer Kapuzenmantel, ein Mantel, wie ihn Fürsten trugen.
     
    Die Bracke lag vor dem Eingang zum Nordflügel in der Vormittagssonne. Den Kopf mit den braunen Hängeohren hatte sie auf die
     Vorderpfoten gelegt. Die Brauen ruckten nach oben, als sie der Flugbahn einer Fliege nachsah.
    »Hinübersteigen können wir nicht«, sagte Adeline und hoffte, daß die Gräfin ihr nicht widersprechen würde. Das Tier war groß.
     Die weißen herunterhängenden Lefzen und die gewaltige Schnauze flößten ihr Respekt ein.
    |66| »Da hast du recht.«
    »Ich hole einen Hundeführer, ja?«
    »Nein.« Giselberga schüttelte den Kopf. »Du bringst den Hund hinüber ins Hundehaus.«
    Adeline wich einen Schritt zurück. »Gräfin, das könnt Ihr nicht verlangen. Ich hatte schon als Kind Angst vor Hunden.«
    »Meinst du, ich kenne dich nicht inzwischen? Du hast Angst vor allem. Vor Hunden. Vor Pferden. Vor Menschen. Du kannst von
     Glück reden, daß ich dich unter meine Fittiche genommen habe.«
    Ihr Gesicht wurde warm, sie spürte, wie sie errötete. »Ich bin auch dankbar, Frau Gräfin. Aber bitte, dieses eine Mal, erlaßt
     mir den Auftrag. Ich gehe gern und hole einen der

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