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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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nahm es hoch, schüttelte
     den restlichen Sand ab. Dann faltete er es zusammen. Er hörte die Tür hinter sich knarren. »Tretet näher«, sagte er. »Ihr
     werdet künftig Bartholomäus heißen.«
    Der Frankfurter sah ihn verwirrt an. »Warum gebt Ihr mir einen neuen Namen, Perfectus?«
    »Weil ich mit Euren Diensten zufrieden bin. Ich habe mich entschieden, daß Ihr einer von denen sein werdet, die mir in den
     letzten Tagen zur Hand gehen werden. Einer von elf Männern.« Durch die Wand hörte man Stimmengewirr. Das benachbarte Wirtshaus
     »Zum Raben« war zur Mittagsstunde gut besucht. Darum hatte er diese Schreibstube ausgewählt, hier konnten sie nicht belauscht
     werden.
    Der Frankfurter verneigte sich ehrfürchtig. »Ich danke Euch, Perfectus.«
    »Gelobt Ihr, die Kirche der Reinen nicht aus Furcht vor Feuer oder Wasser oder vor einer anderen Todesart preiszugeben?«
    »Ich gelobe es.«
    »Ihr müßt den Geboten Gottes gehorchen und diese Welt hassen.«
    »Das will ich.«
    Amiel übergab ihm den Brief.
    |84| Bartholomäus nahm ihn entgegen, blieb aber noch stehen. »Herr, draußen ist ein Adliger. Er sagt, man habe ihm dieses Haus
     genannt, er sei hier, um einen Heinrich von Niedelschütz abzuholen.«
    »Schickt ihn herein.«
    Bartholomäus kniete nieder. Er küßte Amiels Hände. Dann stand er auf und ging hinaus. Kurz darauf polterte ein Mann herein,
     der es offenbar gewohnt war, daß man auf ihn hörte. Sein Gesicht war gerötet vor Wut. Er trug ein mit Messingknöpfen besetztes
     Wams und dazu schmale, abnehmbare Ärmel. Sie waren mit Bändern am Wams befestigt. Über dem Arm lag ein violetter Mantel mit
     Pelzkragen, innen mit grüner Seide ausgeschlagen. »Man hat mir versprochen, mir hier den verruchten Heinrich von Niedelschütz
     zu übergeben. Wo ist er? Und warum läßt der Glatzkopf da draußen meine Knechte nicht ein, wie soll ich sonst diesen Heinrich
     mit mir führen, ohne Bewaffnete?«
    »Heinrich von Niedelschütz ist nicht hier.«
    »Ihr wißt wohl nicht, wen Ihr vor Euch habt? Ich bin Venk von Pienzenau, Ratsherr, bedeutender Fernhändler, Ritter. Mit mir
     scherzt man nicht!« Er schnaufte. »Wo ist Eugen, der Notar?«
    »Er ist wohlauf. Ich gebrauche nur für einige Stunden seine Stube. Ich habe Euch gerufen, um Euch zu warnen. Heinrich von
     Niedelschütz gehört mir. Ich bestimme den Tag seines Todes.«
    »Euch hat er wohl auch reingelegt? Solange ich keinen Beweis habe, daß er tot ist, erhaltet Ihr keinen Lohn.« Der Blick des
     Ratsherrn wanderte zum Schreibpult, dann zu den verdunkelten Fenstern.« Er zögerte. »Aber Ihr macht nicht den Eindruck, als
     hättet Ihr Interesse an einem Lohn. Wer seid Ihr?«
     
    Der Krämerladen war kaum größer als Adelines Kammer, aber er enthielt in Regalen, an Haken und in Kisten eine entzückende
     Tausendzahl an Dingen: Gewürze, Holzspielzeug, |85| Nestel, Geschmeide, Anhängsel, Gürtel, Seidenborten, Beutel,
    Paternoster aus Korallen, Spiegel, Wachs, Tischtücher, Alaun, Schwefel, eiserne Fingerhüte, Messingnadeln, Zinngeschirr. Und
     er duftete! Der Geruch von Zimt und Wachs lag in der Luft, dazu der Duft frischer Leinentücher.
    Adeline drückte sich an den Türpfosten. Sie wollte nicht drängeln, dem Krämer am besten gar nicht ins Auge fallen, bevor er
     nicht die anderen Käufer bedient hatte. Sie sah auf das Lederbündel mit Schlachterabfällen in ihrer Hand. Ob es ihn störte,
     daß sie es in seinen Laden trug?
    Als sie am Krämerladen vorbeigelaufen war, hatte sie plötzlich das Verlangen verspürt, dem Hund ein weiteres Geschenk zu machen,
     eines, das haltbarer war als ein binnen Augenblicken verzehrter Leckerbissen. Eine dieser seidenen Kordelschnüre vielleicht,
     um sie ihm umzubinden. Oder eines der buntgefärbten Tücher. Sie kaufte Geschenke für einen Hund. Adeline lächelte. Manchmal
     ging das Leben ungewöhnliche Wege.
    Eine dickleibige Frau bestellte beim Krämer: »Ein halbes Pfund langen Pfeffer, einen Beutel Gewürznelken, ein halbes Pfund
     Muskatblüte.«
    Der Händler eilte von Kistchen zu Kistchen, wog ab, schaufelte in kleine Leinensäcke. Seine Nase war schief, eines der Nasenlöcher
     war dauerhaft an den Nasenschaft gezogen und fast verschlossen. Dennoch strahlte das Gesicht eine merkwürdige Lebendigkeit
     aus. Es war nicht Gier, nicht kühle Geschäftstüchtigkeit. Es war Glück.
    »Und von dem Ingwer dort. Hast du Mohn da?«
    Der Krämer hielt inne. »Mohn …« Er lachte auf kauzige Art. »Ja, ich

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