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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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was jetzt passiert. Ich gehe zum Schlachthof
     und hole frisches Ochsenblut, dann kaufe ich Kalk. Das wirst du bezahlen. Und du schüttest die verdorbene Farbe weg. Wenn
     ich wiederkomme, möchte ich nichts mehr davon sehen! Strohkopf!«
    »Komm, Knochen«, sagte sie. Diesmal war sie es, die weitergehen wollte. Aber sein kräftiger Körper hielt ihrem Zug ohne Mühe
     stand. Endlich hatte er das verdorbene Blut deutlich gewittert und lief wieder los. Er blaffte eine Ziege an, die sich unbeeindruckt
     mit dem rechten Horn den Rücken kratzte. Ein Kutscher steuerte seinen Pferdewagen rückwärts in eine Toreinfahrt hinein. »Zurücke!«
     rief er. »Zurücke!« Er zog an den Zügeln.
    München war voller Leben. Die Stadt mit ihren einhundert Türmen und acht Toren, mit ihren zehntausend Menschen und ihrem Vieh
     und ihrem Häusermeer, sie war Adeline nie so kostbar und wohltuend erschienen wie heute.
    |163| Keine Angst mehr zu haben! Sie war aus einem Alptraum erwacht. Der Mörder war gefangengesetzt, und Gräfin Giselberga hatte
     ihr den Vormittag freigegeben.
    Hände legten sich ihr über die Augen. Eine Stimme fragte: »Wer bin ich?«
    Sie schluckte. Der Mörder, der Mann mit den grünen Augen, dachte sie. Amiel von Ax. Dann kam ihr in den Sinn, daß er sich
     niemals so kindisch benehmen würde. »Ich weiß nicht«, sagte sie.
    »Ratet!«
    »Der heilige Nikolaus?« Die Leine in ihrer Hand wurde locker. Sie hörte Knochen grollen, aus tiefster Kehle, es war ein Geräusch,
     das ihr die Nackenhaare aufstellte. Sofort verschwanden die warmen Hände von ihrem Gesicht.
    »Wem gehört diese Bestie?«
    Adeline drehte sich um. Heinrich stand da und starrte auf den Hund.
    »Er heißt Knochen. Gehört dem Kaiser.«
    »Konntet Ihr Euch nicht einen kleineren Hund aussuchen zum Spazierenführen?«
    »Wenn ich ehrlich bin, der Hund hat mich ausgewählt, nicht andersherum.« Sie ging in die Hocke. Knochen sah furchteinflößend
     aus: Die Lefzen heraufgezogen, die Zähne bis zum Fleisch entblößt, das Fell der gewaltigen Schnauze gekräuselt. Er sah einem
     Wolf ähnlicher als einem Hund. Was, wenn sie ihn nicht beruhigen konnte? Wenn er Heinrich anfiel und ihn totbiß? Sie flüsterte:
     »Es ist in Ordnung, Knochen. Er ist ein guter Mensch. Hör bitte auf, den armen Heinrich anzuknurren.«
    Langsam senkten sich die Lefzen. Der Blick des Hundes war nach wie vor stechend, aber das Knurren verebbte.
    »Ich danke Euch«, sagte Heinrich. »Er scheint jedes Wort zu verstehen, das Ihr zu ihm sprecht.«
    »Wir sind Freunde geworden.«
    Heinrich lachte. Mittendrin brach er ab und verzog das Gesicht. Er schöpfte keuchend Atem, hielt sich die Brust.
    |164| »Was ist?« Sie faßte seinen Arm, hielt ihn.
    »Geht schon wieder. Das ist nichts.« Er lächelte mühsam.
    »Ich bin froh, daß du wieder freigekommen bist.«
    Er legte seine Hand auf die ihre. »Danke für Eure Hilfe! Was hätte ich ohne Euch getan?«
    Die Berührung wirkte ungeplant, ganz so, als sei er sich ihrer nicht bewußt. Adeline zog ihre Hand nicht zurück. Überrascht
     stellte sie fest, daß sie die Berührung mochte. Er darf meine Hand halten, dachte sie. Er darf es. »Bitte, sag du zu mir.
     Ich bin ein einfaches Kammermädchen.«
    »Am Kaiserhof.«
    »Am Kaiserhof, ja. Aber danken mußt du mir wirklich nicht. Ich habe ja gar nichts erreicht. Und das Wasser … Ich hätte dir
     helfen sollen, als sie dich geschlagen haben.« Ihr kam ein schrecklicher Gedanke. »Rühren daher deine Schmerzen?«
    »Nein. Und wie meinst du das, nichts erreicht? Ich wurde freigelassen, weil du Amiel von Ax verständigt hast!«
    »Ich habe ihn nicht verständigt. Weißt du nicht, was geschehen ist?«
    Seine Hand löste sich von ihrer. »Was?«
    Auch sie nahm ihre Hand zurück. »Amiel wurde diese Nacht festgenommen. Er hat etwas Furchtbares getan, er hat –« Sie stockte.
     Das Wort wollte nicht über ihre Lippen.
    »Ich weiß nicht, von wem du redest, aber Amiel von Ax wurde sicher nicht festgenommen. Er hat mich ja gerade ausgesandt, fünf
     Forellen zu kaufen, damit der Koch uns eine Mahlzeit richten kann. Da habe ich Euch gesehen, ich meine … dich gesehen.«
    »Das kann nicht sein. Er ist festgesetzt. Und das ist gut so, dieser Mann hätte dir Böses angetan. Mag sein, daß er sich zu
     verstellen weiß, aber er ist finster und grausam. Ich habe mit eigenen Augen beobachtet, wie er seinen Sohn niedergeschlagen
     hat.«
    »Das glaube ich nicht. Es muß ein anderer gewesen sein. Aber

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