Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
Vom Netzwerk:
Anfänger.«
    »Das könnte tausend Gründe haben. Vielleicht möchte er den Muselmanen gewinnen lassen.«
    »Der Hauptmann ist beunruhigt, auch wenn er nach außen hin Gelassenheit vortäuscht. Er ist nicht bei der Sache. Und er sitzt
     vor dem Rechthaus. Warum? Weil er sichergehen möchte, daß man ihn zuerst anspricht auf den Mord, wer auch immer etwas bemerkt
     haben könnte.«
    »Was nützt es ihm, wenn er zuerst angesprochen wird?«
    »Er wird die Klage abweisen. Deshalb hat er sich einen Spielpartner gesucht, der das hiesige Rechtssystem nicht kennt. Der
     Araber, mit dem er hier sitzt, wird wohl kaum seine Entscheidungen in Zweifel ziehen.«
    Vizenz biß sich auf die Lippe. Es klang überzeugend. Andererseits – warum sollte Ermenrich dem Ketzer helfen? Mißtrauen keimte
     in ihm auf. Der Engländer warf ihm Steine in den Weg. Er wollte verhindern, daß der Mord Amiel von Ax zu Boden zog. Warum
     tat er das?
    Auch William Ockham war Häretiker. Bekam er Skrupel? Auf keinen Fall würde er sich von einem Ketzer abhalten lassen, einen
     anderen Ketzer niederzustrecken. Er kannte Ermenrich. Die Argumente des Engländers waren verlogen. »Haupt mann Ermenrich!« Er trat auf die Schachspielenden zu.
    Der Hauptmann setzte die Figur wieder ab, die er in der Hand gehalten hatte, und sah auf. »Vizenz, Ihr seid es!« Er erhob
     sich und bot ihm seine breite, behaarte Hand dar.
    Es sah nicht im geringsten so aus, als würde er etwas zu verbergen versuchen. Vizenz nahm die Hand, schüttelte sie. »Ich störe
     Euch ungern beim Schachspielen, aber es gibt Arbeit für Euch. Ein Mörder muß dingfest gemacht werden.«
    |161| Der Hauptmann hob die schwarzen Brauen. »Mord? Mir ist noch gar nichts gemeldet worden.«
    »Es ist heute nacht passiert. Ein Fremder, Amiel von Ax, hat im Schlachthaus seinen eigenen Sohn umgebracht.« Er forschte
     im Gesicht des Hauptmanns, aber da war kein Zeichen von Furcht zu erkennen, keine Unsicherheit.
    »Im Schlachthaus? Die Fleischhacker sind seit dem Morgengrauen bei der Arbeit, und es hat niemand eine Leiche gefunden. Wer
     hat Euch diesen Mord gemeldet?«
    »Ein Kammermädchen vom Kaiserhof. Sie hat die verruchte Tat mit eigenen Augen beobachtet.«
    »Habt Ihr nur ihre Aussage?«
    »Ihre Aussage, ja, und ich bin sicher, wenn wir –«
    »Das ist ein wenig schwach, Vizenz«, unterbrach ihn Ermenrich. »Ich glaube, man bindet Euch einen Bären auf. Was hatte das
     Mädchen in der Nacht im Schlachthaus zu suchen? Das würde ich zuerst fragen. Und sollen wir einen Mann des Mordes bezichtigen,
     obwohl weder eine Leiche vorhanden ist, noch jemand vermißt wird? Nach Blutspuren brauche ich im Schlachthaus gar nicht erst
     zu suchen.«
    »Die Sache ist in Eurem Viertel geschehen, Ermenrich. Ich erwarte, daß Ihr Nachforschungen anstellt.«
    »Natürlich. Schafft mir das Mädchen heran. Dann sehen wir weiter. Ich werde aber nicht die Ehre eines Mannes durch den Schmutz
     ziehen, ohne klare Beweise zu haben.« Er setzte sich wieder und spähte über das Schachfeld.
    Vizenz konnte es spüren: Amiel von Ax entwischte ihm ein weiteres Mal. Er hatte ein Netz über die Stadt gelegt. Selbst der
     Hauptmann war darin verfangen. Die klebrigen Fäden zogen sich von Haus zu Haus, von Turm zu Turm, von Mensch zu Mensch.
    Es stand nicht gut um ihn, Vizenz Paulstorffer.
     
    Die Bracke riß so kräftig an der Leine, daß sich Adeline mit ihrem ganzen Körpergewicht nach hinten lehnen mußte, um sie aufzuhalten.
     »Knochen!« rief sie. »Hör auf zu zerren!«
    |162| Der Hund schien einer Spur zu folgen. Er hielt den Kopf dicht über den Boden. Die braunen Hängeohren berührten die Straße.
    »Ich weiß ja, daß du ein Jagdhund bist, aber wir sind jetzt in der Stadt, und ich möchte gar nicht jagen!«
    Knochen hob abrupt den Kopf und blieb stehen. Er fiepte. Etwas hatte seine Geruchsspur gestört.
    Jetzt roch es auch Adeline. Ein Geruch wie faule Eier. Böse Rufe schollen aus der Peterskirche. Ein Lehrling stolperte heraus,
     gefolgt von seinem Meister, der ihn wieder und wieder ohrfeigte.
    Der Lehrling hob die Arme vor das Gesicht, um sich vor weiteren Schlägen zu schützen. »Ich kann doch nichts dafür! Die Farbe
     ist von allein schlecht geworden!«
    »Du hast sie in der Kirche stehengelassen. Die ganze Nacht. Weißt du, wie lange es im Gotteshaus stinken wird? Wie kann man
     nur so dumm sein!«
    »Der Regen gestern –«
    »Der Regen ist schuld, ja?« Es setzte weitere Schläge. »Ich werde dir sagen,

Weitere Kostenlose Bücher