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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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lassen? Man hütet für
     mich ein tiefes Felsenloch, in dem Eisblöcke vom vergangenen Winter gelagert werden. Schön mit Holz verkleidet und mit Stroh
     abgedeckt. Ihr glaubt gar nicht, wie gut das schmeckt: geschabtes Eis, dazu Fruchtmark von Himbeeren oder Pomeranzen. Meine
     Frau ist verrückt danach.«
    »Die Ehe«, sagte er, »ist Prostitution. Eines Tages werdet Ihr Euch von Eurem Weib trennen müssen.«
    »Wie bitte? Wie könnt Ihr so etwas sagen! Die Ehe ist von Gott eingerichtet, er hat uns so geschaffen, daß wir uns als Mann
     und Frau ergänzen.«
    »Es gibt keine Ehe außer der Ehe der Seele mit Gott.«
    Venks Stirn legte sich in Falten. »Ihr geht zu weit, Amiel. Was soll an der Ehe Sünde sein?«
    Jetzt erst fielen ihm die Flecken auf Venks Kambrikhemd auf. Venk von Pienzenau hatte sich beim Essen bekleckert. Der reiche,
     mächtige Mann erschien ihm plötzlich schwach. »Sie lenkt von Gott ab. Der Geschlechtsverkehr ist innerhalb der Ehe noch abscheulicher
     als außerehelicher Geschlechtsverkehr, denn er wird ohne jedes Schamgefühl vollzogen. Ist es nicht so?«
    »Mein Bett geht Euch nicht das geringste an.«
    »Trennt Euch von ihr! Sonst könnt Ihr nicht erlöst werden.
    Es ist auch wirtschaftlich klüger für Euch. Solltet Ihr als Ketzer verurteilt werden, verliert Eure Frau gleichfalls ihren
     Besitz |232| und ihr Land, nur die Mitgift erhält sie zurück, sofern sie schwört, Euch damit nicht zu unterstützen. Wenn Ihr Euch rechtzeitig
     von Ihr trennt, könnt Ihr sie noch mit Besitztümern ausstatten.«
    Venk erblaßte. Er stand auf. »Ich dachte, es besteht keine Gefahr? Ihr habt doch eben noch gesagt, daß man mir nichts anhaben
     kann!«
    »Wollt Ihr das Leben ohne Preis geschenkt haben? Wenn Ihr nicht loslaßt, Venk, was Ihr in den Händen haltet, dann werdet Ihr
     mit allen Euren Gütern untergehen. Habt Ihr die Größe unserer Unternehmung immer noch nicht erfaßt? In den nächsten Tagen
     werden Dinge geschehen, die Euch erschaudern lassen. Vielleicht begreift Ihr dann, wie ernst ich es meine.«
     
    Adeline blies die Kerze aus. Sie entkleidete sich. Der Steinboden war zu kalt für nackte Fußsohlen, sie stellte sich auf die
     Schuhe. Fröstelnd tastete sie nach dem wollenen Nachthemd. Unter der Bettdecke fand sie es, zog es hervor und schlüpfte hinein.
     Es würde eine kalte Nacht werden. Schon jetzt fror sie.
    Sie legte sich ins Bett und deckte sich zu. Die Strohsäcke unter ihr waren kühl, es würde lange dauern, bis sie angewärmt
     waren. Ihre Zähne rasselten. Der Hundeführer war so unfreundlich gewesen vorhin! Warum hatte er ihr Knochen nicht geben wollen?
     War er beleidigt, weil sie den Hund für die Zeit des Spaziergangs mit Nemo zurückgegeben hatte?
    Der linke Fuß war nicht zugedeckt. Sie zog ihn an das rechte Bein heran. Kalt rührte er an ihre Wade. Wäre doch Nemo hier,
     um sie zu wärmen! Eines Tages würde es soweit sein. Der Gedanke ließ sie lächeln, ins Dunkel hinein, niemand sah es. Nemo
     liebte sie!
    Ein Geräusch. Knochen war heute nicht hier, er konnte es nicht gewesen sein. Sie erschrak. Die Truhe! Sie hatte vergessen,
     die Truhe vor die Tür zu schieben! Adeline spähte in die Finsternis.
    |233| Ein fremder Atemzug.
    Voller Entsetzen hielt sie die Luft an. Lauschte.
    Nichts.
    Sie atmete aus. Auf bloßen Füßen lief sie zur Truhe, stemmte sich gegen sie, schob. Das Holz knirschte über den Steinboden.
     Adeline tastete nach der Tür. Das mußte reichen, die Tür würde sich nicht öffnen lassen.
    Sie eilte zurück zum Bett, zog die Decke straff um ihren Körper, stopfte die Seiten der Decke fest und grub auch die Arme
     darunter ein. Bald würde ihr warm werden. Wie gut, daß ihr die Truhe eingefallen war.
    Hoffentlich fand Nemo rasch, was er noch von Amiel an sich bringen mußte. Sie wollte München hinter sich lassen. Hier würde
     sie niemals sicher sein, solange Amiel in der Stadt war.
    Atmen. Diesmal war sie sicher. Etwas atmete in ihrer Kammer. Sie riß die Augen auf, versuchte zu sehen. In der Schwärze tanzten
     bunte Lichter. Vorsichtig langte sie nach Feuerstein, Werg und Stahl. Und wenn sie ihr eigenes Bett in Flammen setzte, sie
     mußte sehen, sie brauchte Licht!
    Ihr Arm wurde gepackt und nach oben gerissen. Gleichzeitig preßte sich eine Hand auf ihren Mund. Sie schrie. Ein Körper beugte
     sich über sie, kam rittlings auf ihr zu sitzen und drückte sie nieder. Sie schlug um sich, traf fremde Schultern.
    Da saß plötzlich eine Klinge

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