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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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feinste Wein, den er je getrunken hatte, würzig, zart. Auf dem Tisch standen
     Gemüsepasteten, die ein Diener vor seinen Augen mit Bucheckernöl übergoß und anschließend mit Dill und Petersilie verzierte.
     Dazu duftende Zimtäpfel, Datteln, Feigen und Rosinen. Fleisch fehlte, und aus Rücksicht auf ihn hatte der Koch sämtliche Töpfe
     mit Asche ausgescheuert, bevor er die Speisen zubereitete, damit kein Tropfen Tierfett in die Mahlzeit gelangte. Das hatte
     Venk ihm zugesichert.
    Amiel stellte sich einen gebratenen Fasan zwischen den Schüsseln mit Gemüsebrei vor. Er konnte den Duft in sich wachrufen,
     auch wenn es lange her war, daß er Fleisch gegessen hatte. Der Fasan würde bestens gewürzt sein in diesem Hause. Knackig gebraten.
     Das weiße Fleisch würde von Fett triefen.
    Fort mit dem Gedanken! Dieser Tisch war nicht gut für ihn. Er durfte sich dem feinen Essen nicht hingeben. Womöglich war ein
     Fasan im Haus? Der Koch könnte ihn zubereiten, wenn er, Amiel, nur den Wunsch danach äußerte. Der Speichel lief ihm im Mund
     zusammen.
    Da mußte er innerlich lachen. Die bösen Mächte wußten, daß ihnen von ihm Gefahr drohte. War das nicht eine Bestätigung seiner
     Aufgabe? Er war auf dem richtigen Weg, und sie versuchten verzweifelt, ihn davon abzubringen. Er befand sich kurz vor dem
     Ziel!
    Er sah vom Tisch hoch. Die Wände des Speisesaals waren mit Ornamenten verziert. Blüten in roter, blauer und brauner Farbe
     sprossen von grünen Zweigen. In den Fenstern hingen bunte Scheiben, teures Glas wie in einer Kirche. Das Licht, das durch
     sie fiel, malte verschwommene farbige Flecken auf die Wand. Venk von Pienzenau war reich, er hatte sicher einen Fasan in der
     Küche. Womöglich briet ihn der Koch bereits, um ihn Venk aufzutischen, sobald der seltsame Gast gegangen war. Es kümmerte
     ihn nicht. Jeder Sieg über eine Versuchung |230| machte ihn stärker, irgendwann war er unbesiegbar. Noch in dieser Woche würde er den Beweis seiner Macht liefern und Kaiser
     und Reich zeigen: Die Zeit der
Perfecti
brach an.
    »Ihr denkt also, die Vorladung zum Verhör stellt keine Gefahr für mich dar?« Venk zerteilte einen Zimtapfel mit dem Messer
     und spießte ein Stück auf. Er schob es sich in den Mund und kaute genüßlich.
    »Sie ist völlig ungefährlich für Euch. Spielt den Ehrlichen, den Schuldlosen. Wenn Vizenz versucht, Euch in die Enge zu treiben,
     dann sagt diese Formel: Ich habe nie Ketzer gesehen, ihnen nie geglaubt, sie nie verehrt und ihnen nichts gegeben. Damit seid
     Ihr unangreifbar.«
    »Wird er das nicht durchschauen? Daß ich eine Formel sage, die ich auswendig gelernt habe?«
    »Sicher. Aber er kann es nicht wagen, Euch der Lüge zu bezichtigen.«
    »Und wenn er aus Verzweiflung – ich meine, wenn er zu weit geht? Angenommen, er fügt mir Schmerzen zu, und ich sage etwas,
     das mich belastet.«
    »Wenn er Euch mit Folter droht, dann verlangt Ihr einen Advokatus zu Eurer Verteidigung. Diesen Wunsch darf man Euch nicht
     abschlagen, solange Ihr den Advokatus selbst bezahlt, zumindest kennt Vizenz Paulstorffer nicht die Winkelzüge, die das ermöglichen
     würden. Der Advokatus kann vor dem Inquisitionsgericht nachweisen, daß Ihr nur aus Furcht der Häresie verfallen seid. Damit
     erwirkt er eine milde Strafe. Aber glaubt mir, so weit kommt es nicht. Bleibt bei Eurer Aussage, und es wird Euch nichts geschehen.«
    Venk von Pienzenau nickte zufrieden. »Diese Aufregung! Es wird am Hof in aller Munde sein, daß mich eine Geheimlehre bis vor
     die Inquisition gebracht hat. Sie werden vor Neid erblassen!« Eine nach der anderen steckte er die Fingerspitzen in den Mund
     und leckte sie ab. »Wie geht es Hauptmann Ermenrich?«
    »Sie halten ihn fest. Keine Nachricht von ihm bisher. Der Inquisitor wird in Eurem Verhör sagen, Ermenrich hätte alles |231| gestanden, sie wüßten es bereits, daß Ihr dazugehört. Das ist eine Falle, hört Ihr? Laßt Euch davon nicht einschüchtern.«
    »Noch etwas Wein? Wir hatten vergangenes Jahr eine besonders gute Ernte an der Mosel. Der Spätsommer war so gut, daß sie den
     Wein in Trier ›Die Tränen des heiligen Petrus‹ nennen. Herrlich, oder?« Venk lachte.
    Oh, wie weit war dieser Mann von der Erlösung entfernt. Er würde es nicht schaffen. Dennoch, er brauchte Venk, um Zugang zum
     Kaiserhof zu behalten. »Nein, danke«, sagte Amiel.
    »Dann eine in Zuckerwein gedünstete Birne? Die dürft Ihr doch essen? Oder soll ich ein Fruchteis holen

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