Das Nazaret-Projekt
Tagen des weltweiten Kampfes der Kulturen!«
Gabriel Landau blickte seinen Vorgesetzten völlig verständnislos an. Dass er für einen Kampfeinsatz im Mittleren Osten vorgesehen war, wusste er doch schon seit drei Tagen, und dass seine Mission nicht ganz ungefährlich sein würde, war ebenfalls völlig klar. Er war sogar richtig froh über diesen Marschbefehl gewesen.
»Commander, es ist meine traurige Pflicht Ihnen mitzuteilen, dass Ihr Bruder Michael vor zwei Tagen bei einem Einsatz in Malaysien ums Leben gekommen ist. Er starb in selbstloser Ausübung seiner Pflicht für unser Vaterland, den Vereinigten Staaten von Amerika!«
Gabriel saß zunächst ganz still und reglos da und wirkte so ratlos, als hätte er nicht verstanden. Dann plötzlich begannen seine Beine immer heftiger zu zittern. Die schneidige Offiziersmütze fiel von seinen Knien, die Gestalt des Commanders schien mit einem Mal unmerklich zu schrumpfen. Der General bückte sich, hob die Mütze auf und hielt sie unschlüssig in seinen Händen. Wie er solche Momente hasste. In letzter Zeit häuften sie sich unübersehbar, denn die Zeit der ferngesteuerten Kriegführung war für Amerika längst schon vorüber, zum wiederholten Male wurden seinem Volk echte Blutopfer abverlangt. Er sehnte sich langsam nach seiner Pensionierung, denn diese unehrenhafte Art der terroristischen Kriegführung war nicht mehr seine Welt.
Der Kehle des Piloten entrang sich ein eigenartiger, langgezogener Klagelaut, hoch und dünn, wie das Fiepen eines Hundewelpen. Der General hielt zwar nicht viel von flennenden Soldaten, aber es wäre ihm lieber gewesen, wenn Commander Landau ordentlich zu heulen angefangen hätte.
Der starrte erst eine Weile stumm auf seine Hände und hob dann mühsam und langsam seinen Blick.
»Ist er im Kampf gefallen? Wie war sein Tod? Sprechen Sie ruhig, Sie müssen mich nicht schonen, General, Sir, bitte!«
Genau vor dieser Frage hatte sich der Kommandant am meisten gefürchtet, aber es gab keine Möglichkeit, einer ehrlichen Antwort auszuweichen.
»Nun, äh, soweit ich weiß, war er nicht direkt in Kampfhandlungen verwickelt – es war eher so etwas wie ein gemeiner, heimtückischer Hinterhalt dieser verdammten, neuerdings schlitzäugigen Islamisten. Es war ein Mordanschlag, der mit Kriegführung nicht mehr viel gemeinsam hatte. Soweit ich jedenfalls unterrichtet wurde!«
Der General hätte jetzt liebend gerne den obersten Hemdknopf geöffnet und sich einen ordentlichen Drink genehmigt. Beides verboten jedoch die Dienstvorschriften, also drehte er nur weiterhin hilflos Gabriels Fliegermütze zwischen seinen großen Händen.
»General, ich möchte die ganze Wahrheit hören. Ich will genau wissen, was geschehen ist.« Die Stimme Gabriels war leise, fast tonlos und er starrte mit brennenden, aber immer noch tränenlosen Augen auf das kleine, schlichte Kruzifix an der Wand über dem Schreibtisch.
Unglaublich gefasst, dieser Bursche, richtig taff, ganz nach meinem Geschmack , so dachte der Kommandant. Gleichzeitig aber wurde ihm sein Untergebener in unbestimmbarer Weise beinahe unheimlich. Er hatte auch Michael Landau gekannt und wusste, dass die Brüder eine enge und herzliche Beziehung gepflegt hatten.
»Nun, die Sache muss sich in etwa so abgespielt haben: Ihr Bruder hat trotz Warnungen seiner Vorgesetzten gelegentlich die Dienste einer Prostituierten im Sperrbezirk von Kuala Lumpur in Anspruch genommen, und das ist ihm zum Verhängnis geworden. Er ist von den moslemischen Extremisten dabei erwischt worden und vor einem Schnellgericht irgendeines selbst ernannten Mullahs nach den Gesetzen ihrer verdammten Scharia zum sofortigen Tode verurteilt worden. Es wurde ihm vorgeworfen, eine feste Beziehung zu einer Muslima unterhalten zu haben. Man hat ihn dann auf einen öffentlichen Platz geschleift, misshandelt, seine Genitalien abgeschnitten und ihn dann zu Tode gesteinigt. Gott möge seiner Seele gnädig sein!«
Commander Landau schloss seine Augen, aber hinter seinen Lidern tanzte weiter das Abbild des nun lichterloh brennenden heiligen Kruzifixes auf seiner Netzhaut.
Warum begnügte sich Gott nicht mit der Last des einfachen Kreuzes, das jedem Menschen im Laufe seines Lebens auferlegt wird? Warum musste er dieses Kreuz für einige auch noch in Brand stecken? Wie viel kann ein Mensch ertragen? Der Teufel alleine kann doch so etwas unmöglich zustande bringen!
Dann ergriffen die lodernden Flammen des Kreuzes seine Seele und in der Hitze des
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