Das Nazaret-Projekt
es sah nicht danach aus, als würde das Schiff in dieser Nacht noch ablegen und den Hafen verlassen.
Nick Valetta wusste fürs Erste, was er wissen wollte und machte sich deshalb vorsichtig auf den Rückweg über den Parkplatz und den Zaun. Zwei Straßen weiter nahm er dann ein Taxi und ließ sich in die Altstadt fahren. Sein Gefühl sagte ihm, dass er da auf ein heißes Ding gestoßen war.
Ganz früh schon, noch vor dem Morgengrauen des nächsten Tages, dümpelte ein kleines Ruderboot vor der Einfahrt des Yachthafens, in dem ein alter Mann saß, der ebenso erfolglos wie hartnäckig in der öligen, trüben Brühe der Fahrrinne neben dem Leuchtturm angelte. Die ›Rosebud‹ lag unverändert still und schlafend am Pier.
Gegen neun Uhr vibrierte das Handy in Nicks Jackentasche, der sich wieder mit dem unvermeidlichen Hut auf dem Kopf in der Hafencafeteria an den Tresen gesetzt und seitdem beinahe zwei Stunden lang verschlafen an seiner Kaffeetasse festgehalten hatte.
Endlich! Der Anrufer war ein guter Freund, der wiederum einen guten Freund im Hafenamt hatte, und so erfuhr Nick, dass die Hochseeyacht ›Rosebud‹ tatsächlich in Tallin registriert war. Eigner des Schiffes sei eine Deutsche namens Magda Brock, die Frau des schwerreichen, öffentlichkeitsscheuen Medienunternehmers Nathan Brock!
Valetta wäre vor Überraschung um ein Haar von seinem Barhocker gefallen.
*
Kurze Zeit später empfing Pietro DiSalvo, der sich schon auf dem Weg zum Flughafen befand, eine SMS-Nachricht auf seinem Mobiltelefon: ›Hochseeyacht Rosebud, Eigner Magda Brock, im Hafen Genua. Heimathafen Tallin. An Bord Söldnertruppe und Bootscrew. Auslaufen morgen, Ziel: angebl. La Valetta, Malta. Direktiven?‹
Der Commendatore hasste zwar von Herzen das Gefummel mit den winzigen Tasten, aber nach kurzer Überlegung tippte er mühsam und umständlich eine Antwort und schickte sie auf den Weg: ›Gratuliere. Verfolgung Priorität. Fliegen Sie nach Malta.‹
Das waren ja tolle Neuigkeiten, dachte der Anwalt hoch erfreut. Nun war er sich absolut sicher, dass der Hinweis des alten Bischofs und Logenmeisters auf Nathan Brock keineswegs aus der Luft gegriffen war und dass zwischen dem Wiederauftauchen der Reliquie in Genua und der Anwesenheit der ›Rosebud‹ und ihrer speziellen Besatzung ein Zusammenhang bestand.
Zwei Stunden später wurde DiSalvo am Flughafen Piombino von einem Chauffeur in einer Mercedes Limousine erwartet, der ihn unverzüglich zum Wohnsitz des päpstlichen Sekretärs Ägidius Katzmeier in der Nähe des Vatikans brachte, wo der Commendatore sofort vorgelassen wurde.
Der Kardinal war freudig überrascht, dass der Anwalt nach so kurzer Zeit schon mit handfesten Ergebnissen seiner Nachforschungen aufwarten konnte.
»Wunderbar, mein lieber Freund, ich bin Ihnen äußerst verbunden für Ihre Hilfe. Ich kann Ihnen versichern, dass auch der Heilige Stuhl heimlichen Beifall zollen wird! Sie vermuten also, dass dieser selbsternannte Kreuzritter und Fundamentalist, dieser Nathan Brock, eine Art geheimer Basis irgendwo im Nordosten Europas unterhält? Nun, ich hoffe doch sehr, Sie werden auch das bald für uns herausfinden können, werter Dottore! Ihre Fähigkeiten und Verbindungen sind für den Papst von unschätzbarem Wert, glauben Sie mir! Die Welt schlittert zunehmend in einen bedrohlichen Religionskrieg und das Letzte, was die heilige katholische Kirche jetzt außer einem geklonten Messias brauchen kann, sind christliche Terroristengruppierungen und fundamentalistische Kreuzzugfanatiker, die sich in nichts mehr von den Kalaschnikow-Mullahs der Islamisten unterscheiden! Dieses verrückte Auferstehungsprojekt ist eine enorm explosive, politische Provokation und eine Kriegserklärung an die gesamte islamische Welt. Das Problem wird vor allem sehr bald zu einer ernsthaften physischen Bedrohung des Vatikan und des Heiligen Vaters führen, da niemand mehr den offiziellen Dementis bezüglich der Duldung oder gar Unterstützung dieses Genexperiments noch Glauben schenken mag! Wir sehen uns also in der unerfreulichen Zwangslage, möglichst schnell und effektiv zu handeln und dabei gleichzeitig unsere Hände vor den Augen der Welt in Unschuld zu waschen. Ich bin sicher, Sie verstehen mich vollkommen! Was würden Sie also vorschlagen, mein lieber DiSalvo, um diesem Brock samt seinem falschen Messias und seiner verrückten Logenbruderschaft möglichst schnell und dauerhaft das Handwerk zu legen, sobald Sie sein Versteck ausfindig
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