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Das Nebelhaus

Das Nebelhaus

Titel: Das Nebelhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Berg
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– Hiddensee war an dieser Stelle nur etwa vierhundert Meter breit –, doch es blieb vom Erdgeschoss aus unsichtbar. Vom ersten Stock aus hatte man allerdings eine atemberaubende Sicht, und von Philipps und Vevs halbverglastem Schlafzimmer aus war sie geradezu spektakulär, da man das Meer zur Linken und zur Rechten fast zum Greifen nah hatte, ähnlich wie von der Brücke eines mächtigen Dampfers aus.
    Alle Räume waren im modernen Landhausstil eingerichtet: Holzdielen auf dem Boden, Drucke von Aquarellen an pastellfarbenen Wänden, Kiefernmöbel, riesige Teppiche mit floralen Mustern, bisquitfarbene Jalousien, Grünpflanzen in riesigen Kübeln, ein Designersofa, das alles gepaart mit neuester Technik – als hätten die Macher eines Wohnkataloges das alles gestaltet. Ein Kamin, eine Veranda und ein Wintergarten vervollkommneten das Haus. Einen Garten im eigentlichen Sinne gab es allerdings nicht, vielmehr wechselten ein ungepflegter Rasen und sandige Flächen sich ab.
    Das Grundstück war nur locker und unvollständig von wilden Heckenrosen eingefriedet, die gerade ihre letzten Blüten zeigten, als Timo, Yasmin und Leonie eintrafen.
    »Was für ein Glasklotz«, sagte Timo.
    Die Hände in den Gesäßtaschen, führte Philipp die Gäste durchs Haus und nahm jedes Lob und jeden staunend geöffneten Mund gelassen zur Kenntnis – für Timos Geschmack ein bisschen zu gelassen. Dass Philipp sogar die Bezeichnung »Glasklotz« als Kompliment verstand, bewies ihm, dass er sehr von seinem Bauwerk eingenommen war.
    »Ja, ich arbeite gerne mit Glas«, sagte Philipp. Und etwas später: »Ich brauche viel Licht und Platz, um mich entfalten zu können.«
    »Meine Wohnung passt hier zehnmal rein«, schätzte Yasmin, woraufhin sich Philipp mit einem betont sanftmütigen Lächeln abwandte und die Führung fortsetzte.
    »Warum gerade Hiddensee?«, fragte Timo.
    »Warum nicht Hiddensee?«
    »Na ja, es ist ein bisschen weit ab vom Schuss. Versteh mich nicht falsch, für ein paar Wochen oder Monate ist es hier wunderbar, es gibt nichts Besseres. Aber auf Dauer könnte ich hier nicht leben. Mir wäre es zu einsam. Ich brauche die Großstadt.«
    »Wir haben regelmäßig Besuch, deswegen haben wir auch drei Gästezimmer, sodass jeder von euch sein eigenes Reich bei uns haben wird. Außerdem kann man auch in einer Stadt einsam sein.«
    »Stimmt schon. Vermutlich klingt es merkwürdig, aber sollte ich jemals einsam sein, dann lieber in Berlin, mit Abgasen, grantigen Verkäuferinnen, unpünktlichen S-Bahnen, rüpelhaften Radfahrern, Theaterverrissen und Hundehaufen.«
    »Du hast recht, das klingt wirklich merkwürdig.«
    Als Leonie bemängelte, dass man zu allen Zeiten und von allen Seiten ins Haus schauen könne, brach Philipp die Führung ab.
    Sie setzten sich zu fünft um den runden Tisch im Garten, wo sich der Duft von Kaffee und Kuchen mit der salzigen Luft mischte. Der Wind blies ordentlich, mit einer leichten Weste oder Jacke ließ es sich jedoch prima aushalten. Nur langsam tauten sie auf, fanden im Gespräch zueinander. Auch Timo wusste manchmal nichts zu sagen, obwohl er gerne etwas gesagt hätte. Es ging holprig zu.
    Immerhin lieferte Vev einige zum Gespräch anregende Stichworte, indem sie beispielsweise sagte: »Philipp hat behauptet, dass ihr früher zusammen Schornsteine hinaufgeklettert seid.« Sofort wurde die Begebenheit zur vieldiskutierten Anekdote, woraufhin Vev sich für die nächsten zehn Minuten der kleinen Clarissa zuwandte, die ein paar Meter entfernt vor einem Kindertisch im Sand kniete und mit Buntstiften malte. Ab und zu, wenn einige Möwen kamen, warfen Mutter und Tochter Bröckchen vom Toastbrot in die Luft, wo die stets gierigen Seevögel es auffingen.
    Clarissa war eine Augenweide, bildhübsch mit ihren blonden Locken, die bereits leicht dunkelten und in zwei Jahren ins Brünette übergegangen sein würden. Wen sie anlächelte, der lächelte zurück. Die Abstände zwischen ihren Zähnen standen ihr gut. Ihre Aussprache war überraschend deutlich, klar und hell, und sie stellte lauter lustige Fragen. Zu Yasmin: Wo hast du die Haare gekauft? Zu Timo: Im Kindergarten gibt es auch einen Timo. Kennst du den? Und zu Leonie: Warum ist deine Handtasche so groß? Hast du einen Hund da drin?
    Damit sorgte sie in den ersten Minuten für viel Gelächter. Timo nahm sie auf den Schoß, und Yasmin schenkte ihr ein buntes tibetisches Freundschaftsband, was die Kleine entzückte. Ausgerechnet Leonie, die Erzieherin, schien

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