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Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Mike Virtue hatte bei der Hochzeit von Diana und Charles als Sicherheitskraft mitgewirkt und gelegentlich erzählt, was alles beinahe schiefgegangen wäre. Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, dass Satu Syrjänen mit einem Gewehr mit Zielfernrohr auf dem Dach des Gebäudes gegenüber vom Sans Nom lauern würde, doch ich dachte ständig über die eventuellen Risiken nach.
    Julia wollte ihren Platz vor dem Fernseher nicht einmal für das Mittagessen verlassen, und so brachte Hanna ihr einen Teller Caesar-Salat mit Hühnerfleisch. Sie sagte, auch sie verfolge die Hochzeit am Fernseher in der Küche. Die Männer aßen im Speisesaal Risotto mit Huhn und Spargel, und alle wirkten zufrieden.
    «Jetzt müssen wir nur noch die Entscheidungsträger überzeugen. Die jetzige Regierungssituation ist nur eine Bremsschwelle, kein wirkliches Hindernis.» Syrjänen strahlte Selbstvertrauen aus. Sogar Juri lächelte, als Gezolian seine hervorragende Arbeit lobte. Ich stellte mich taub.
    Das Thermometer zeigte fast zwanzig Grad, der Wind war sanft und der Himmel wolkenlos. Gezolian erklärte, einen so schönen Tag wolle er nicht im Haus verbringen.
    «Es wäre vielleicht eine gute Idee, Kopparnäs von oben zu betrachten, nachdem wir gerade die Bauzeichnungen gesehen haben. Begleitest du mich auf einem kleinen Flug, Usko?»
    «Ich glaube, Julia wartet schon auf mich. Sie möchte mit mir über die königliche Hochzeit reden.» Ich wusste, dass Syrjänen ungern flog und jedes Mal ein Beruhigungsmittel nehmen musste. Zum Glück waren Moskau und St. Petersburg auch mit Zug und Pkw zu erreichen.
    «Und Fräulein Hilja? Wie wäre es? Meine Tochter braucht dich im Moment wohl nicht. Bist du schon mal in einem Kleinflugzeug geflogen?»
    Das war ich nicht, und mir fiel auch kein stichhaltiger Grund ein, Gezolians Einladung abzulehnen. David hatte mich gebeten, den Mann im Auge zu behalten, was ich natürlich auch ohne Aufforderung getan hätte.
    «Du interessierst dich nicht für Prinzessinnenromantik?», fuhr er fort, als spräche er mit einer Nichte oder einer anderen jungen Verwandten, die sich nicht ganz an die Benimmregeln hielt. Ich tat, als sei ich ganz begeistert von dem bevorstehenden Flug. Gezolian meinte, bei Sonnenschein sei es im Cockpit so warm, dass ich nicht einmal eine Jacke brauchte.
    Ich chauffierte uns in Syrjänens Jeep nach Torbacka. Auf dem Hinweg sprach Gezolian nur über die Hochzeitsvorbereitungen und über die Verwandten, die nach Finnland kommen würden. Es waren nicht viele: Julias Tante mütterlicherseits mit ihrer Tochter und deren Mann, Gezolians betagte Mutter und sein Bruder samt Ehefrau.
    «Unsere Familie ist klein. Die Brüder meines Vaters und meiner Mutter sind im Krieg gefallen. Die meisten wurden von den Deutschen getötet, Onkel Kirill ist im Stellungskrieg in Karelien mit den Skiern auf eine Miene geraten. Ich hatte eine jüngere Schwester, aber sie ist schon als kleines Kind an Keuchhusten gestorben. Das war hier in Finnland, ich habe ja einige Jahre im Porkkala-Gebiet gewohnt. Das Grab meiner Schwester liegt übrigens gar nicht weit vom Flugplatz entfernt, vielleicht können wir nach dem Flug dort vorbeifahren. Kennst du den kleinen sowjetischen Friedhof?»
    Ich hatte das Kreuz am Straßenrand gesehen, den Friedhof aber nie besucht.
    «Mein Vater hat hier gearbeitet, als Offizier. Wir haben hinter der Kirche im Dorf Degerby gewohnt, das Haus steht nicht mehr. Mein Vater war für das Testschießen in Kopparnäs verantwortlich. In den Felsspalten sollen immer noch Granatsplitter zu finden sein. Es ist eine Freude für mich, in die Landschaft meiner Kindheit zurückzukehren. Vielleicht spielen Julias Kinder eines Tages auf denselben Felsen wie ich damals. Hoffentlich lassen die beiden sich nicht zu viel Zeit, Usko ist ja auch kein junger Spund mehr. Es wäre so schön, ein Enkelkind in den Armen zu halten.»
    Ich hörte schweigend zu, scheinbar ganz auf das Fahren konzentriert. Glaubte Gezolian wirklich, sein sentimentales Gerede über Nachwuchs würde mich dazu bringen, ihm gegenüber loyal zu sein? Aber ich suchte ja nach Achillesfersen, und da die Möglichkeit bestand, dass Gezolian mir seine enthüllen würde, musste ich die Ohren gespitzt halten.
    Im Laufe der Jahre war mir der Anblick der drei Flugzeuge, die regelmäßig auf dem Feld von Torbacka standen, vertraut geworden. Nun war ein viertes hinzugekommen, eine grazile Propellermaschine mit blaugrünem Rumpf. Den Flügel auf der Steuerbordseite

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