Das Nest des Teufels (German Edition)
selbst. Sie sollte sich einen Liebhaber zulegen, statt zu jammern! Was vorbei ist, ist vorbei.»
Auch Vanamo kommentierte mein Bild auf dem Titelblatt: «Wir haben es am Kiosk bei der Bushaltestelle gesehen, und ich habe damit geprahlt, dass du meine Schwester bist. Du siehst auf dem Bild ziemlich wütend aus. Ist deine Arbeit gefährlich?»
Ich hatte ihr erzählt, ich sei eine Wärterin wie in den Einkaufszentren, beschütze aber kein Gebäude, sondern Menschen, und damit hatte sie sich zufrieden gegeben. In Vanamos Zuhause wurde der Fernseher nur für wenige, genau ausgewählte Sendungen eingeschaltet, und der einzige Computer wurde von allen gemeinsam benutzt. Hauptsächlich wurde er für die Verwaltung des Hofes gebraucht. Vanamo durfte dreimal wöchentlich für eine halbe Stunde an das Gerät, und Saara kontrollierte die aufgerufenen Seiten. Einige Jahre würde die Familie meine Schwester noch überwachen können, aber spätestens in der Oberschule würde es schwierig werden. Dann wurde es für das Luchsjunge Zeit, den Bau zu verlassen, und die Mutter konnte es nicht mehr beschützen. Allerdings entwöhnten Luchsmütter ihre Jungen selbst, wenn die Zeit gekommen war, und das Luchsweibchen verwandelte sich vom Muttertier wieder in ein brünstiges Geschöpf, das in der Frühjahrsnacht nach einem Partner rief.
Der Telefonverkehr blieb rege. Der nächste Anrufer unterdrückte seine Nummer nicht. Die Ländervorwahl 357 war mir fremd, es musste sich um Weißrussland handeln. Ich hatte richtig geraten: Der Anrufer war Iwan Gezolian persönlich.
«War meine Tochter gestern in Gefahr?», fragte er, ohne seinen Namen zu nennen.
«Nein. Ich war bei ihr.»
«Du solltest mit dieser Frau reden. Sag ihr, wenn sie Julia noch einmal zu nahe kommt und ihr negative Publicity verschafft, erhält sie Besuch.»
«Sie meinen, ich soll Satu Syrjänen drohen? Das gehört nicht zu meinem Tätigkeitsbereich. Meine Aufgabe ist es, Julia zu beschützen, sonst nichts.»
«Du wirst tun, was ich dir sage.» Obwohl Gezolian Tausende Kilometer entfernt war, hörte ich die eisige Wut in seiner Stimme so deutlich, als ob er neben mir stünde. «Erklär ihr, dass man mit mir keine Spielchen treibt. Wer sich querstellt, muss büßen. Hältst du mich für dumm, Hilja Ilveskero? Du warst offenbar klug genug, das Lager zu wechseln, aber ich weiß einiges über deinen Hintergrund. Es wird Zeit, mir zu beweisen, dass ich dir trauen kann. Ruf mich an, wenn du den Auftrag erledigt hast. So schnell wie möglich. Auf Wiederhören.»
Mir war so übel, dass ich würgend hustete. Was alles hatte Rytkönen Gezolian über mich berichtet? Zumindest wohl, dass ich Laitio kannte, dem nun vorgeworfen wurde, Rytkönen getötet zu haben.
Satu Syrjänen würde meine Drohung mit Sicherheit in der Regenbogenpresse publik machen. Die ehemalige Frau Syrjänen wusste nichts von Gezolians Ruf als internationalem Verbrecher, sondern würde glauben, dass ich ihr eine selbsterfundene Story auftischte. Um Himmels willen, was für ein Mist! Jetzt hätte ich eine Zigarre vertragen können.
Gegen sieben Uhr kam eine SMS von Jaan Rand. «Wir sind im Torni. Gerade haben wir einen Hamburger gegessen, jetzt ist Deividas müde und will sich ausruhen. Unsere Suite ist im Anbau, in der ersten Etage. Ruf im Zimmer an, dann mache ich dir auf.»
Ich sagte Hanna, ich würde das Abendessen ausfallen lassen, und verschwand, bevor Juri wieder fragen konnte, wohin ich ging. Natürlich war das Treffen mit Jaan Rand und Deividas riskant. Wahrscheinlich war ich nur deshalb noch am Leben, weil Gezolian durch mich an David herankommen wollte. Sicher hatte Rytkönen Gezolian auch berichtet, dass ich mit Juri Trankow ins Bett gegangen war. Vielleicht war das tatsächlich meine Rettung gewesen – Gezolian glaubte, zwischen David und mir sei es aus. Seine Annahme wurde dadurch unterstützt, dass Rytkönen weder bei mir noch im Sans Nom eine Spur von David gefunden hatte. Es sah ganz danach aus, als hätte David mich verstoßen, und wie Satu Syrjänens Verhalten zeigte, konnte die Wut einer verlassenen Frau furchtbar sein.
Aber eins ahnte Gezolian nicht: David war in der Nähe gewesen wie ein Luchs, der sich im Baum versteckt und den Jäger beobachtet, selbst aber nicht gesehen wird. Oder hatte Gezolian gewusst, wer Anton in Wirklichkeit war, in Leysin aber nicht zuschlagen wollen? Dort galten die schweizerischen Gesetze. Andererseits wäre es im Gebirge leicht gewesen, eine Leiche zu
Weitere Kostenlose Bücher