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Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Ahnung, dass er so romantisch ist. Und weißt du was, Hilja? Genau das macht dich zum größten Risikofaktor für David.»

14
    «Wenn du das nächste Mal mit ihm sprichst, sag ihm, dass ich sehr gut auf mich aufpassen kann.» Ich nahm die Bierflasche vom Tisch und setzte sie an den Mund. Am Flaschenrand blieb eine klebrige Spur zurück.
    «Das weiß er, aber er will nicht, dass dir seinetwegen etwas zustößt. Deshalb hat er sich letztes Jahr in Italien abgesetzt. Er wollte Gezolians Bluthunde auf seine eigene Spur locken, damit du unbehelligt abreisen kannst. Allerdings ist man in Finnland auch nicht unbedingt sicher, wie das Schicksal von Martti Rytkönen zeigt.»
    «Der hat sich sein Schicksal selbst zuzuschreiben!» Meine Stimme klang so gereizt, dass Deividas von seinem Buch aufblickte. Ich lächelte ihm beruhigend zu. Auch Vanamo las bereits Harry Potter, obwohl ihre Großeltern die Geschichten vom Zauberlehrling ablehnten. Saara hatte sich jedoch durchgesetzt. Sie meinte, wenn die Familie einem Kind die richtigen Wertvorstellungen vermittelte, würden Bücher es nicht dazu verleiten, an Magie zu glauben.
    «Wie geht es Laitio? Früher, als ich noch im Dienst von Europol stand, bin ich ihm ein paarmal begegnet. Du kennst meine Geschichte, nehme ich an. Laitio hat sie dir sicher erzählt.»
    Rand nahm die Brille ab, deren Gläser plötzlich beschlagen waren. Er hauchte sie an, holte ein Stofftaschentuch aus der Brusttasche und polierte sie. Ohne Brille wirkten seine Augen schutzlos, die Falten, die sie umgaben, waren deutlich zu sehen.
    «Ich weiß von deinem Verbrechen, und deshalb frage ich mich, wieso zum Teufel David dir vertraut.» Ich bemühte mich, ruhig zu sprechen, um Deividas nicht zu erschrecken.
    «Richte nicht, auf dass du nicht gerichtet wirst, Hilja. Die zweitausend Jahre alten Weisheiten haben immer noch ihre Gültigkeit.» Rand setzte die Brille wieder auf und trank von seinem Bier. Deividas lächelte über irgendetwas in seinem Buch, und sein Lächeln ähnelte Davids so sehr, dass es mir ins Herz schnitt. Das Kind, das ich in New York für kurze Zeit in mir getragen hatte, wäre jetzt fast genauso alt wie Deividas und Vanamo. Ich hatte die Abtreibung nie bereut und tat es auch jetzt nicht. Aber ich konnte nicht vergessen, dass ich einmal schwanger gewesen war.
    «Was ist aus den kleinen Mädchen geworden, nachdem du dich an ihnen vergangen hast? Waren es viele?»
    Rand zuckte zusammen, als hätte ich ihn geschlagen. «Spielt das eine Rolle? Ob eins oder elf, jede Missetat ist natürlich falsch. Aber Deividas ist bei mir in Sicherheit. Wir fahren morgen mit der Fähre nach Estland, und Anton Stahl holt seinen Enkel am Hafen ab. Ich bleibe ein paar Tage dort, bis sich Deividas an seine Großeltern gewöhnt hat, dann fliege ich von Tallinn nach Genf, wo ich hoffentlich David treffe. Was soll ich ihm von dir ausrichten?»
    «Erzähl ihm, dass Gezolian glaubt, ich hätte das Lager gewechselt, und dass ich mich dementsprechend verhalten muss. Und sag ihm, dass Paskewitsch ebenfalls in Finnland ist.» Ich berichtete Rand vom russischen Roulette in Saunalahti, verschwieg ihm aber, wie ich Juri danach getröstet hatte.
    «Und Trankow – auf wessen Seite steht er?»
    «Auf seiner eigenen. Jedenfalls nicht auf der von Paskewitsch, wage ich zu behaupten. Er bildet sich offenbar ein, in mich verliebt zu sein.» Bei diesen Worten fühlte ich mich wie eine Verräterin. Woher nahm ich das Recht, über Juris Gefühle zu urteilen?
    «Und er frisst dir aus der Hand?» Rand lächelte schräg, und plötzlich sah ich hinter seinen asketischen Gesichtszügen den Wolf, der Rotkäppchen anlockte. Komm her zur Großmutter, dann bekommst du Limonade und Bonbons. Hab keine Angst, dir passiert nichts, wenn du lieb bist. Ich spürte die Pranken von Seppo Holopainen auf meinen Teenagerbrüsten und reagierte auf die böse Erinnerung in typisch finnischer Weise: mit einem großen Schluck Bier. Ein Tequila wäre mir noch lieber gewesen.
    «Er frisst mir aus der Hand, solange er nicht zwischen mir und sich selbst wählen muss.»
    Deividas stand auf und ging zur Minibar. So stark, wie er humpelte, hätte er nicht einmal Rotkäppchens Großmutter davonlaufen können.
    «Coca Cola?», fragte er, und Rand nickte. Sie wechselten einige Worte auf Estnisch, der Junge hatte wohl von dem Hamburger Durst bekommen.
    «David musste einmal beinahe zwischen mir und sich selbst wählen. Für ihn war der Umzug nach Tartu schwierig, denn er

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