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Das Nest

Titel: Das Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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gehen, wenn sie will. Es ist eine kleine Gemeinde, aber sie werden den Mund über euch halten, wenn ihnen meine Mutter erklärt, daß du nach einem Überfall Erholung brauchst und der Mann, der dich zusammengeschlagen hat, noch immer nach dir sucht.«
    »Mein Gott«, hauchte Deborah.
    »Es tut mir leid«, sagte Lindsay. »Ich mußte rasch handeln. Ich konnte doch nicht einfach zusehen, wie dir etwas passiert. Und mir ist sonst niemand eingefallen, bei dem du wirklich sicher wärst.«
    »Und wie lange muß ich mich im Dschungel verstecken?«
    »Das kommt drauf an. Bis Simon Crabtree abserviert ist. Und das kann Monate dauern, fürchte ich.«
    »Ich bleib’, solange du mich brauchst«, warf Jane ein.
    »Ich kapier’ das alles einfach nicht. Was hat Simon Crabtree mit mir zu tun?« wollte Deborah wissen, während sie Cara eng umschlungen hielt. »Eben war ich noch dabei, im Krankenhaus wieder gesund zu werden, und jetzt finde ich mich plötzlich wieder in einem Abklatsch von Die drei Musketiere mit leichten Anklängen an Die Neununddreißig Stufen.«
    »Ich erklär’s dir in der Früh, wenn ich dich fahre, großes feministisches Ehrenwort«, antwortete Lindsay. »Aber jetzt schlage ich vor, daß wir uns beeilen.«
    »Dann fahr’ ich den Bus bis Carlisle«, entschied Jane.
    Lindsay nickte. »Das wird das Beste sein. Und überanstreng’ dich nicht. Wenn du eine Kaffeepause brauchst, nimm dir die Zeit. Ich bin es ja gewohnt, die halbe Nacht durchzufahren, bei meinen Dienststunden. Aber ich kann doch nicht dasselbe von dir erwarten.«
    »Frechheit!« murmelte Jane erbost vor sich hin. »Oder weißt du wirklich nicht, wie viele Stunden Jungärztinnen arbeiten? Dir geht sicher früher die Luft aus als mir, Lindsay.«
    »Entschuldige, das hab’ ich ganz vergessen«, erwiderte Lindsay zerknirscht.
    Die Reise schien endlos. Deborah und Gara schafften es, die längste Zeit zu schlafen und waren erst während der letzten paar Stunden wieder munter. Lindsay löste ihr Versprechen ein und erklärte Deborah auf den letzten hundert Kilometern die Gründe für ihre Flucht. Die engen Landstraßen mit ihren herrlichen Aussichten auf die Berge und Lochs – die berühmten Küstenseen – von Argyllshire waren ihr seit ihrer Kindheit vertraut. Cara schien von der sich ständig verändernden Landschaft so fasziniert, daß das Gespräch der Erwachsenen unbemerkt an ihr vorbeiging.
    Pünktlich bei ihrer Ankunft in dem kleinen Fischerdorf Invercross beendete Lindsay ihre Geschichte. Farbenfroh gestrichene Häuser und Cottages schmiegten sich eng an den Hafen. »Da wären wir«, sagte Lindsay abschließend. »Von hier bin ich vor vielen vielen Jahren weggezogen, um meine traumhafte Weltkarriere wahr werden zu lassen. Aber diesmal sind wir nur auf der Durchreise, wie Bonnie Prince Charlie und Flora Macdonald.« Sie hielt neben einem kleinen zweistöckigen Haus an der Hafenseite. »Wartet einen Augenblick, ich muß nur die Schlüssel holen.«
    Die Frau, die Lindsay die Tür öffnete, bevor sie sie erreicht hatte, war klein und drahtig. Sie hatte graue gelockte Haare und Augen wie Lindsay. Als sie ihre Tochter schwungvoll in die Arme nahm, meinte sie: »Schön, daß ich dich wieder einmal seh’. Seit Neujahr ist viel Zeit vergangen. Komm herein und nimm dir was zum Essen. Und bring deine Freundinnen mit. Ist Cordelia auch da?«
    Lindsay machte sich los und folgte ihrer Mutter ins Haus. »Nein, sie hat furchtbar viel zu tun. Hör zu, Mama, ich möchte die anderen gleich im Cottage unterbringen. Dann würd’ ich zum Essen zurückkommen und mich etwas ausschlafen, bevor ich wieder nach London zurückrausche.«
    »Das heißt, du bleibst nicht da?« Die offensichtliche Enttäuschung ihrer Mutter versetzte Lindsay einen Stich. »Dann siehst du deinen Vater ja gar nicht. Er ist draußen beim Fischen und kommt erst morgen früh wieder.«
    »Es tut mir leid, Mama, aber ich steck’ gerade in einer ganz wichtigen Geschichte. Das ist eine Art von Notfall. Hast du Catrionas Schlüssel?«
    Aus der Schürzentasche zauberte ihre Mutter einen Schlüsselbund hervor. »Ich hab’ sie noch vergangene Nacht, gleich nach deinem Anruf, von Mrs. Campbell geholt. Und heute bin ich ganz zeitig mit dem Allernotwendigsten hinauf, und hab’ schon mal eingeheizt, damit sie’s gemütlich haben.«
    Lindsay drückte ihr einen Kuß auf die Wange. »Du bist ein Schatz, Mama. In ein paar Stunden bin ich wieder da.«
    Ihre Mutter schüttelte den Kopf, ein liebevolles

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