Das Nest
geschlagen, und so soll es auch bleiben. Für uns ist vor allem die Verbindung zu dem Friedenscamp interessant, klar? Wir dürfen das nicht aus den Augen verlieren. Von dir brauch’ ich jetzt bis mittag eine gute Hintergrundgeschichte über das Camp mit ein paar Bemerkungen der verrückten linken Weiber über diesen Crabtree und seine Kampagne. Ich muß es dir doch nicht buchstabieren?« Lindsay unterdrückte einen Wutanfall, als er sie mit dem Gift seiner Voreingenommenheit überschüttete. »Ich möchte aber auch in Hinblick auf Aktualität etwas bieten. Streng dich ein bißchen an, plaudere mit seiner Witwe, der Familie, den Kollegen. Und vielleicht kannst du deine natürlichen Vorurteile überwinden und dich ein wenig an die Bullen anhängen. Na, was hältst du davon?«
Irgendwie fand Lindsay die Sprache wieder. Es war ihr klar, daß sie bei Duncan auf derartige Kehrtwendungen gefaßt sein mußte, wenn eine starke Story im Spiel war. Die Art aber, wie er sie jetzt zu der Reportage über das Friedenscamp drängte, war ihr fast peinlich. Sie stammelte: »Die Polypen lassen die Frau, die sie zur Befragung mitgenommen haben, frei. Es handelt sich um Deborah Patterson, die beschuldigt wird, Crabtree im vorigen Monat tätlich angegriffen zu haben. Ich weiß noch nicht, was sein Tod für gesetzliche Folgen für sie hat – ich denke, die Sache erledigt sich dadurch von selbst, aber ob damit auch das Rechtsurteil überflüssig wird: Keine Ahnung!
Was die Reportage angeht, dürfte es keine Probleme geben. Außerdem treff’ ich mich heute nachmittag noch mit dem für den Fall zuständigen Polypen – du kriegst alles, was er vom Stapel läßt. Ich probier’s bei der Familie, viel Hoffnung hab’ ich allerdings nicht. Die kennen die englische Klatschpresse zu gut, um auf die üblichen Tricks reinzufallen. Aber überlaß das einfach mir.«
»Gut. Normalerweise würde ich bei einem so großen Fall jemanden zu dir runterschicken. Aber was die Wahnsinnigen betrifft, bist du die Expertin, und deshalb überlaß ich’s dir.« Überheblicher Schwachsinn, dachte sie, als er weiterredete. »Im Ort gibt es einen Fotografen, mit dem du Kontakt aufnehmen kannst. Rede aber vorher noch mit der Fotoredaktion. Laß dir das nicht entgehen, Lindsay. Ruf gegen mittag an, damit ich den Artikel noch vor der Konferenz durchgehen kann. Und plaudere ein wenig mit der Frau, die entlassen wird. Könnte ein gutes Exklusivinterview abwerfen. Wenn die Anwälte uns verbieten, es zu veröffentlichen, können wir es immer noch sterben lassen. Wir sprechen uns noch.«
Die Verbindung riß ab. »Genau das liebe ich am meisten«, murmelte Lindsay verärgert. »Für den Papierkorb arbeiten.« Sie marschierte zum Bus zurück und machte sich Kaffee und Toast, bevor sie damit anfing, ihre Reportage zusammenzubasteln. Nach den ersten paar Absätzen klopfte es an der Tür.
»Herein«, rief sie. In der Tür erschien Jane, hinter ihr Willow und noch eine Frau, die Lindsay nur vom Sehen kannte.
»An euch hab’ ich gerade gedacht«, sagte sie. »Meine Redaktion meint, ich soll etwas über die Reaktion im Camp auf Crabtrees Kampagne schreiben. Also, ich brauch’ ein paar Sätze von euch, wieso ihr hier für den Frieden demonstriert. Und wieso es euch, obwohl ihr von seiner Organisation überhaupt nicht begeistert seid, nie einfallen würde, gewalttätig zu werden etc. etc. Ist das so in Ordnung?«
Willow grinste. »Darüber reden wir noch«, antwortete sie. »Aber zuerst wollen wir dich was fragen. Wir haben die Geschichte gerade diskutiert und beschlossen, unsere Interessen zu schützen. Es waren bereits Reporter da, deren Einstellung wir überhaupt nicht aushalten. Das beschert uns ein kleines Problem. Irgendwer muß uns in dieser Situation beraten. Eine Person, die versteht, warum das keine von uns gewesen sein kann, die aber auch weiß, wie der Hase läuft. Tja, und es sieht ganz so aus, als wärst du die einzige, die da in Frage kommt.«
Die dritte Frau ergriff das Wort. »Es war bei weitem kein einstimmiger Beschluß, daß wir jetzt hier sind. Aber wir stehen dazu. Was mich betrifft, so bin ich absolut nicht davon hingerissen, einer Frau zu vertrauen, die für ein Schundblatt wie den Clarion arbeitet. Aber wir haben keine Wahl. Deborah haben sie schon eingelocht, und sogar, wenn sie ohne Anklage wieder freikommt, bleibt etwas an uns hängen, bis alles geklärt ist.«
Lindsay zuckte die Achseln. »Ich weiß, wie es bei den Medien zugeht. Aber ihr
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