Das Nest
reagierte sofort. »Ich trage hier die Verantwortung, Kommissar, nicht Mr. Stone. Und ich werde Miss Gordon nicht von hier weggehen lassen, bevor sie uns die Zusicherungen gegeben hat, die wir benötigen. Ich bin Ihnen in keiner Weise verpflichtet, und Ihr Aufenthalt hier basiert auf purer Höflichkeit.«
Die Luft zwischen den beiden knisterte vor Spannung. »Das wird sich noch herausstellen«, entgegnete Rigano grimmig, bevor er sich wieder Lindsay zuwandte. »Alles okay?«
»In Anbetracht der Umstände, daß ich mit vorgehaltener Pistole entführt und mit einem Messer bedroht wurde, daß ich unter Bedingungen hierher geschleppt wurde, die sogar als illegal gelten dürften, selbst wenn ich ein Schaf wäre, und daß ich von Arschlöchern verhört wurde, geht’s mir blendend«, erwiderte sie bitter. »Sie haben mich in diese Situation gebracht, Jack. Sie sind dafür verantwortlich, daß ich hier sitze. Pfeifen Sie jetzt Ihre Hunde zurück und lassen Sie mich gehen.«
»Er hat kein Recht dazu«, bemerkte Barber.
»Auch das wird sich zeigen«, gab Rigano zurück. »Aber ich hab’ Sie nicht hierherbringen lassen, Lindsay. Dieser Mistkerl von Stone hat mein Büro abgehört. Ich habe Beweise, die sich bereits in den Händen meiner Vorgesetzten befinden. Ihre Leute, Frau Kollegin«, sagte er an Harriet Barber gerichtet, »hatten die volle Unterstützung meiner Männer, aber das war Ihnen anscheinend nicht genug, was?«
»Wie die Dinge liegen, hat sich das als weise Voraussicht erwiesen. Ihre volle Unterstützung hatten wir nämlich nicht.«
»Mit Wanzen im Büro eines höheren Beamten kommen Sie nicht durch, Gnädigste, wer Sie auch sind.«
»Ihre Einmischung in diesem Augenblick ist belastend und völlig sinnlos, Kommissar. Sie haben sich von Miss Gordons Wohlbefinden überzeugt, und ich schlage vor, daß Sie uns jetzt verlassen.« Barbers Tonfall ließ darauf schließen, daß sie an Gegenstimmen nicht gewöhnt war.
Aber Rigano verweigerte sich ihren Einschüchterungsmaßnahmen. »Worum geht’s, Lindsay? Was steht zur Debatte?«
»Ich rate Ihnen nicht zu antworten, Miss Gordon. Kommissar, Sie verfügen hier über keinerlei Befugnisse. Ich empfehle Ihnen dringend zu gehen.«
»Auch wenn Sie der Ansicht sind, daß ich eigentlich hier nichts zu suchen habe, wäre ich an Ihrer Stelle froh über jeden Vermittlungsvorschlag. Würde mir jetzt jemand erklären, wie das Angebot aussieht?«
»Es ist ganz einfach, Jack«, meldete sich Lindsay zu Wort. »Ich verzichte mit meiner Unterschrift auf meine sämtlichen Rechte, verspreche, alles zu vergessen, was ich weiß und Simon Crabtree ermordet Debs.«
Genervt von der Situation, die sich langsam ihrer Kontrolle zu entziehen begann, stand Harriet Barber auf und befahl erzürnt: »Hören Sie auf, absurdes Zeug zu reden. Kommissar, wir erwarten von Miss Gordon, daß sie die Staatliche Sicherheitsakte unterzeichnet und sich in Zukunft an sie hält. Ferner rechnen wir mit der Rückgabe von geheimem Material, das sich noch immer in ihrem Besitz befindet. Sie wird danach weder über ihren Aufenthalt hier noch über ihre Theorien zu den Ereignissen von Brownlow etwas verlauten lassen, all das unter Strafandrohung. Keine unvernünftigen Forderungen, behaupte ich.«
»Wobei das die gesäuberte Version ist«, unterbrach Lindsay. »Sie läßt aus, daß Crabtree in Freiheit bleibt und tun und lassen kann, was er will und daß ich, falls ich die Geschichte veröffentliche, zum Schweigen gebracht werde. Und zwar für immer.«
»Niemand hat Ihnen mit Mord und Totschlag gedroht«, behauptete Barber schnippisch.
»Nicht wortwörtlich«, gab Lindsay zu. »Aber Sie und ich wissen, daß wir genau darüber gerade gesprochen haben.«
Rigano schüttelte den Kopf. »Wie idiotisch das Ganze ist. Wir befinden uns doch in keiner Diktatur. Hier werden unbequeme Mitwisser nicht einfach umgelegt. Sie machen beide aus einer Mücke einen Elefanten. Glauben Sie wirklich, daß Miss Gordon eine Zeitung findet, die diese Story druckt? Erstens würde ihr niemand glauben. Und zweitens dürfte es für Sie eine Kleinigkeit sein, die Veröffentlichung zu verhindern. Es hat überhaupt keinen Sinn, Miss Gordon mit gräßlichen Konsequenzen zu drohen, weil ich mir wirklich nicht vorstellen kann, wie sie einen Verleger dazu bringen will, dieses Risiko einzugehen. Abgesehen von der Computeraufzeichnung verfügt sie über kein Material, und auch die beweist außer dem Abhörversuch schließlich gar nichts. Alles,
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