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Das Nest

Titel: Das Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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zurückfahren. Vielleicht können Sie das Blaulicht einschalten.«
    »Erklärt mir auch einmal jemand, was hier gespielt wird?« forderte Cordelia. »Ich sitze hier die halbe Nacht wie ein Trottel und werd’ fast wahnsinnig vor lauter Angst.«
    »Später«, vertröstete sie Lindsay.
    »Nein«, wandte Rigano ein. »Keine Erklärungen. Das sind die Abmachungen, vergessen Sie sie nicht.«
    Als sie in Highbury ankamen, verblaßte die Beleuchtung der Straßenlaternen gerade in der Morgendämmerung. Cordelia fuhr ihren Wagen in die Garage, während Lindsay ins Haus ging, um den Ausdruck zu holen. Als sie zurückkam, nahm Rigano die Papiere entgegen und fragte: »Welche Maßnahmen soll ich jetzt treffen?«
    Lindsay sprach kurz angebunden. »Ich muß ein paarmal telefonieren. Wenn die Klinik meint, daß sie es schafft, startet die Aktion heute abend. Sollten Sie nichts anderes von mir hören, erwarte ich, daß Ihre Männer bis neunzehn Uhr verschwunden sind. Und keine Beschattung.«
    Er lächelte grimmig. »Wird es nicht geben.« Rigano hob die Hand wie zum militärischen Gruß, drehte sich um und ging zu seinem Fahrzeug. In der Zwischenzeit erschien Cordelia in der Tür. Nachdem das Polizeiauto außer Sichtweite war, vergrub Lindsay den Kopf in Cordelias Schulter und brach in Tränen aus. »Ich hab’ solche Angst gehabt«, strömte es aus ihr heraus. »Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen.«
    Cordelia führte sie hinein und half ihr die Stufen hinauf. Lindsays Muskeln fühlten sich wie Pudding an, sie zitterte am ganzen Körper. »Erzähl’s mir später«, schlug Cordelia vor, während sie sie auszog und ins Bett brachte. »Schlaf jetzt, wir reden morgen darüber.« Lindsay breitete sich wie ein Seestern über Bett und Polster aus und versank augenblicklich in Tiefschlaf. Cordelia betrachtete von oben mitfühlend ihr erschöpftes Gesicht und beschloß, im Gästezimmer zu übernachten, um sie nicht zu stören.
    Am nächsten Tag wachte Lindsay gegen mittag auf, als das Telefon läutete. Sie griff nach dem Hörer und erlitt im gleichen Augenblick einen Schock im Trommelfell. Duncan wütete wie nie zuvor. Sie lehnte sich zurück und ließ ihn toben, bis ihm schließlich der Dampf ausging. »Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?« schrie er bereits zum dritten Mal.
    »Ich war bis um sechs Uhr früh in Polizeigewahrsam, Duncan«, erklärte sie. »Und anrufen durfte ich niemanden. Sie hatten es sich in den Kopf gesetzt, daß ich Informationen zu dem Mord an Rupert Crabtree zurückhalte, und sie haben mich ganz schön in den Schwitzkasten genommen.«
    Das Telefon erwachte wieder zum Leben, als sich Duncans gerechter Zorn auf die Fordhamer Polizei verlagerte. Wieder wartete Lindsay, bis sich der Sturm gelegt hatte. Als er zum vierten Mal mit einem Prozeß gegen die Polizei und Anfragen ans Parlament drohte, fuhr Lindsay dazwischen. »Schau, Duncan, jetzt ist ja alles vorbei. Es hat überhaupt keinen Sinn, deswegen Rumpelstilzchen zu spielen. Ich kann dir nur soviel sagen: Ich bin einer sauguten Exklusivreportage in Zusammenhang mit dem Mord auf der Spur. Aber ich werde ein paar Tage untertauchen müssen, um an ein paar geheime Infos heranzukommen und einige kniffelige Verbindungen nachzuprüfen. Ist das in Ordnung?«
    »Nein, ist es nicht, verflixt noch einmal. Was für eine Exklusivgeschichte soll das überhaupt sein? Du hast ganz einfach nicht das Recht abzuschwirren, wann immer dir irgendwelche Hirngespinste im Kopf herumgeistern, nur weil du zufällig mit ein paar Artikeln Glück gehabt hast. Heraus damit, was ist das für eine Sache, hinter der du her bist? Dann kann ich dir gleich sagen, ob sich’s lohnt.«
    Lindsay spürte, wie sich der Schmerz hinter ihren Augen zusammenballte. »So genau weiß ich das auch nicht, Duncan, aber ich habe entdeckt, daß ein Geheimdienstler am Rand in den Mord verwickelt ist. Und jetzt möchte ich in diesem Aspekt der Geschichte noch ein wenig herumstochern. Meiner Meinung nach könnte das der absolute Knüller werden, Duncan. Ich hab’ da so ein Gefühl. Von den Bullen hat mir auch einer etwas in diese Richtung angedeutet. Aber ich muß höllisch aufpassen. Und deshalb kann es sein, daß ich ein zwei Tage nicht zu erreichen bin.« In der nun folgenden Stille drückte sie sämtliche Daumen, damit ihre Rechnung aufging.
    »Also gut, bis Montag«, knurrte er. »Und bei der Vormittagskonferenz wünsche ich einen Bericht. Aber das ist das absolut letzte Mal, Lindsay. Wenn du mich

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