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Das Nest

Titel: Das Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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sie in wilden Vermutungen über Annies Rolle in der Geschichte. »Nehmen Sie mich mit, oder das ganze Paket geht an Lindsays Blatt. Sogar, wenn Sie mich verhaften, komme ich irgendwann an ein Telefon heran. Und mehr als einen Anruf brauche ich nicht. Stellen Sie sich vor, was das für eine Story gibt – berühmte Schriftstellerin klagt Polizei wegen unrechtmäßiger Inhaftierung.«
    Er schüttelte den Kopf. »Es gibt überhaupt keinen Grund für diese Erpressungsversuche, glauben Sie mir. Ich gebe Ihnen mein Wort, ich lasse Sie nicht im Stich.«
    »Das reicht mir nicht. Irgend etwas ist hier im Busch. Und ich kann das nicht jemand anderem überlassen. Dafür ist es zu wichtig.«
    Endlich gab er erschöpft nach. »Na gut. Sie können mir folgen. Aber hinein werden sie Sie nicht lassen.«
    »Warum nicht? Wohin, verdammt noch einmal, fahren wir? Wo ist sie?«
    »Geheimdienstzentrale Cheltenham – glaube ich zumindest.«
    »Wie bitte?!«
    Es war kurz vor Mitternacht, als sie die Tore des Komplexes erreichten, in dem der britische Geheimdienst untergebracht war. Riganos Anweisung befolgend, parkte Cordelia möglichst unauffällig etwa fünfhundert Meter vom hell erleuchteten Eingang entfernt. Sie beobachtete, wie Rigano vorfuhr und nach fünf Minuten eingelassen wurde. Nervös am Zellophan einer Zigarettenpackung, die sie unterwegs gekauft hatte, zerrend bereitete Cordelia sich auf eine lange Nachtwache vor. Rigano entsprach so gar nicht ihren Vorstellungen eines Ritters in glänzender Rüstung. Aber er war alles, was sie hatte.

ACHTZEHN
    Das Klingeln des Telefons durchbrach die Pattsituation in dem verrauchten Raum. Lindsay war dankbar für jeden Hauch von Normalität in dem für sie inzwischen völlig absurden Erlebnis. Harriet Barber runzelte die Stirn und nahm ab. »Barber«, sagte sie trocken. Überrascht wandte sie sich an Stone und reichte ihm den Hörer mit den Worten: »Das scheint für Sie zu sein.«
    »Ja? Stone am Apparat«, meldete er sich. Ein paar Sekunden hörte er zu, dann sagte er: »Ich bin gleich unten.« Er legte auf und erhob sich. »Ich versteh’ das nicht. Bleiben Sie hier?« fragte er.
    »Die Situation da unten ist ausschließlich Ihr Problem, Stone«, antwortete sie eisig. »Werden Sie damit fertig. Schnell.«
    Er verließ das Zimmer.
    »Ich nehme an, ein Klobesuch kommt nicht in Betracht?« erkundigte Lindsay sich.
    »Aber durchaus.«
    »Sie verblüffen mich.«
    »Sofern Sie nichts gegen meine Gesellschaft einzuwenden haben.«
    »Was?« rief Lindsay empört.
    »In Bezug auf wertvolles Staatseigentum gehen wir keine Risken ein«, gab Barber leichthin zurück. »Außerdem hätte ich eher gedacht, daß es Ihnen Spaß machen würde… bei Ihren Neigungen.«
    Lindsays Gesicht drückte ihren Abscheu aus. »Eher würde ich Rasierklingen essen«, spuckte sie.
    »Das läßt sich machen«, konterte Barber mit feinem Lächeln. Sie entnahm ihrer Jackentasche ein kleines schwarzes Notizbuch und machte ein paar Eintragungen. Lindsay funkelte sie schweigend an. Lange Minuten vergingen, bevor das Telefon zum zweiten Mal läutete. »Barber«, sagte sie wieder. Sie lauschte erst und erklärte dann abrupt: »Kommt nicht in Frage. Nein…« Sie hörte wieder zu. »Er behauptet was?« Ihr Blick verdüsterte sich vor Zorn. »Also, in diesem Fall bringen Sie ihn besser herauf. Die Geschichte vergesse ich Ihnen lange nicht, Stone.« Sie ließ den Hörer krachend in die Gabel fallen und starrte Lindsay an. Dann griff sie sich eine ihrer würzigen französischen Zigaretten, stand auf und hielt Lindsay das Päckchen hin. Diese nahm dankbar an. »Wir haben Besuch, Miss Gordon«, erläuterte Barber knapp und angespannt.
    »Wen denn?« kam es müde.
    »Das sehen Sie noch früh genug«, war die Antwort. Danach versanken beide wieder in Schweigen.
    Lindsay hörte, wie die Tür geöffnet wurde und drehte sich unangenehm berührt um. Eine Woge der Erleichterung durchflutete sie, als sie hinter dem deutlich gereizten Stone Rigano erkannte. Er blieb in der Tür stehen, sein Gesicht die Lindsay vertraute steinerne Maske. Aber die Besorgnis, die seine Stimme verriet, war etwas Neues. »Sind Sie in Ordnung?« fragte er, während er langsam auf sie zuging. Bevor sie etwas sagen konnte, hatte er die Handschellen entdeckt und Stone verärgert zur Rede gestellt: »Herrgott noch mal«, donnerte er. »Sie war doch nicht am großen Eisenbahnraub beteiligt. Was soll der Mist?«
    Stone warf Harriet Barber einen hilflosen Blick zu und sie

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