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Das Netz der Chozen

Titel: Das Netz der Chozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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mit einem überwältigenden elektrischen Schlag vergleichen. Wir wurden eins, fühlten gemeinsam, sahen gemeinsam. Ich war beide Körper, und sie war beide Körper, und es gab kein Denken, kein Bewußtsein mehr mit Ausnahme der überwältigenden Gefühle.
    Langsam zog sie sich zurück, und wir wandten uns um und standen nebeneinander, immer noch ein Organismus. Wir gingen zu einer Lichtung am Flußufer und spannen mit unseren Zungen gemeinsam ein Haus. Es war wunderbar, kunstvoll, und das Muster war nicht in unseren Köpfen entstanden, sondern wurde uns von außen eingegeben, mir zumindest, denn ich konnte ja nicht wissen, wie ein Haus konzipiert und erbaut werden mußte.
    Als wir damit fertig waren, polsterten wir den Boden mit Blättern und Gras und traten hinein. Sie legte sich auf den Boden, in Rückenlage, die für einen Chozen unter normalen Umständen völlig unnatürlich war. Ich hockte mich über sie, drang wieder in sie ein, und wir blieben in dieser Position, ohne uns zu bewegen, ohne zu denken, über einen Zeitraum, der mir wie eine Ewigkeit vorkam — später erfuhr ich, daß es zehn Tage gewesen waren! —, ohne jede andere Empfindung als das alles überwältigende, alles auslöschende Gefühl. Endlich spürte ich eine Art Berührung, löste mich aus ihr und stand auf. Fast im gleichen Augenblick erschien das erste Ei, von einem fast blendenden Weiß und ziemlich groß. Dann kam ein zweites, dann ein drittes.
    Ich wartete. Aber es kamen keine mehr. Sie setzte sich auf, und ich sah, daß sich die Falte an ihrem Bauchbeutel geöffnet hatte.
    Mit meinem rechten Vorderhuf griff ich nach der Falte, zog sie über das erste Ei, hob es vorsichtig auf und schob es in ihren Beutel. Dann wiederholte ich den Vorgang mit dem zweiten.
    Nun wurden die Rollen vertauscht: ich lehnte mich zurück und öffnete meinen Beutel, sie beugte sich vor und schob das dritte Ei hinein.
    Völlig erschöpft schliefen wir, zum erstenmal nach zehn Tagen.

8
    Mara kam gerade ins Haus, als ich erwachte. Ihre Färbung war wieder ein neutrales Grün, und die Gefühle der letzten zehn Tage waren nur noch eine vage Erinnerung.
    Ich fühlte mich schwach, als ich aufstand, und etwas schwindelig. Sie blieb stehen und sah mich an.
    »Wie fühlst du dich?« fragte sie besorgt.
    »Schauderhaft«, gab ich zu. »Mein Gott! Und das müssen wir alle zwei Jahre über uns ergehen lassen?«
    »Nein«, sagte sie leise. »Ich muß es alle zwei Jahre durchmachen, du — nun, etwa alle zwei Monate bis zum nächsten Interregnum.«
    Mir wurde fast übel, als ich das hörte. Bei dem erheblichen Frauenüberschuß war es jedoch nur natürlich.
    »Warum habe ich ein Ei in meinem Beutel?« fragte ich. Ich spürte es kaum, wußte jedoch irgendwie, daß es da war.
    Sie lachte. »Die Eier sind Neutra. Das Geschlecht der Jungen wird von seinem Brutplatz bestimmt. In ein paar Tagen werden sie ausschlüpfen und sich an der Bauchwand des Beutels festsaugen. Sie ernähren sich direkt vom Blutkreislauf, und dadurch wird auch ihr Geschlecht bestimmt. Den Grund dafür kennt niemand — soll sicher niemand kennen.«
    »Ich ...«, sagte ich, und dann sank ich zu Boden. Mir war so übel, daß ich fast das Bewußtsein verlor.
    Sie beugte sich über mich, und ich fühlte ihr Mitleid. »Komm mit hinaus. Du mußt essen. Du hast lange keine Nahrung gehabt und bist erschöpft. Danach wird dir etwas übel werden, so wie mir jetzt, aber das ist normal. Hinterher, erst hinterher, werden wir uns über alles unterhalten.«
    Ich stolperte hinaus. Die Nahrungsfarbe war überwältigend, und ich begann sofort, Gras und Knollen in mich hineinzuschlingen. Es war nicht der Heißhunger, den ich während meiner Verwandlung kennengelernt hatte, eigentlich aß ich nur wenig, legte zwischen dem Schlingen immer wieder Pausen ein. Ich fühlte mich etwa so wie jemand, der kurz vor dem Verhungern steht, ein Zustand, wo alles Eßbare wunderbar aussieht, man sich jedoch zum Essen zwingen muß. Ich brauchte drei Stunden, bis ich so viel heruntergewürgt hatte, daß ich mich einigermaßen gesättigt fühlte. Eigentlich war ich noch immer nicht satt, aber ich wußte, daß ich nicht mehr hinunterbekommen würde. Ich ging.
    zur Hütte zurück, noch immer schwach und von dem Übelkeitsgefühl geplagt, das sie mir vorausgesagt hatte.
    Trotzdem nahm ich mir die Zeit, das Haus genauer zu betrachten. Wir hatten es während des Brutimpulses gemeinsam errichtet, aber es war mir noch immer unerklärlich, wie ich eine so

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