Das Netz Der Grossen Fische

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selber habe sie nicht gesehen. Ich habe ein paar Anrufe erhalten. Allerdings muss ich dir sagen, dass uns das Gerücht über Di Blasis Rücktritt nicht überrascht hat, es hat schon eine Stunde nach der Nichtbestätigung der Untersuchungshaft die Runde im Gericht gemacht.«
    »Aber er hat in dieser Erklärung doch gesagt, er wolle die Ermittlungen weiterführen und dabei die Einwände des Haftrichters berücksichtigen.«
    »Das hat er nur gesagt, um Zeit zu gewinnen. Er wollte sichergehen, dass er auch bekommt, was man ihm versprochen hat, wenn er ihnen nicht weiter auf die Nerven geht.«
    »Nämlich?«
    »Wie es aussieht, ist er der einzige Kandidat für den Vorsitz des Konsortiums für den Hafenumbau. Die Ernennung dieses Konsortiumsvorsitzenden erfolgt auf regionaler Ebene. Daran kannst du sehen, dass er alle nur möglichen und erdenklichen Zusicherungen hatte. Nur deshalb ließ er die Nachricht von seinem Rücktritt durchsickern. VerletzteWürde, untadeliger Ruf und so weiter, das ist doch alles Quatsch.«
    »Danke dir, buonanotte.«
    Er legte auf.
    »Io ti do ’na cosa a te, tu mi dai ’na cosa a me.«
    Nur dass sie Di Blasi nicht deshalb etwas gegeben haben, damit er ihnen nicht mehr auf die Nerven ging, wie Butera glaubte, sondern für sein Verhalten seit der Entdeckung des Mordes an Amalia.
    Von der Zentrale in Rom hatte man durchgegeben, dass der Programmablauf im gesamten Sendernetz sich um zehn Minuten verschob. Und daher würde auch das regionale Nachrichtenjournal entsprechend verspätet beginnen.
    Auf dem Weg ins Studio sah er, dass die Büros leer waren.
    Alle waren bereits nach Hause gegangen. Umso besser, dann würde es keine Reaktionen innerhalb des Teams geben.
    Er kam ins Studio, begrüßte die Techniker, setzte sich und wartete. Dann endlich wurde die Eröffnungsmelodie gespielt.
    Buonasera. Wir beginnen mit einer Nachricht, die die Banca dell’Isola betrifft, unser größtes Finanzinstitut, das sich unter dem Vorsitz des nunmehr zurückgetretenen Corradino Scimone stets mit aller Entschiedenheit für die industrielle Entwicklung Siziliens eingesetzt hat. Die Gesellschafterversammlung, die am Nachmittag zusammengekommen war, hat am Abend schließlich einstimmig ein neues Mitglied des Verwaltungsrats an Stelle des zurückgetretenen Scimone gewählt. Der Name dieses neuen Mitglieds ist nicht mitgeteilt worden, die Bank hat für morgen ein Kommuniqué in Aussicht gestellt. Und nun ein Bericht von Angelo Careca über das immer wiederkehrende Problem des Wassermangels.
    Dieser Bericht dauerte vier Minuten und siebenundvierzig Sekunden. Viel zu lang, die Berichte waren immer viel zu lang. Darüber musste er am nächsten Vormittag mal mit der Redaktion reden.
    In Anwesenheit des Präsidenten der Region und von Mitgliedern der Provinzialverwaltung ist in Bagheria ein großer Schulkomplex eröffnet worden.
    Drei Minuten.
    In den ländlichen Gebieten der Provinz von Trapani ist Pasquale Mìtolo von den Carabinieri gefasst worden. Mìtolo ist ein Mafiaboss und hat mehrere Morde auf dem Gewissen. Seit sieben Jahren lebte er im Untergrund. Hier unser Sonderbericht.
    Vier Minuten und zehn Sekunden.
    Ein vor Scoglitti in Seenot geratenes großes Boot, auf dem sich mehr als einhundert Flüchtlinge aus Nicht-eu-Ländern befanden, ist von Booten unserer Küstenwache in Sicherheit gebracht worden. Ein Bericht von Giovanni Losurdo.
    Dreieinhalb Minuten. Der Studioassistent gab ihm zu verstehen, dass der von ihm angekündigte Bericht zuletzt kommen würde.
    In seiner Wohnung in Palermo ist im Alter von sechsundneunzig Jahren der Abgeordnete Domenico Sferlazza gestorben, einer der Gründungsväter der sizilianischen Autonomiebewegung. Ein Gedenkfeature von Manuela Trincanato.
    Während die Bilder über den Monitor flimmerten, zog er das Blatt Papier aus seiner Tasche, faltete es auseinander und begann zu lesen. Er tat so, als würde er die Zeichen des Assistenten nicht bemerken, der ihm bedeutete, dass erin ein paar Sekunden wieder an der Reihe sei. Als er dann erneut ins Bild kam, sah man ihn mit dem Gesicht über ein Blatt gebeugt, das er ein wenig hochhielt. Dann hob er überrascht den Blick und begann gleich darauf zu sprechen.
    In diesem Augenblick erreicht uns die Nachricht, dass das neue Mitglied des Verwaltungsrats der Banca dell’Isola Dottor Antonio Sacerdote ist, der von den anderen Mitgliedern einstimmig gewählt wurde. Dottor Sacerdote, seit achtzehn Jahren Generalsekretär der Regionalversammlung,