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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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er einen Bogen und einen Köcher, aus dem die gefiederten Schäfte von zwei oder drei Dutzend Pfeilen ragten. Er stützte sich auf einen schmalen Speer aus dunklem Ebenholz, dessen messingfarbene Spitze ihn um fast eine Elle überragte.
    Erst blickte der Waldläufer in die Richtung der drei Zimmerleute, dann entdeckte er Stella. Seine dunklen Augen blitzten ähnlich wie die Sesa Minas, wenn sie Witterung aufgenommen hatte. Er ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen und kam direkt auf den Tisch des Mädchens zu.
    Die Zielstrebigkeit des Fremden hätte bei Stella normalerweise sofort Alarm ausgelöst. Zu oft schon hatte sie die Annäherungsversuche einsamer »Helden« über sich ergehen lassen müssen, die angesichts eines hübschen Mädchens den Platzhirsch markierten. Doch etwas an diesem Naturburschen war anders, der nun – überhaupt nicht überraschend – fragte: »Noch ein Platz frei an diesem Tisch?«
    Stella blickte erst auf den leeren Schankraum im Rücken des Mannes, dann in sein Gesicht. Sie lächelte. »Ihr habt Glück. Meine sonstigen Tischnachbarn sind noch nicht erschienen. Für ein Weilchen könnt Ihr Euch also niederlassen.«
    »Das mag genügen«, antwortete der Waldläufer, während er seinen Bogen und das Pfeilfutteral auf die gegenüberliegende Bank legte und sich den Stuhl an der Stirnseite des Tisches zurechtschob. Seinen Speer behielt er, den Schaft auf den Boden gestützt, in der Hand.
    »Mein Name ist Jutwald«, stellte sich der Fremde vor, während er einen nicht allzu erstaunten Blick auf das Frettchen neben dem Mädchen warf.
    »Ich bin Stella«, antwortete diese knapp. Ihre Augen ruhten auf Jutwalds Speer.
    »Seid Ihr aus Amon?«, fragten Stella und der Fremde im selben Augenblick wie aus einem Munde.
    Das entspannte die Atmosphäre, beide mussten lachen. Dabei fiel Stella auf, dass im Gesicht des bestimmt schon fast Fünfzigjährigen ein Ausdruck lag, der an einen großen Jungen erinnerte. Vielleicht war dieser an Einsamkeit gewöhnte Waldläufer ja wirklich nur auf der Suche nach einem anregenden Gespräch.
    »Ich bin nur auf der Durchreise«, antwortete Stella ausweichend. »Und Ihr?«
    »Streife hier seit fünfundzwanzig Jahren durch die Wälder, stelle Fallen auf und verkaufe Felle auf den Marktplätzen. Amon ist sehr ausgedehnt. Von einem Ende unseres größten Stadtforstes bis zum anderen sind es fast fünfzehn Meilen.«
    »Das ist wirklich groß!«, antwortete Stella staunend.
    »Seid Ihr auch Jägerin, Fräulein Stella?«
    Obwohl der Blick Jutwalds auf das andächtig lauschende Frettchen gerichtet war, musste Stella an eine ganz andere Jagd denken, als sie antwortete: »Das habt Ihr gut geraten.«
    »Ihr seid auf Iltisse spezialisiert?«
    »Ich stelle kleinen und großen Tieren nach.«
    »Für ein so anmutiges Mädchen ein wahrhaft ungewöhnliches Handwerk!«
    Das Kompliment aus dem Mund des bärtigen Jutwald klang aufrichtig. Deshalb ersparte sich Stella eine schroffe Antwort und verwickelte den Waldläufer stattdessen in ein Gespräch über sein Leben in den Wäldern von Amon. Sesa Mina kuschelte sich an ihre Herrin und schlief schon bald ein.
    Zwischendurch kam der Wirt vorbei und warf angesichts des Fremden Stella einen fragenden Blick zu. Als diese jedoch lächelnd den Kopf schüttelte, nahm er bereitwillig die Bestellung Jutwalds auf.
    Da es im Schankraum nun zu dunkel geworden war, um noch eine Fliege im Bier zu erkennen, entzündete der Wirt Kerzen und verteilte diese auf den Tischen. Nach und nach stellten sich weitere Gäste ein und langsam schwoll der Geräuschpegel in dem großen Raum immer mehr an. Dann endlich kam der Schinken. Jutwald hatte sich Stellas Bestellung angeschlossen und so erhielt jeder einen großen Teller mit je zwei dampfenden daumendicken Scheiben. Von dem viel versprechenden Duft war Sesa Mina augenblicklich erwacht. Der Anblick des rosafarbenen Schinkens und des braunen Blätterteigmantels ließ nicht nur Stella das Wasser im Munde zusammenlaufen. Erst jetzt merkte sie, wie hungrig sie wirklich war.
    Nachdem sie sich noch einen Krug gespritzten Weines, Jutwald sich dagegen die dritte Maß Bier bestellt hatte, setzten sie ihre Unterhaltung fort. Endlich – Stella schob ihren mit Hilfe Sesa Minas geleerten Teller auf die Seite – sah sie den Augenblick für gekommen, das auszusprechen, was sie seit dem Eintreten des Waldläufers in der Schenke beschäftigt hatte.
    »Eine feine Waffe habt Ihr da, Jutwald.«
    Der Waldläufer folgte ihrem

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