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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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»Was können wir unternehmen, um Stella vom Intruder zu trennen?«
    »Gar nichts!«, entfuhr es Mark. »Ich meine… Ach, ich weiß nicht. Ich kann im Moment nicht klar denken.«
    »Ganz ruhig, Mark. Ich helfe dir. Dein Zorn ist verständlich, aber wir müssen jetzt einen kühlen Kopf bewahren. Sonst können wir Stella nicht helfen.«
    Es dauerte noch ein paar Minuten, bis Mark sich wieder einigermaßen in der Gewalt hatte. »Wenn ich jetzt zum Truck stürme, wird man mir vielleicht nicht mal die Tür öffnen. Ich muss Stellas Reise von hier aus abbrechen. Wenn der Intruder nicht mehr läuft, werden sie ihr das Gegenmittel zum Aufwachen geben.«
    »Geht denn das? Ich meine, der ganze Campus ist doch von der Außenwelt abgeschnitten.«
    »Ist er auch. Niemand kann hinaus. Aber vielleicht gelingt es mir hinein zu kommen. Ich habe in meiner Datenbank noch ein paar Nummern, die in keinem Telefonverzeichnis des MIT stehen. Es sind ausnahmslos Anschlüsse von Versuchsaufbauten in Labors, die nicht über normale Telefonapparate laufen.«
    »Sondern?«
    »Über Computer.«
    »Hätte ich mir denken können.«
    »Lass mich jetzt bitte einen Moment ungestört arbeiten.«
    »Schon verstanden.«
    Nun konnte Mark wieder konzentriert an das Problem herangehen. Obwohl die Sorge um Stella und der Zorn über DiCampo noch immer in ihm rumorten, hatte er diese Gefühle in zwei weit voneinander entfernte Winkel seines Bewusstseins verbannt. Später würde er ihnen wieder mehr Platz einräumen und vielleicht sogar tun, wozu sie ihm rieten.
    Bei der fünften Nummer schließlich hatte Mark Erfolg. In einem zu diesem Zeitpunkt menschenleeren Labor begannen einige unscheinbare Leuchtdioden zu flackern. Mark befand sich im Campusnetz! Von hier aus war es für ihn fast schon ein Kinderspiel, in das Labornetz des Intruder-Trucks hinüberzuwechseln. Seine Trojaner waren dort immer noch am Werk und so konnte er in den NSA-Servern ein- und ausgehen, wie es ihm beliebte.
    »Sie ist noch in Illusion.«
    Agaf, der im Innenhof ungeduldig hin und her gelaufen war, kehrte zur Bank zurück und blickte auf den farbigen Flachbildschirm. Was er dort sah, sagte ihm wenig.
    »Dann kapp die Leitung oder was du auch machen musst, um sie zurückzuholen.«
    »Gleich.« Mark drückte einige Buttons. »Sie hat Kontakt zu jemandem aufgenommen. Das liest sich ganz sonderbar, fast wie die Geheimsprache Jessicas – und doch wieder anders. Anscheinend hat jemand ihr Idiom weiterentwickelt.«
    »Darum können wir uns später kümmern. Hol sie jetzt endlich zurück, Mark.«
    »Du hast Recht.«
    Mark wählte mit der Maus ein weiteres, beinahe schwarzes Bildschirmfenster aus. Nur ein Cursor, eine kleine blinkende Leuchtmarke war zu sehen. Er tippte den Befehl »hitback 7« ein und drückte die Bestätigungstaste.
    »Seltsame Anweisung«, murmelte Agaf.
    »Damit wird die aktive Verteidigung meines SKULL-Systems gesteuert«, erläuterte Mark. »Der Hit-Back-Befehl besitzt mehrere Stufen. Mit Level sieben setze ich das Zielsystem außer Kraft.«
    »Das Intruder-Netzwerk wird abstürzen?«
    Mark nickte und deutete auf ein anderes Bildschirmfenster, auf dem soeben die Meldung »Connection lost« erschienen war. »Es ist gerade abgestürzt. Von nun an schaut Stella nur noch in einen dunklen VR-Helm. Ich hoffe, sie bekommt keinen Schock.«
    »Auf jeden Fall wird man die Mission für beendet erklären und sie wieder aufwecken.«
    Mark nickte ernst. »Ja, das ist im Augenblick das Wichtigste. Stella muss wieder erwachen – und zwar bei klarem Verstand.«
     
     
    Die Musik konnte von einem Dudelsack stammen. Aber sicher war sie sich nicht. Das quäkende Geräusch klang wie die Untermalung zu einem festlichen Gelage am Hof von König Artus. Und jetzt glaubte Stella auch andere Instrumente zu hören.
    Außerdem gab es da Stimmen. Nicht viele. Dafür sprachen sie alle durcheinander. Kein Wort war zu verstehen. Sie öffnete die Augen, was ihr nicht leicht fiel, weil irgendein Witzbold Bleigewichte an ihre Lider gehängt hatte. Was sie erblickte, ließ sie sofort wieder Zuflucht in der Blindheit suchen.
    Sie hatte ein seltsames düsteres Gewölbe gesehen, das durch Fackeln außerhalb ihres Gesichtsfeldes nur ungenügend erleuchtet wurde. Das flackernde Licht der Feuer hatte unruhige Schatten auf feuchtes Mauerwerk geworfen. Einige dieser Silhouetten schienen Folterwerkzeugen zu gehören, der Umriss einer Streckbank war nicht zu verkennen.
    Stella hatte Angst. War sie vielleicht selbst

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