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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Reaktionsfähigkeit werden sogar eher noch verstärkt.«
    »Und was passiert, wenn ich in dem Wachtraum drin bin?«
    »Das hängt ganz von dir ab. Von den bisherigen Cybernauten wissen wir, dass sie am Anfang nur Dunkelheit wahrnahmen. Erst allmählich schuf ihre Vorstellungskraft Bilder, die den Cyberspace mit Leben erfüllten…«
    »Alles klar, Mrs. Shoemaker?«, knarrte DiCampos Stimme aus einem Lautsprecher. Dem Projektleiter im Zuschauerraum schien die Vorstellung nicht schnell genug beginnen zu können.
    »Sie werden sich schön gedulden, bis wir hier fertig sind«, donnerte Gwen über die Schulter. Im Labor waren mehrere Mikrofone angebracht, die ihren drohenden Ton in High-Fidelity-Qualität ins Auditorium übertrugen. Eine Antwort von DiCampo blieb aus.
    »Der Italiener kann einem mit seiner Ungeduld manchmal ganz schön auf die Nerven gehen«, raunte Gwen ihrer Anvertrauten zu.
    Stella zwang sich zu einem Lächeln.
    »Kann’s jetzt losgehen, Kindchen?«
    Stella schluckte. Dann nickte sie.
    »Also gut. Sobald du dein Nasenspray inhaliert hast, setze ich dir den VR-Helm auf. Heute werden wir zum ersten Mal die NAR-Sonde benutzen, um deine Neuronenaktivität zu stimulieren. Keine Sorge, auch das ist völlig schmerzfrei. So, und jetzt bist du dran.«
    Stella ließ ihren Blick noch einmal durch den Raum schweifen. Sie sah die Techniker an den Kontrollpulten, die Computeranlage zu ihrer Rechten und links die dunkle Glasscheibe mit den schemenhaften Zuschauern dahinter. Auch Salomon war dort, obwohl er viel lieber hier neben ihr gestanden hätte. Aber in diesem Punkt hatte DiCampo nicht mit sich handeln lassen.
    Während sie langsam das wie eine Tülle geformte Ende des braunen Glasfläschchens in ihr linkes Nasenloch einführte, blickte sie Hilfe suchend in die braunen Augen der athletischen Ingenieurin an ihrer Seite. Gwen lächelte ihr ermutigend zu. Stella drückte den Sprühmechanismus zusammen und spürte, wie sich unmittelbar darauf der feine Nebel des Wirkstoffs auf ihre Schleimhäute legte. Sie wiederholte den Vorgang am anderen Nasenloch.
    Gwen nickte zufrieden, nahm Stella den Flakon aus der Hand und sagte wie zum Abschied: »Alle bisherigen Cybernauten waren Männer. Du bist das erste Mädchen. Ich wünschte, ich könnte an deiner Stelle sein. Ich bin stolz auf dich, Stella.«
    Dann stülpte sie Stella den VR-Helm über – und es wurde dunkel um sie herum.

 
    ILLUSION
     
     
     
    Es war ein eigenartiges Gefühl. Schwer zu beschreiben, weil es jeder Erfahrung hohnsprach, die Stella bisher gemacht hatte. Manchmal fürchtete sie sich, wenn sie des Nachts allzu bewusst merkte, wie der Schlaf sie übermannte. Ein wenig von dieser Angst fühlte sie auch jetzt.
    Doch nun zog ein leises Rauschen wie von einem fernen Ozean ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie wusste, dass der im VR-Helm eingebaute Kopfhörer praktisch sämtliche Laborgeräusche aussperrte – wahrscheinlich hörte sie nur ihr eigenes Blut durch die Adern strömen. Eine wohlige Wärme stieg in ihr auf, ein durchaus angenehmer Zustand…
    Stella hatte ihre anfängliche Furcht vergessen. Aber die Finsternis störte. Sie hatte das Gefühl, in einer großen Höhle zu stehen, spürte, wie gewaltig dieser Felsendom sein musste, obwohl sie nicht einmal die Hand vor Augen sah.
    »Ist da jemand?«, rief sie, nur so zum Test. Ihre Stimme hallte mehrmals wider.
    Und prompt kam eine Antwort: »Wir sind bei dir, Stella. Habe keine Angst.«
    »Hab ich ja gar nicht. Ich kann nur nichts sehen.«
    »Du bist jetzt in der virtuellen Welt. Sie existiert nur in dir selbst. Alles dort ist nur Illusion, deine Phantasie. Lass ihr freien Lauf und die Dunkelheit wird verschwinden.«
    Nur Illusion? , dachte Stella. Sie musste daran denken, was ihr Salomon über das Internet erzählt hatte, über die Städte, die Webmaster, die Wasserstraßen.
    Ganz leise nur, zuerst kaum wahrnehmbar, vernahm sie ein Geräusch. Es hörte sich an wie das Durcheinander vieler Stimmen: Menschen auf einem Marktplatz! Noch immer war es dunkel um Stella herum und deshalb tastete sie nach einem Vorhang oder einer Tür, um in die selbstgeschaffene Welt, das Reich ihrer eigenen Vorstellung zu gelangen.
    Plötzlich fühlte sie – ganz deutlich – einen kühlen metallischen Griff in ihrer Hand. Er war rund, wie die Knäufe an jenem Ort, den sie zuletzt besucht hatte (der Name war ihr seltsamerweise entfallen). Sie drehte ihn und – siehe da! – eine Tür schwang auf.
    Stella blickte auf einen

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