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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Glück.«
    Tante Ellie wurde bleich. Für einen Moment ließ sie den Kopf hängen. Dann zog sie eine zusammengefaltete Nachricht aus der Schürzentasche. »Hier«, sagte sie und reichte sie ihm. »Die hat sie für dich auf dem Kopfkissen gelassen. Ich habe sie schon gelesen. Ich hätte gern, daß du sie laut liest, damit auch Audrina es hört.«
    »Ich hab’keine Lust, sie zu lesen, Elsbeth. Sie ist deine Tochter, und ich bin sicher, sie schreibt nichts, was meinen Tag fröhlicher machen würde.«
    So reichte Elsbeth die Nachricht mir. Tränen traten mir in die Augen, als ich las, was sie geschrieben hatte.
    »Warte, Papa«, rief ich, als er aufstand und sein Jackett anzog. »Du mußt das hören, zum Wohl deiner eigenen Seele.«
    Aus irgendeinem Grund blieb er stehen, schien sich nicht wohl zu fühlen, als er das Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagerte. Es sah mich nicht an, als ich las:
    »Lieber Papa, Du hast mir nie erlaubt, Dich so zu nennen, auch nicht Vater. Aber diesmal werde ich nicht gehorchen und werde Dich Papa nennen, wie Audrina es tut. Du bist mein Vater, und Du weißt es, meine Mutter weiß es, Audrina weiß es, und ich weiß es.
    Als ich noch sehr jung war, wünschte ich mir nichtsweiter, als daß Du mich liebst. Nachts lag ich wach und schmiedete Pläne für all die guten Sachen, die ich tun wollte, damit Du mich wenigstens bemerkst, sagst: ›Danke, Vera.‹ Aber es ist mir nie gelungen, Deine Zuneigung zu erringen, wie sehr ich mich auch bemüht habe, und deshalb habe ich es bald aufgegeben.
    Ich habe Deine Frau beobachtet, um zu lernen, so zu sein, wie sie war–sanfte Stimme, immer gut gekleidet und nach Parfüm duftend, und du hast mich geschlagen, weil ich ihr Parfüm benutzt habe, hast mich verprügelt, weil ich meine guten Kleider anhatte wenn ich spielte. Du hast mir aus allen möglichen Gründen den Hintern versohlt. Also habe ich aufgehört zu versuchen, Dir zu gefallen, vor allem, nachdem Du ›Deine süße Audrina‹ bekommen hast, die keinen Fehler machen konnte. Sie hat Dir in jeder Beziehung und immer gefallen.
    Wenn Du dies liest, bist Du zweifellos froh darüber, mich losgeworden zu sein, denn Du hast mich ja nie haben wollen. Ich bin sicher, Du würdest Dich freuen, mich tot zu sehen. Aber so leicht verschwinde ich nicht. Ich komme wieder, Damián Adare, und jeder, der mich zum Weinen gebracht hat, wird zehnmal mehr weinen, als ich es je tat.
    Ich will in diesem Brief keine Geheimnisse ausplaudern, aber der Tag wird kommen, an dem all die Deinen ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden. Verlaß Dich darauf, lieber Papa. Träum davon. Denk an meine dunklen Augen, die genauso aussehen wie Deine, und frage Dich, was auf Dich und die Deinen wartet. Und vor allen Dingen vergiß nicht, daß Du allein es herausgefordert hast, weil Du herzlos und grausam warst Deinem eigenen Fleisch und Blut gegenüber.
    Jetzt ohne Liebe werde ich dennoch die Tochter sein, die Dir am besten dient…und am längsten.
    Vera«
    Langsam, ganz langsam drehte Papa sich um und starrte mich an. »Warum wolltest du, daß ich das höre? Audrina. Liebst du mich auch nicht?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete ich leise und unsicher. »Ich finde nur, du schuldest ihr eine Menge, was sie nie bekommen hat. Vera ist fort, Papa,–und sie hat dir die Wahrheit gesagt. Du hast nie zugehört, wenn sie gesprochen hat. Du hast versucht, sie nicht zu sehen. Du hast nie mit ihr geredet, außer um ihr zu befehlen, dies oder jenes zu tun. Papa, wenn sie deine Tochter ist, bist du ihr dann nicht etwas schuldig? Wären ein bißchen Freundlichkeit und ein bißchen Liebe zu viel gewesen?«
    Papa reckte seine breiten Schultern. »Du hast Veras Ansicht gehört, Audrina, nicht meine. Ich denke nicht daran, mein Handeln zu verteidigen. Ich werde nur das eine sagen: Hüte dich vor dem Tag, an dem Vera in unser aller Leben zurückkehrt. Knie heute abend nieder und bete, daß sie fernbleibt. Wäre nicht deine Tante gewesen, hätte ich sie schon lange in ein Internat gegeben, schon vor langer, langer Zeit. Es gibt Menschen, die sollten besser nie geboren werden.«
    Ohne mit der Wimper zu zucken, sah er meiner Tante in die Augen. Ich bildete mir ein, ihre dunklen Blicke wie Schwerter aneinanderprallen zu hören. Sie war es, die die Augen als erste niederschlug. Dann ließ sie den Kopf hängen, so tief, daß ihr langer, gerader Scheitel zu sehen war. Ihre Stimme war leise und dünn, als sie sprach. »Du hast genug gesagt, Damián.

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