Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
Nägel, einschließlich der Zehennägel, neu. Jetzt, wo mein Haar vollkommen trocken war, mußte ich warten, daß auch meine Nägel trockneten. Als der Lack fest genug zu sein schien, nahm ich vorsichtig die Lockenwickler aus den Haaren und bürstete es zu losen, weichen Wellen aus. Ich besprühte mich mit Eau-de-Cologne, bestäubte mich mit Talkumpuder, und schließlich zog ich ein hübsches Nachthemd über. Dummkopf, Dummkopf, schimpfte ich mich selbst, weil ich solche Angst davor hatte, zu meinem Ehemann zu gehen.
    Ich zupfte an dem verführerischen Nachthemd, das Billie mir zu meinem letzten Geburtstag geschenkt hatte, und wünschte, es wäre weniger durchsichtig–wenngleich ich vermutete, daß sie es mir gerade deswegen geschenkt hatte. Dazu gehörte ein passender Frisiermantel in Violett, mit cremefarbener Spitze besetzt, der nichts, aber auch gar nichts, verbarg. Nachdem ich alles getan hatte, was mir überhaupt eingefallen war, setzte ich mich auf den Rand der Badewanne und starrte die geschlossene Tür an. Ich hatte Angst davor, sie zu öffnen und hindurchzugehen.
    Immer wieder sah ich jetzt Mammi vor mir, die so ähnlich ausgesehen hatte wie ich, nur älter. Ich dachte an Papa und den Gürtel, den er als Peitsche benutzt hatte. Wieder sah ich alles vor mir, was der ersten Audrina zugestoßen war, an jenem schrecklichen Tag im Regen, als sie tot unter dem Goldregen gefunden worden war. Ein Kind zu vergewaltigen–das war nicht richtig, nicht fair. Ich fing an zu zittern, und Schweiß näßte meine Achseln trotz des Deodorants. Ich sah Vera mit Lámar Rensdale über den Boden rollen, sah die gewaltsamheftige Art, wieer sie genommen hatte, wie ein brünstiges Tier. Ich konnte das nicht. Ich wollte das nicht!
    Ich stand auf und öffnete meinen Mantel–ich konnte mich ihm nicht in diesem Aufzug zeigen.
    »Audrina«, rief Arden aus dem Zimmer, und seine Stimme hörte sich verärgert an, »warum brauchst du denn so lange? Du bist jetzt schon seit Stunden da drin.«
    »Nur noch fünf Minuten«, antwortete ich nervös. Das hatte ich schon zweimal gesagt. Ich fummelte an meinem Haar herum, dann am Frisiermantel, nahm ihn ab, überlegte, ob ich mich wieder vollständig ankleiden sollte. Ich kaute an meinen Fingernägeln, eine Gewohnheit, die ich schon vor langer Zeit abgelegt hatte. Wieder sagte ich mir, daß Arden mich kannte, seit ich sieben Jahre alt war, daß er mich im Spiel- und im Badeanzug gesehen hatte, bei allen möglichen Gelegenheiten…aber noch nie hatte er mich in einem durchsichtigen Nachthemd gesehen…Aber er war jetzt schließlich mein Mann! Warum sollte ich mir da Sorgen machen? Ich würde nicht tot unter einem Goldregen enden oder auf dem Boden, und er würde auch nicht seinen Gürtel benutzen…oder?
    »Noch eine Minute«, erinnerte mich Arden. »Diesmal nagle ich dich auf deinem Versprechen fest. Keine Entschuldigung mehr!«
    Sein Ton war so grimmig, daß er mir angst machte. Nie zuvor hatte seine Stimme so hart geklungen. Es war fast, als hörte ich Tante Mercy Mary, Tante Elsbeth und Mammi sagen: Einen Mann kennt man erst, wenn man mit ihm verheiratet ist.
    »Ich beobachte den Sekundenzeiger«, informierte er mich. »Du hast jetzt noch dreißig Sekunden. Wenn du nicht kommst, wie du es versprochen hast, komme ich rein. Und wenn ich die Tür eintreten muß, ich komme! «
    Ich wich an die Wand zurück. Mein Herz hämmerte wild. Dann trat ich einen Schritt näher zur Tür, schickte ein Stoßgebet für die Seele meiner Tante zum Himmel und bat um Vergebung dafür, daß ich nicht an ihrer Beerdigung teilgenommen hatte.
    »Deine Zeit ist um!« brüllte er. »Mach Platz–ich komme!«
    Er würde sich verletzen, wenn er Anlauf nahm und sich dann gegen die Tür warf. Zweimal hatte er schon gegen die Tür getreten, aber sie hatte nicht nachgegeben. Ich hörte ihn fluchen und vermutete, daß er sich gegen die Tür werfen würde. Hastig drehte ich den Knauf um und riß die Tür auf.
    Es war wirklich Pech, daß er sich gerade in dieser Sekunde vorwärts warf. Er donnerte gegen die Kachelwand gegenüber der Tür, glitt daran zu Boden und blieb dort liegen. Er sah aus, als wäre er völlig verblüfft und als hätte er entsetzliche Schmerzen.
    Ich eilte zu ihm, kniete neben ihm nieder. »O Arden, es tut mir so leid, so schrecklich leid. Ich wußte doch nicht, daß du wirklich versuchen würdest, die Tür einzurennen.«
    Zu meiner Überraschung lachte er und griff nach mir. Dann überhäufte er mich mit

Weitere Kostenlose Bücher