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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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glücklichere, heißere Sommer erinnern, und doch sah ich sie nicht deutlich vor mir. Ich schob eine Praline in den Mund, obwohl wir noch zu Abend essen mußten. Dieser August kam mir eher wie ein Oktober vor, ja, wirklich.
    Als hätte er mich rufen gehört, kam Papa heraus und setzte sich neben mich. Er atmete den Wind tief ein, wie er es immer tat. Eine alte Angewohnheit aus seiner Zeit bei der Marine, hatte er mir oft erklärt.
    »Papa, warum fliegen diese Gänse nach Süden, wenn es noch Sommer ist? Ich dachte, sie fliegen erst im Spätherbst.«
    »Ich vermute, daß die Gänse mehr über das Wetter wissen als wir, und sie versuchen uns etwas zu sagen.«
    Sanft streichelte er mir übers Haar.
    Ich wollte gerade noch eine Praline essen, als er sagte: »Iß nicht mehr als eine davon.«
    Seine Stimme war immer viel sanfter, wenn er mit mirsprach, freundlicher, als wären meine Gefühle so empfindlich wie Veras Knochen. »Ich habe gesehen, wie eifersüchtig du geschaut hast, als ich Vera einen Kußgegeben habe. Du hast die Geschenke übelgenommen, die ich ihr gemacht habe. Aber irgend jemand muß sie trösten, wenn sie leidet. Und du weißt doch, daß nur du das Licht meines Lebens bist.«
    »Du hast die erste Audrina lieber gehabt«, würgte ich heraus. »Ich werde nie so sein wie sie, Papa, ganz gleich, wie oft du mich in diesem Stuhl schaukelst. Warum muß ich denn so sein wie sie? Warum kannst du mich nicht nehmen, wie ich bin?«
    Mit dem Arm um meine Schultern erklärte er mir wieder, daß er mir nur Selbstvertrauen schenken wollte. »In diesem Stuhl ruht ein Zauber, Audrina. Ich liebe dich, so wie du bist. Ich möchte dir nur darüber hinaus noch etwas geben, das sie nicht mehr braucht. Wenn du gebrauchen kannst, was sie hatte, warum nicht? Dann würde sich dein Gedächtnis, das jetzt noch wie ein Sieb ist, füllen, und ich würde mich so für dich freuen.«
    Ich glaubte nicht daran, daß man aus diesem Stuhl etwas gewinnen konnte. Es war nur wieder eine weitere Lüge, die mich mit Entsetzen und ihn mit Hoffnung erfüllte. Seine Stimme nahm einen bittenden Ton an. »Ich brauche jemanden, der von ganzem Herzen an mich glaubt, Audrina. Ich brauche von dir das Vertrauen, das sie mir geschenkt hat. Das ist die einzige Gabe, die dir fehlt. Ihre Art, Vertrauen in mich zu setzen, an mich zu glauben wie an sich selbst. Deine Mutter liebt mich, das weiß ich.
    Aber sie glaubt nicht an mich. Jetzt, wo meine erste Audrina nicht mehr ist, brauche ich dich, damit du mir das gibst, was einst in mir das Gefühl erweckt hat, rein und wunderbar zu sein. Ich möchte, daß du mich so brauchst, wie sie mich gebraucht hat. Mir vertraust, wie sie mir vertraut hat. Denn wenn du nur das Beste erwartest, dann wirst du auch nur das Beste bekommen.«
    Das war nicht wahr! Ich riß mich aus seiner Umarmung. »Nein, Papa. Wenn sie wirklich nur das Beste erwartet hätte und wenn sie dir so vertraut hat, warum ist sie dann gegen deinen Willen in den Wald gegangen? Hat sie das Beste erwartet an dem Tag, als sie tot unter dem Goldregen gefunden wurde?«
    »Wer hat dir das erzählt?« fuhr er mich scharf an.
    »Ich weiß es nicht!« rief ich, verwirrt, als ich meine eigenen Worte hörte. Ich wußte nicht einmal, was ein Goldregen war. Sein Gesicht senkte sich in mein Haar, während seine Hände meine Schultern so fest umklammerten, daß es schmerzte. Als er schließlich Worte fand, hörte es sich an, als wäre er meilenweit entfernt, wie der warme Ort, zu dem diese Gänse gezogen waren. »In gewisser Weise hast du recht. Vielleicht hätten deine Mutter und ich sie eindringlicher warnen sollen. Aber wir waren einfach verlegen und haben unserer ersten Audrina nicht genug erzählt. Aber nichts davon war ihre Schuld.«
    »Nichts wovon, Papa?«
    »Abendessen«, rief Mammi, als hätte sie zugehört und genau gewußt, wann es Zeit war, unsere Unterhaltung zu unterbrechen. Meine Tante saß bereits an dem runden Tisch im Eßzimmer der Familie und machte ein finsteres Gesicht, als Papa Vera ins Zimmer trug. Vera sah sie ebenso funkelnd an. Meine Tante schien ihre Tochter nur zu mögen, wenn sie nirgends zu sehen war. In Gegenwart von Papa konnte sie so grausam zu Vera sein, daß sogar ich zusammenzuckte. Zu mir war sie nicht so gemein. Meistens behandelte sie mich gleichgültig, außer wenn es mir gelang, sie irgendwie zu verärgern, was häufig der Fall war.
    Papa zog Vera an sich, ehe er am Kopf der Tafel Platznahm. »Fühlst du dich schon besser,

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