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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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stieß ich den Karren in Richtung Küche.
    An diesem Abend hoben Papa und Arden das purpurrote Sofa hoch, auf dem Vera noch immer lag wie eine Kleopatra, und trugen sie ins Eßzimmer, wo sie mit uns aß.
    Ich haßte es, sie auf Mammis Sofa zu sehen, aber da lag Vera nun Tag für Tag, las dieselben Taschenbücher, die Mammi Jahre zuvor verschlungen hatte.
    Sylvia zog sich in sich selbst zurück, weigerte sich, das Spielzimmer zu betreten und sich unterrichten zu lassen. Weil Papa seine Feinschmeckermahlzeiten haben mußte und Billie nicht mehr dadurch erleichtert werden konnte, daß sie mit ihm in Restaurants essen ging, tat sie nichts anderes als kochen. Ich erledigte die übrige Hausarbeit, auch die Wäsche, während Arden tat, was er konnte, sobald er abends heimkam. Papa war immer zu beschäftigt oder zu müde, um irgend etwas anderes zu tun, als zu reden oder fernzusehen.
    Einen Monat nach Neujahr führte ich Sylvia erneut ins Spielzimmer, um ihren Unterricht fortzusetzen. »Tut mir leid, daß ich dich vernachlässigt habe, Sylvia. Wenn Vera sich nicht das Bein gebrochen hätte, würdest du inzwischen bestimmt schon lesen können, darum möchte ich wetten. Also fangen wir noch einmal da an, wo wir aufgehört haben. Wie ist dein Name?«
    Wir hatten die Tür zum Spielzimmer erreicht, und zu meiner wie auch Sylvias Überraschung saß Billie im Schaukelstuhl. Sie wurde rot, als wir sie ertappten. »Es ist albern, ich weiß, aber wenn in diesem Stuhl wirklich Magie steckt, dann möchte ich ein klein bißchen davon für mich.«
    Sie sah sehr hübsch und mädchenhaft aus, und dann kicherte sie. »Lacht nicht. Aber ich habe einen Traum, einen wundervollen Traum, der mich fast ständig beschäftigt. Ich hoffe, daß dieser Stuhl dazu beitragen wird, den Traum zu verwirklichen.«
    Sie lächelte mich unsicher an. »Ich habe deinen Vater gefragt, und er hat gesagt, alles wäre möglich, wenn man nur fest genug daran glaubte. Und da bin ich nun…und glaube daran.«
    Sie lächelte und streckte die Arme aus. »Komm, Sylvia, ich nehme dich auf den Schoß. Sei heute mein kleines Mädchen und sag mir deinen Namen.«
    »Neeiin!« heulte Sylvia laut genug, um Vera auf den Krücken herbeihumpeln zu lassen, die der Arzt ihr jetzt gegeben hatte.
    »Bööös!« kreischte Sylvia und zeigte auf Vera. »Bööös!«
    Sylvia wollte nicht auf Billies Schoß sitzen, aber an einem anderen Tag fand Papa uns beide zusammen schaukeln und singen. »Nur du, mein Liebling«, sagte er, sah mich dabei an und niemals Sylvia. »Schaukle du allein, werde zu dem leeren Kelch, der alles aufnimmt, was wundervoll ist.«
    Ich ignorierte ihn, hielt ihn für einen Narren, was dieses spezielle Thema anging. Ich wandte mich Sylvia zu, wollte vor Papa mit ihr angeben. »Liebling, sag Papa deinen Namen.«
    Erst einen Moment zuvor hatte sie ihn gesagt, ehe wir mit dem Singen begannen. »Und sag ihm auch, wie ich heiße.«
    Meine kleine Schwester auf meinem Schoß ließ ihre schönen, manchmal schrecklichen Augen leer werden, sah einfachdurchihnhindurch,undirgendeinunverständliches Brabbeln kam über ihre Lippen. Ich hätte weinen können. Ich hatte so hart gearbeitet, hatte auf so viele Ausflüge mit Arden verzichtet, um Sylvia zu unterrichten. Und jetzt weigerte sie sich, mir den Lohn zu geben, den ich meiner Meinung nach verdient hatte.
    »Ach, du vergeudest deine Zeit«, meinte Papa angeekelt, »gib es auf.«
    Mein Mann kam selten vor neun, zehn Uhr abends heim. Oft verpaßte er das Abendessen und erklärte das damit, daß er so viel Papierkram zu erledigen hätte und so viel lesen müßte, um auf dem laufenden zu bleiben. »Und daheim werde ich immer so abgelenkt«, meinte er ausweichend. »Aber mach jetzt Damián keine Vorwürfe. Es ist nicht seine Schuld, sondern meine eigene. Ich begreife das alles einfach nicht schnell genug.«
    Schon am nächsten Abend brachte Arden viele Zeitungen mit. Finanzberichte, Finanzratgeber, Börsenberichte–mehr Arbeit, als Papa ihm je zuvor übertragen hatte. Um zwei Uhr früh wachte ich auf und sah Arden noch immer an dem kleinen Tisch in unserem Schlafzimmer sitzen, lesen, Notizen machen. Seine Augen waren müde und blutunterlaufen.
    »Komm ins Bett, Arden.«
    »Geht nicht, Süßes.«
    Er gähnte und lächelte zu mir herüber. So erschöpft er auch war, er verlor doch nie die Geduld mit mir oder Papa. »Heute ist dein Vater irgendwohin gereist. Er hat die Firma in meiner Obhut zurückgelassen. Ich konnte mich nicht um meine

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