Das Netz
Vollprofi.«
»Und was ist das für eine heiße Spur, von der Sie da sprechen?«, fragte Tweed.
»Das verrate ich Ihnen später.«
»Warum haben Sie Ihren Job als Polizeipräsident eigentlich aufgegeben?«, fragte Paula.
»Weil die Politiker mir vorschreiben wollten, was ich zu tun und zu lassen habe. Und als mir dann noch klar wurde, dass die Korruption in Belgien mittlerweile fast schon etwas Alltägliches ist, habe ich den Dienst quittiert.«
»Monsieur Beaurain, was halten Sie eigentlich vom Verschwinden von Mrs Warner?«, fragte Buchanan.
»Meiner Meinung nach wurde sie ermordet. Und ich kann nur hoffen, dass sie davor nicht allzu sehr leiden musste.«
4
Als sie aus dem Peacock hinaus in die eisige Nacht traten, trennten sich ihre Wege. Buchanan, Tweed und Paula fuhren zurück nach London, während Beaurain, der sich in der Gegend »noch etwas umsehen« wollte, versprach, mit ihnen in Kontakt zu bleiben.
»Jules findet bestimmt heraus, was in Carpford tatsächlich vor sich geht«, sagte Tweed. »Er ist ein hervorragender Ermittler.«
»Aber gibt es dort überhaupt etwas herauszufinden?«
»Jules scheint es zu glauben. Und bisher hatte er in solchen Dingen immer eine gute Nase.«
Ihr voller Magen und die Wärme im Wagen ließen Paula bald einnicken. Im Schlaf legte sie den Kopf auf Tweeds Schulter und wachte erst wieder genau in dem Moment auf, als Buchanan vor der Park Crescent anhielt. »Sehen Sie mal, da wartet bereits ein Empfangskomitee«, sagte Paula.
Vor dem Eingang zum SIS-Gebäude stand ein Wagen, vor dem Newman, die Hände tief in den Manteltaschen vergraben, ungeduldig auf und ab ging. Am Steuer saß Marler und rauchte eine seiner King-Size-Zigaretten. Paula sah auf die Uhr. Es war 23 Uhr 15.
»Wir liegen gut in der Zeit«, sagte sie.
»Ich bezweifle, dass Newman Ihnen da zustimmen würde«, antwortete Tweed.
»Da sind Sie ja endich«, sagte Newman gereizt, als Tweed und Paula aus Buchanans Saab stiegen. »Einer von Marlers Topinformanten behauptet, dass er brandheiße Neuigkeiten hat. Marler und ich haben uns heute schon mit ihm getroffen, aber er hat darauf bestanden, mit Ihnen persönlich zu reden. Und dann kam es auch noch zu einem Zwischenfall...«
Als sie zusammen im Auto saßen, beschrieb er kurz die Auseinandersetzung in dem Etablissement in Soho. »Taliban?«, fragte Paula stirnrunzelnd. »Oder gar die El Kaida? Da geht wohl Ihre Fantasie ein bisschen mit Ihnen durch.«
»Genau dasselbe hätten Sie mir vermutlich gesagt, wenn ich Ihnen den Anschlag auf das World Trade Center in New York vorhergesagt hätte.«
»Aber Sie haben ihn nicht vorhergesagt.«
»Fahren wir endlich, Bob«, sagte Tweed. »Mit Paula streiten können Sie auch hinterher. Wo soll das Treffen denn überhaupt stattfinden?«
»In der Monk’s Alley bei Covent Garden.«
»Nicht gerade das sicherste Pflaster«, sagte Tweed.
»Sollte Paula dann nicht lieber hier bleiben?«, fragte Newman.
»Bob Newman, jetzt sage ich Ihnen mal was: Ich bin kein kleines Mädchen mehr. Monk’s Alley soll gefährlich sein? Dass ich nicht lache! Was glauben Sie eigentlich, wie gefährlich es war, als ich kürzlich ganz allein in einem Bergwerk in der Schweiz eine fünffache Mörderin gestellt habe? Also, damit das ein für alle Mal klar ist...« Sie beugte sich zu ihm nach vorn und knuffte ihn in die Schulter. »… ich lasse mir von Ihnen nicht vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe.«
Newman warf Tweed einen Hilfe suchenden Blick zu, aber der grinste bloß und sagte: »Paula hat vollkommen Recht. Und nun fahren Sie endlich, Marler...«
Die Nacht war so bitter kalt, dass die Straßen fast menschenleer waren. Es fuhren kaum Autos, und nur wenige Fußgänger hatten sich nach draußen gewagt. Als sie sich dem Labyrinth schmaler Gässchen in der Nähe von Covent Garden näherten, vergewisserte sich Paula, dass ihre.32er Browning auch wirklich geladen war. Schließlich hielt Marler an einer finsteren Ecke, wo keine Straßenlaternen standen, an und schaltete den Motor und die Scheinwerfer aus.
»Bleiben Sie hier, bis ich die Lage gepeilt habe«, sagte er. »Wenn wir zu viert anrücken, wird Eddie womöglich misstrauisch. Einen Augenblick, ich bin gleich wieder da...«
Der Augenblick zog sich jedoch in die Länge. Nachdem Marler in der Monk’s Alley, einer schmalen, nur spärlich beleuchteten Gasse, verschwunden war, wartete Paula wie auf Kohlen darauf, dass er wiederkam. Marler weiß schon, was er tut, sagte sie
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