Das Netz
anderen seiner Kämpfer stammte. »Allah sei uns gnädig.«
Die Stimme erstarb mit einem gurgelnden Geräusch, und Ali konnte sich vorstellen, was sich auf Kahn eins abgespielt hatte.
Er überlegte kurz, dann griff er wieder zum Mikrofon des Funkgeräts.
»Hört alle her«, sagte er. »Allah stellt uns auf die Probe. Aber seid unbeirrt, wir dürfen jetzt nicht aufgeben. Ich fahre mit dem Schlauchboot zum zweiten Kahn. Lasst mir achtern eine Strickleiter herunter, damit ich an Bord klettern kann.«
Auf Alis Zeichen hin ließ einer seiner Männer ein Schlauchboot ins Wasser.
»Du übernimmst das Ruder«, sagte er zu dem Mann. »Und wenn die Ungläubigen auf euch schießen, fahr einen Zickzackkurs wie damals auf dem Nil. Allah wird dich beschützen.«
Dann kletterte er hinunter in das Schlauchboot und fuhr sofort mit laut aufheulendem Außenbordmotor los.
49
Die Einheiten des SIS und SAS hatten etwa auf halber Strecke zwischen der Westminster und der Lambeth Bridge ihre gut getarnten Stellungen bezogen. Durch ihr Nachtsichtgerät sah Paula, dass der zweite Lastkahn bereits die Lambeth Bridge passiert hatte und nun in bedrohlich schneller Fahrt den Fluss entlangkam. Außerdem sah sie, dass auch dieser Kahn am Bug eine weitere Waffe hatte, höchstwahrscheinlich einen Granatwerfer. Das Erstaunlichste aber war, dass er auf einmal vom Kurs abwich und direkt auf sie zusteuerte. »Sie ändern ihren Kurs!«, rief Paula in ihr Mikrofon.
»Ich sehe es«, antwortete Sarge.
»Aber da ist noch was. Ich kann mehrere Männer mit automatischen Waffen an Deck ausmachen. Sie verstecken sich hinter dem Dollbord.«
»Danke für den Hinweis. Ich kann sie von meiner Position aus nicht sehen«, sagte Sarge. Er dachte eine Sekunde lang nach, dann befahl er:
»Niemand schießt ohne mein Kommando. Selbst wenn Sie beschossen werden, dürfen Sie das Feuer nicht erwidern. Der Gegner will uns provozieren, damit wir unsere Position verraten. Ich wiederhole: Niemand schießt ohne mein Kommando!«
Der Kahn kam noch immer in rascher Fahrt auf die Uferpromenade zu und drehte erst im allerletzten Moment, kurz bevor der Bug gegen die Uferbefestigung gekracht wäre, ab.
»Achten Sie auf Schlauchboote«, war Buchanans Stimme über Funk zu hören. »Bis jetzt sind auf unserer Seite noch keine zu Wasser gelassen worden.«
Der Superintendent, der mit seiner Antiterroreinheit am Ufer gegenüber in Stellung gegangen war, hatte die prekäre Lage sofort erkannt.
Er hatte noch nicht richtig ausgesprochen, da eröffneten die Terroristen das Feuer auf die Uferpromenade. Weil sie nicht wussten, wo ihre Gegner lagen, ballerten sie in der Hoffnung, sie zur Erwiderung des Feuers zu provozieren, wahllos ins Dunkle hinaus.
Beaurain packte Paula an den Schultern und drückte ihren Kopf unter die Deckung. Paula biss die Zähne zusammen und wartete. Es fiel ihr schwer, weder den Gegner beobachten noch dessen Feuer erwidern zu können. Zur Untätigkeit verdammt zu sein, war für sie mit das Schlimmste, was ihr passieren konnte. Tweed hingegen, der direkt neben ihr hinter der Deckung kauerte, schien die Ruhe selbst zu sein.
Auf einmal hörte Paula einen leisen Schrei und sah, dass Butler sich an die Schulter fasste. Er war offensichtlich getroffen worden. Vorsichtig kroch sie zu ihm hinüber und kramte ein Verbandspäckchen aus ihrer Schultertasche.
»Ist nicht weiter schlimm«, sagte Butler.
»Still, die Wunde muss versorgt werden.«
Mit einer Schere schnitt sie ein Stück aus Butlers Lederkombi heraus und säuberte die Wunde. Erleichtert stellte sie fest, dass es nur ein Streifschuss war.
»Sehen Sie? Es ist nichts«, sagte Butler lächelnd.
Paula desinfizierte die Wunde, legte eine sterile Kompresse darauf und fixierte sie anschließend mit Leukoplast.
»Schonen Sie den linken Arm«, sagte sie zu Butler, während eine weitere Geschossgarbe über ihren Köpfen hinwegpfiff.
»Mache ich. Und vielen Dank!«
Auf einmal erschütterte eine gewaltige Explosion ihre Stellung. Offenbar feuerte man vom Kahn aus mit einem Granatwerfer auf sie. Paula zählte noch mehrere Einschläge, die aber alle nicht mehr in ihrer Nähe waren. Als dann das Feuer längere Zeit schwieg, hob sie vorsichtig den Kopf und schaute hinaus auf den dunklen Fluss.
Der Lastkahn hatte mittlerweile vom Ufer abgedreht und steuerte jetzt wieder hinaus in die Mitte des Stroms. Von dort aus nahm er direkten Kurs auf die Westminster Bridge.
»Gibt es Verluste?«, fragte Sarge über Funk, und
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