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Das Netz

Titel: Das Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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beglichen hatte, ließ er sich ein Taxi rufen und gab dem Fahrer als Ziel das Pirelli-Gebäude an.
    »Was glauben Sie, wann wir in Verona ankommen?«, fragte Paula leise, während sich das Taxi durch den dichten Verkehr quälte.
    »Schätzungsweise am späten Nachmittag. Hoffentlich so rechtzeitig, dass wir uns am vereinbarten Treffpunkt noch etwas umsehen können. Der Zug hält vor Verona übrigens nur zwei Mal: in Brescia und Desenzano, einem Hafenort am Gardasee.«
    »Haben Sie den Eindruck, dass es unterwegs Ärger geben wird?«
    »Ich gehe davon aus, dass wir in Italien nur Ärger haben werden.«
    »In Verona auch?«
    »Vor allem in Verona. Ich werde das Gefühl nicht los, dass unser Gegner über ein weit gespanntes Netzwerk verfügt. Auch das ist übrigens ein deutlicher Hinweis darauf, dass wir es mit der El Kaida zu tun haben könnten.«

15
    Der Schnellzug nach Venedig glitt aus der Halle des Mailänder Bahnhofs hinaus in die gleißende Sonne des Nachmittags. Eine ganze Weile fuhr er an Vorstädten mit tristen Hochhäusern vorbei, auf deren Balkonen Wäsche zum Trocknen hing.
    »Sieht aus wie in jeder x-beliebigen Großstadt. Ich bin froh, dass wir Mailand den Rücken kehren«, sagte Paula zu Beaurain.
    »Sie haben die schönen Seiten der Stadt noch nicht gesehen, Paula«, entgegnete Beaurain. »Die galleria zum Beispiel. Dort finden Sie ein exklusives Geschäft neben dem anderen, und die Damen der feinen Gesellschaft gleich dazu.«
    Außer ihnen saßen nur noch wenige andere Fahrgäste in dem Großraumwagen der ersten Klasse. Bald hatte der Zug die Stadt hinter sich gelassen und fuhr durch offene Landschaft, wo sich kahle Felder, die flach wie Billardtische waren, bis zum Horizont erstreckten. Dann wieder sah Paula weite Wasserflächen, aus denen zarte, grüne Schösslinge hervorschauten.
    »Was ist denn das?«, fragte Paula.
    »Das sind Reisfelder«, sagte Beaurain. »Hier in der Poebene wächst ein wunderbarer Arborio-Reis, der sich hervorragend für Risotto eignet.«
    Ein gut gekleideter Mann mit einem breitkrempigen Hut ging an ihnen vorbei. Weil der Zug in diesem Augenblick besonders stark ruckelte, verlor er das Gleichgewicht und fiel halb auf Beaurain, der ihm half, sich wieder aufzurichten.
    »Ich bitte vielmals um Entschuldigung«, sagte der Mann und zog seinen Hut.
    Dann ging er weiter, wobei er sich an den Lehnen der Sitze abstützte. Schließlich setzte er sich einige Reihen weiter vorn hin. Beaurain sah ihm nach, knuffte Paula in die Seite und räusperte sich. Als Paula ihn ansah, legte er einen Zeigefinger auf die Lippen und flüsterte leise:
    »Wir steigen in Brescia aus.«
    Paula runzelte die Stirn und fragte sich, was das wohl alles sollte, sagte aber nichts. Beaurain fasste an die Außenseite seines Sitzes, riss etwas ab und steckte es ein. Dann stand er auf und ging langsam nach vorn, bis er neben dem Passagier mit dem breitkrempigen Hut stand. Als der Zug wieder ruckelte, tat er so, als würde auch er das Gleichgewicht verlieren und schlug dabei dem Mann mit dem Hut seinen Ellbogen derart kräftig ins Gesicht, dass dieser ohnmächtig wurde.
    Beaurain schlenderte langsam zu Paula zurück, die ihn fragend ansah.
    »Was war denn das?«
    Beaurain setzte sich wieder neben sie und zog etwas aus seiner Tasche. Als er die Hand öffnete, sah sie einen kleinen Gegenstand mit silberfarbener Oberfläche.
    »Als der Mann mich vorhin anrempelte, hat er dieses Ding da an meinem Sitz befestigt. Es handelt sich dabei um eine Wanze mit einem winzigen Sender. Und der Typ hatte den passenden Empfänger dazu im Ohr. Sah aus wie ein Hörgerät.«
    »Wir scheinen den Gegner einfach nicht abschütteln zu können«, sagte Paula nervös.
    »Aber jetzt glaubt er, dass wir in Brescia aussteigen. Und er wird mit Sicherheit schon einige Zeit vorher aufwachen. Wenn wir in Brescia einfahren, stehen wir auf, nehmen unsere Koffer und warten im Ausgangsbereich. Bestimmt wird er uns folgen.«
    »Und was machen wir dann?«
    »Das lassen Sie mal meine Sorge sein«, sagte Beaurain mit einem hinterhältigen Grinsen.
    Paula sah wieder aus dem Fenster. Über den Reisfeldern hingen Nebelschwaden, die sich in der Sonne langsam auflösten. Alles war in ein milchig-weiches, warmes Licht getaucht, das Paula gleichermaßen beruhigte und faszinierte. Sie fand diese stille, fast melancholische Landschaft so anziehend, dass sie beschloss, eines Tages wieder herzufahren und sie sich in Ruhe anzusehen. Der Mann, den Beaurain mit dem

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