Das Netz
Ihnen vorbeikommen...«
»Was wollen Sie wissen?«, fragte Pecksniff mit zittriger Stimme.
»Sie haben mir doch erzählt, dass in Carpford alle Grundstücke bis auf ein einziges dieser Firma New Age Development gehören. Welcher Makler hat den ganzen Papierkram erledigt, als die Häuser vermietet wurden?«
»Ich natürlich. Wer denn sonst?«
»Ich glaube, ich komme doch lieber noch einmal bei Ihnen vorbei. Bis gleich...«
»He, Moment mal...«
Butler legte auf, ohne den Anwalt ausreden zu lassen. »Der scheint sich ja nicht gerade auf meinen Besuch zu freuen«, sagte er.
»An diesem Carpford ist auf jeden Fall etwas faul. Wenn ich nur wüsste, was«, sagte Tweed, während er seinen Regenmantel anzog. »Nun denn. Ich muss jetzt los zu meiner Verabredung mit Eva.«
Draußen vor dem Gebäude blieb er kurz unter einer Straßenlaterne stehen und schlug den Mantelkragen hoch.
Dann setzte er sich hinter das Steuer seines Wagens und fuhr in Richtung Baker Street los. Schon nach den ersten paar Metern bemerkte er im Rückspiegel den Kühlergrill eines gigantischen Lastwagens. Das ist vielleicht ein Kaliber, dachte er und fragte sich, wie viele Tonnen dieser Leviathan wohl auf die Straße bringen mochte. Solche Monstren hatten in der Innenstadt nun wirklich nichts zu suchen, fand Tweed, der erst kürzlich hatte mit ansehen müssen, wie ein ähnlicher Laster an einer engen Kurve endlos rangiert und dadurch den gesamten Verkehr lahm gelegt hatte. Jetzt gab der Riesentruck auch noch Gas und schien ihm fast an der Stoßstange zu kleben, was Tweed überhaupt nicht mochte. Was, wenn er plötzlich bremsen musste? Konnte der Vollidiot hinter ihm sein Ungetüm dann noch rechtzeitig zum Stehen bringen? Tweed beschleunigte, um mehr Abstand zu gewinnen, aber der Sattelzug erhöhte ebenfalls die Geschwindigkeit. Was soll denn das?, fragte sich Tweed und trat das Gaspedal voll durch.
Draußen vor dem Gebäude des SIS hatte Beaurain zusammen mit seiner Bekannten namens Sally schon eine ganze Weile in seinem auffrisierten Audi gesessen und darauf gewartet, dass Tweed herauskam. Obwohl Beaurain Sally erst seit einem Monat kannte, wusste er schon, dass sie ihn bald zu Tode langweilen würde. Sie sah zwar fabelhaft aus, war aber geistig nicht gerade eine Leuchte. Wenigstens konnte sie sich halbwegs kultiviert ausdrücken und zog sich chic genug an, um sich mit ihr in Lokalen wie dem Santini sehen lassen zu können.
Sally kramte ein silbernes Zigarettenetui aus ihrer Handtasche und steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen.
»Würde es dir etwas ausmachen, im Auto nicht zu rauchen?«, fragte Beaurain höflich.
»Bist du jetzt unter die Nichtraucher gegangen, oder was?«, gab Sally ungehalten zurück.
»Nein, aber im Auto rauche ich grundsätzlich nicht, weil man dadurch beim Fahren zu sehr abgelenkt wird. Außerdem nimmt einem der Rauch die Sicht.«
»Wann fahren wir denn endlich? Ich habe Hunger.«
»Ich auch. Aber wir wollen doch nicht die ersten Gäste im Restaurant sein, oder? Dann wäre ja niemand da, um die attraktive Frau an meiner Seite zu bewundern.«
»So habe ich das noch gar nicht gesehen, Jules«, sagte Sally mit einem versöhnlichen Lächeln.
Während des ganzen Gesprächs hatte Beaurain den an der Ecke zur Euston Road geparkten Sattelzug beobachtet, dessen Fahrerkabine ein gutes Stück weit in die Straße ragte.
Ihm war auch nicht entgangen, dass der Fahrer immer dann, wenn jemand aus dem Gebäude des SIS trat, ihn sich lange durch ein Fernglas ansah. Jetzt aber, als Tweed herauskam und sich den Mantelkragen hochschlug, legte der Mann das Fernglas schnell beiseite und startete den Lastwagen. Beaurain reagierte sofort und ließ den Motor des Audi an. Sally, die seit fünf Minuten mit ihren lackierten Fingernägeln ungeduldig auf ihrer Handtasche herumgetrommelt hatte, seufzte erleichtert auf.
»Endlich!«
Beaurain fuhr los, musste aber gleich wieder bremsen, weil der Sattelzug, ohne zu blinken, direkt vor ihm ausgeschert und hinter Tweeds Wagen in die Baker Street abgebogen war. Da er den Truck auf der engen Straße nicht überholen konnte, musste Beaurain sich damit begnügen, hinter dem überlangen Monstrum herzufahren.
Als der Laster beschleunigte, wurde Beaurain auf einmal klar, dass dessen Fahrer Tweed von hinten rammen wollte. Wenn Tweed aus irgendeinem Grund die Fahrt verlangsamen musste, war es um ihn geschehen.
Beaurain wusste, dass er jetzt handeln musste, und riskierte alles. Ohne
Weitere Kostenlose Bücher