Das Netz
sagen, dass die anderen gehen müssen, wenn Ihnen ihre Anwesenheit nicht gefällt? Die Herren sind allesamt verdiente Mitarbeiter meines Ministeriums...«
»Trotzdem können sie an dieser Besprechung nicht teilnehmen«, erwiderte Tweed ungerührt. »Sie haben nur unzulängliche Kenntnisse über das, worum es hier geht.«
»Ich bestehe darauf, dass die Herren bleiben«, sagte Warner beharrlich.
»Wenn Sie das tun, fahre ich sofort zurück in die Park Crescent und berufe dort ein neues Treffen ein. Und zwar ohne Ihre verdienten Mitarbeiter.«
Tweed wandte sich an Palfry, der neben ihm stand.
»Ich habe gehört, wie Sie vorhin die Tür abgesperrt haben. Bitte sperren Sie sie wieder auf, damit wir gehen können. Ich habe keine Zeit zu vergeuden.«
An Warners Tischende wurde aufgeregt getuschelt, dann nahmen die Mitarbeiter des Sicherheitsministeriums ihre Unterlagen und marschierten im Gänsemarsch durch die von Palfry inzwischen aufgesperrte Tür. Dabei vermieden sie es geflissentlich, Tweed anzusehen. Als der Letzte draußen war, schloss Palfry wieder ab. Tweed zog den Mantel aus und setzte sich. Auch Eva, Paula und Beaurain nahmen an seinem Ende des Tisches Platz.
Warner hatte seinen Kneifer abgenommen und putzte ihn mit einem kleinen Stück Waschleder. Dabei funkelte er Tweed aus seinen kurzsichtigen Augen wütend an. Auch Tweed nahm seine Hornbrille ab und polierte die Gläser mit einem sauberen Taschentuch. Er schaffte es, sie wieder aufzusetzen, bevor Warner den Kneifer auf der Nase hatte.
»Sie lassen die Befehlsgewalt, die Ihnen der Premier übertragen hat, aber ganz schön raushängen«, sagte Warner mit überheblicher Stimme.
»Finden Sie?«, entgegnete Tweed. »Immerhin sind wir heute zu Ihnen gekommen. Ich hätte Sie auch in die Park Crescent bestellen können.«
Eva, die links von Tweed saß, flüsterte ihm mit ihrer sanften Stimme zu: »Wenn Sie einen Kaffee haben wollen, müssen Sie es nur sagen. Er ist übrigens nicht schlecht, den habe ich selbst gemacht.«
»Später vielleicht, vielen Dank.«
»Da wäre noch etwas zu klären«, sagte Warner, der offenbar immer noch nicht klein beigeben wollte. »Wenn Sie etwas gegen meine Mitarbeiter haben, dann bestehe ich darauf, dass der Herr, den Sie mitgebracht haben, ebenfalls geht.« Dabei deutete er mit einem langen, knochigen Finger auf Beaurain. »Soviel ich weiß, gehört er nicht zu Ihrem Team.«
»Darf ich vorstellen? Jules Beaurain, bis vor kurzem Chef der Brüsseler Polizei und davor Leiter der belgischen Antiterroreinheit. Er weiß vermutlich mehr über Terrorismus als alle anderen Anwesenden hier, mich eingeschlossen.«
»Na schön, wenn das so ist, kann er bleiben«, sagte Warner gnädig. »Beginnen wir also mit unserer Sitzung.« Er machte eine kurze, effekthaschende Pause. »Manchester!«, sagte er dann.
»Was ist mit Manchester?«
»Erfahrene Ermittler von der Special Branch haben von ihren Topinformanten erfahren, dass nicht London das nächste Ziel der El Kaida sein wird, sondern Manchester. Ich habe deshalb die Army angewiesen, ihre Einheiten von London nach Manchester zu verlegen.«
»Das mit Manchester kann er seiner Großmutter erzählen«, flüsterte Newman.
Eva grinste, während Paula keine Miene verzog, dafür aber Eva zublinzelte.
»Glauben Sie das wirklich?«, sagte Tweed unschuldig.
»Ich habe verlässliche Informationen erhalten, und ich bin qua Amt verpflichtet, danach zu handeln«, erwiderte Warner großspurig.
»Wie kommt es dann, dass mein Netzwerk von Informanten, das immerhin vom Premierminister persönlich erst kürzlich als das verlässlichste von allen im ganzen Lande gelobt wurde, bisher noch kein Sterbenswörtchen über Manchester in Erfahrung gebracht hat?«
»Sehen Sie!«, sagte Warner und verdrehte dramatisch die Augen. »Jetzt kehren Sie schon wieder den Oberboss heraus.«
»Als solchen habe ich mich noch nie bezeichnet. Der Premier hat mich lediglich gebeten, die Aktivitäten sämtlicher Dienste des Landes zu koordinieren.«
»Ich bleibe beim Wort Oberboss«, sagte Warner mit kindischem Trotz in der Stimme.
»Ihr Chef dreht langsam durch«, sagte Tweed leise zu Eva.
»Das ist nichts Neues«, flüsterte sie zurück. »Vielleicht sollten wir uns jetzt alle doch erst mal eine Tasse Kaffee gönnen«, fuhr sie mit normal lauter Stimme fort und winkte Palfry herbei, der neben Warner am anderen Ende des Tisches Platz genommen hatte. Dann flüsterte sie wieder in Richtung Tweed: »Eine kleine Pause
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