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Das Netzwerk

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Titel: Das Netzwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Glauben Sie mir. Ich mache den Zirkus nicht zum ersten Mal mit.»
    «Davon bin ich überzeugt.»
    «Was für Fragen haben sie Ihnen denn gestellt?»
    «Darüber darf ich nicht reden.»
    «Ach, das sagen die doch immer. Sie wollen die Leute isolieren und sie dadurch einschüchtern. Haben Sie keine Angst. Mir können Sie ruhig davon erzählen, ich weiß ohnehin alles.»
    «Hauptsächlich wollten sie wissen, worum es bei dem Einsatz in Armenien ging. Über alles andere wussten sie anscheinend schon sehr detailliert Bescheid.»
    «Und was haben Sie ihnen erzählt?»
    «Kaum etwas. Das hatte mir mein Anwalt geraten, zumindest für den Augenblick.»
    «Das raten Anwälte immer.»
    «Hören Sie, ich habe wirklich keine Lust, dieses Untersuchungsverfahren mit Ihnen durchzukauen – und zwar nicht wegen der Anwälte, sondern weil ich es deprimierend finde. Ich bin nur hier, weil Alan meinte, Sie hätten mir etwas zu sagen.» «Dann haben Sie sich also mit Alan getroffen?»
    «Nein. Ich habe keine Lust, ihn zu sehen. Wir haben nur kurz telefoniert.»
    «Hat er Ihnen erzählt, was ich Ihnen zu sagen habe?»
    «Nein. Er sagte nur, es sei wichtig.» Anna musterte Stone. Er machte ein Gesicht wie ein Bestattungsunternehmer aus Palm Beach. Offenbar hatte er keine guten Neuigkeiten.
    «Es betrifft Sie persönlich», sagte er sanft.
    «Reden wir nicht lange um den heißen Brei herum. Es geht um den armenischen Arzt, stimmt’s?»
    «Ja.»
    «Ist ihm etwas zugestoßen?»
    «Noch nicht. Aber wie es aussieht, wissen die Sowjets inzwischen eine ganze Menge über unsere Aktivitäten. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass Ihr Freund Antoyan festgenommen wird, wenn er unsere Lieferung abholt.»
    Anna schüttelte den Kopf, wie um das, was sie gerade gehörthatte, wieder zu vertreiben. Doch die Worte hingen weiter in der Luft. Sie brauchte einen Moment, um sie mit ihrer Erinnerung an den Menschen in Verbindung zu bringen, um den es ging, mit den tiefgründigen dunklen Augen, der entschlossenen Stimme des Mannes, von dem sie wenige Wochen zuvor in Paris Abschied genommen hatte. Und zum ersten Mal, seit man sie in Deauville aufgegriffen hatte, wäre sie am liebsten in Tränen ausgebrochen. Aber das ging nicht. Nicht hier, nicht vor Stone. Anna brachte ihre Gefühle mühsam unter Kontrolle, um fähig zu bleiben, etwas Sinnvolles zu tun, das dem armenischen Arzt helfen würde. Dann räusperte sie sich.
    «Woher wissen die Russen von der Sache?», fragte sie.
    «Das weiß ich nicht genau», antwortete Stone nicht ganz wahrheitsgemäß. «Vielleicht ist ja einer von Ascaris Schmugglern erwischt worden und hat geredet. Oder Ascari selbst ist übergelaufen. Sie sagten ja immer schon, dass er unzuverlässig ist. Im Grunde kann ich es aber auch nicht sagen. Ich weiß nur, dass der KGB seine Leute aus Istanbul abgezogen und ein Untersuchungsverfahren eingeleitet hat.»
    «Was können wir tun, um Antoyan zu helfen?»
    «Bedauerlicherweise gar nichts.»
    «Das ist doch Blödsinn, Mr.   Stone. Mir war klar, dass Sie das sagen würden, aber es kann einfach nicht stimmen. Es muss doch Möglichkeiten geben.»
    «Nein, es gibt keine. Ich bin das alles schon mit Hoffman durchgegangen. Die Lieferung hat den Iran bereits verlassen, sie ist also unterwegs. Wir können sie nicht mehr zurückholen.»
    «Was ist mit unseren Leuten in Moskau? Kann die Zentrale sie nicht benachrichtigen, damit sie jemanden nach Armenien schicken, um Antoyan zu warnen?»
    «Das würde der Direktor niemals genehmigen. Weshalb solltedie Zentrale uns noch helfen? Außerdem würde das ohnehin nicht funktionieren. Sie fühlen sich dadurch vielleicht vorübergehend besser, aber letztlich erhöht es das Risiko für den Mann nur noch.»
    «Wieso denn? Das Moskauer Büro wird ja wohl noch in der Lage sein, eine simple Nachricht weiterzuleiten! Warum ist alles Offensichtliche eigentlich immer so verdammt kompliziert?»
    «Weil unsere Agenten in Moskau allesamt aufgeflogen sind, mein Kind. Die Sowjets haben jeden einzelnen von ihnen enttarnt. Wer immer nach Eriwan reist, würde schon beim Aufbruch aus Moskau unter strengster Beobachtung stehen. Das macht die Sache für Ihren armenischen Freund nur noch schlimmer. Die Sowjets werden glauben, er wäre ein echter Agent, nicht einfach nur ein junger Dissident, der einer übereifrigen CI A-Mitarbeiterin den Kopf verdreht hat.»
    Dieser letzte Satz brachte Anna zum Schweigen. Am liebsten hätte sie Stone wüst beschimpft, doch im Grunde wusste sie,

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