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leid», sagte er. Dann näherte sich ein anderer Gratulant, und Stone verabschiedete sich in Richtung Tür.
«Sehen wir uns nachher noch?», rief Crane ihm hinterher.
«Wo geht ihr denn hin?»
«Ins Oak Hill Inn. Komm doch auch. Meine Frau möchte gern mit dir reden.»
Stone zuckte innerlich zusammen. «Vielleicht», sagte er.
«Ich rechne mit dir.»
«Ich werd’s versuchen.»
Stone schaute tatsächlich noch kurz im Oak Hill Inn vorbei, einem recht passablen Restaurant auf einem Hügel über derRoute 123, dessen größter Vorzug jedoch seine Nähe zur Zentrale der CIA war. Als er dort ankam, war Betty Crane bereits sternhagelvoll und verwickelte jeden, der in ihre Nähe kam, in ein Streitgespräch, während Alton zusammen mit seiner Sekretärin, einer vollbusigen und breithüftigen Latina Mitte zwanzig, alte Cole-Porter-Lieder sang. Zu seiner Erleichterung entdeckte Stone Harry Peltz an der vom Zigarettenrauch förmlich eingenebelten Bar.
«Was trinkst du?», fragte Stone.
«Doppelten Whiskey», antwortete Harry. «Ohne Wasser. Und ohne Eis.»
Stone bestellte einen Doppelten für Harry und einen für sich. An einem solchen Abend konnte man unmöglich nüchtern bleiben. Als die Drinks kamen, dirigierte Stone Harry Peltz in eine Ecke des Raumes, wo sie weit genug von den Cranes entfernt waren.
«Bumst Alton etwa seine Sekretärin?», fragte Peltz und deutete auf den singenden Exagenten und seine dunkelhaarige Mitsängerin.
«So was darfst du mich nicht fragen», entgegnete Stone. «Ich wusste ja nicht mal, dass er überhaupt eine Sekretärin hat.»
«Der wird sich noch umsehen, wenn er im Ruhestand ist. Allein mit Betty wird er doch verrückt.»
«Er scheint das nicht so zu sehen. Auf der Party eben hat er mir vorgeschwärmt, wie froh er ist, das Irrenhaus endlich hinter sich zu lassen.»
«Blödsinn. Was glaubst du, warum er Hinkle so hasst? Die ganzen alten Hasen haben Angst vor dem Ruhestand. Sogar ich.»
Stone versuchte, das Thema zu wechseln. Dieses ganze Gerede über den Ruhestand ging ihm ebenso sehr auf den Geistwie das Gefühl, einer Art Totenwache beizuwohnen. «Was läuft denn bei dir zurzeit?», fragte er. «Hast du noch was aus Istanbul gehört?»
«
Nada
», erwiderte Peltz. «Wieso bist du dir eigentlich so sicher, dass die Operation ein Flop wird?»
«Wieso?» Stone blickte in sein Whiskeyglas. Normalerweise beantwortete er keine Fragen zu Operationen, nicht einmal, wenn sie von alten Freunden kamen. Er nahm einen tiefen Schluck von dem Scotch und blickte zu Peltz hinüber. «Weil sie so altmodisch ist. Selbst wenn sie funktioniert, was ist dann schon groß gewonnen? Wen interessiert es, was die Russen in ihrem Konsulat in Istanbul treiben? Das ist doch alles nicht echt, verstehst du?»
«Nicht ganz.»
«Ich will damit sagen, dass alles erstarrt ist. Genau das ist ja unser Problem. Wir spionieren den Sowjets nun schon so lange hinterher, dass wir langsam anfangen, die Welt mit ihren Augen zu sehen. Sie behaupten, sie seien eine Supermacht, und wir glauben ihnen das. Also verwanzen wir ihre Büros und werben ihre Leute als Agenten an. Aber wozu? Das Ganze ist doch nichts weiter als ein Kartenhaus. Wir sollten keine Zeit mehr damit vergeuden, es anzustarren, wir sollten es lieber zum Einsturz bringen. Ich weiß, das klingt ketzerisch, aber verstehst du, worauf ich hinauswill?»
«Ehrlich gesagt: Nein. Das ist zu hoch für mich. Was brütest du denn schon wieder aus?»
«Nichts weiter.»
«Nun sag schon.»
«Nur das Übliche. Ich spiele meine Spielchen. Ich klopfe an Türen, um zu sehen, ob jemand zu Hause ist. Viel kommt dabei aber nicht heraus.»
«Red nicht um den heißen Brei herum. Was hast du vor?»
Stone lächelte freundlich. «Tut mir leid, aber das darf ich dir nicht sagen.»
«Auch gut», erwiderte Peltz. «Wen interessiert es auch schon? Trinken wir lieber noch einen.»
«Tu mir einen Gefallen», sagte Stone. «Falls dieser Taylor in Istanbul doch etwas Interessantes herausfinden sollte, dann lass es mich wissen, ja? Es interessiert mich sehr, was in dieser Gegend so vor sich geht.»
«Wird gemacht», sagte Peltz und erhob sich, um zwei weitere Drinks von der Bar zu holen.
«Auf die Zukunft», sagte Stone, als er wieder da war, und hob sein Glas.
«Bloß nicht», entgegnete Peltz. «Auf die Vergangenheit.»
Und so stießen sie an auf die glorreiche Vergangenheit, auf die traurige Gegenwart und eine ganze Reihe von weiteren Dingen. Als Cranes Sekretärin
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