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Das neue Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (German Edition)

Das neue Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (German Edition)

Titel: Das neue Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Passig , Aleks Scholz , Kai Schreiber
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Studien überprüft wurden, fielen die Ergebnisse ernüchternd aus: Antioxidantien wirken nicht vorbeugend gegen geistigen Abbau, Ballaststoffe schützen nicht vor Darmkrebs, und fettarme Ernährung reduziert nicht das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch bei randomisierten, kontrollierten Studien gibt es noch genügend Fehlerquellen, zum Beispiel entspricht die untersuchte Gruppe meistens nicht der typischen Bevölkerung, sondern ist gesünder, gesundheitsbewusster und neigt – anders als normale Menschen – zum Befolgen von Arztratschlägen. Selbst mit dem besten Studiendesign kann man nicht alle Probleme der Ernährungsforschung lösen, weil Ethikkommissionen keine Menschenversuche zur Klärung der Frage genehmigen, ab welcher Dosis eine Substanz definitiv giftig wirkt. Tierversuche wiederum liefern nur Anhaltspunkte, deren Übertragbarkeit auf den Menschen sich in Grenzen hält; zum Beispiel stellen viele Tiere im Unterschied zum Menschen ihr eigenes Vitamin C her.
    «Die Ernährungswissenschaften sind in einer bemitleidenswerten Lage», so zitierte die Süddeutsche Zeitung 2008 Gerd Antes, einen Spezialisten für evidenzbasierte Medizin. «Studien in diesem Bereich sind von vielen unbekannten oder kaum messbaren Einflüssen abhängig. Deswegen gibt es immer wieder völlig widersprüchliche Ergebnisse in der Ernährungsforschung.» Ähnlich zurückhaltend äußerte sich im selben Jahr Michael Pollan, der Autor von «In Defense of Food», in einem Radiointerview: «Die Ernährungswissenschaften sind heute auf dem Stand der Chirurgie von etwa 1650, ausgesprochen interessant und vielversprechend. Aber will man sich von diesen Leuten schon operieren lassen? Ich glaube nicht.» Angesichts dieser unbefriedigenden Lage ziehen sich empfehlungsproduzierende Personen und Institutionen gern auf den Standpunkt zurück, es sei auf jeden Fall gut, sich «ausgewogen» zu ernähren. Eine Lösung ist das allerdings auch nicht, denn dazu müsste man erst einmal wissen, welche Nahrungsbestandteile welches Gewicht auf die metaphorische Waage bringen. Wer sich für ausgewogene Ernährung ausspricht, meint damit eher selten, dass ausreichend runde, aber auch eckige Lebensmittel verzehrt werden sollen. Vermutlich haben die meisten Ratgeber dabei eine Ernährung im Sinn, die sich wenigstens ungefähr an den gerade gültigen Ernährungspyramiden und offiziellen Empfehlungen orientiert. Beides ist aber eben jenen wechselnden Moden unterworfen, die der Ausgewogenheitsbefürworter gerade vermeiden möchte. Der Ratschlag, sich ausgewogen zu ernähren, ist damit ungefähr so hilfreich wie die Empfehlung von Karl Kraus: «Im Zweifelsfall tue man das Richtige.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Funktionelle Magnetresonanztomographie
    Leela (laying on a table): Is this some kind of brain scanner, Professor?
    Professor Hubert Farnsworth: Of a sort. In France they call it a guillotine.
    Futurama
    In der Psychologie nennt man die Annahme, dass in den Köpfen der anderen was drin ist – Gedanken, Motivationen, Kenntnisse –, Theory of Mind : die Theorie, dass andere Lebewesen einen Geist spazieren tragen. Diese Annahme entwickelt sich im Alter von spätestens drei bis vier Jahren, und von da an ist es gesunden Menschen unmöglich, von Fragen wie «Warum macht er das?», «Was hat sie sich denn dabei gedacht?» und «Spinnt der eigentlich?» wieder abzulassen.
    Jahrtausendelang gab es einen fließenden Übergang zwischen bloßer Spekulation über den Irrsinn der anderen, abgeleitet aus ihrem abwegigen Verhalten, und dem Eindruck, direkten Zugang zum Geistesinhalt anderer Köpfe zu haben, also telepathisch zum Beispiel mit den Tralfamadorianern im Kontakt zu stehen. Dieses Kontinuum empfundener Gedankenleserei darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit ziemlicher Sicherheit die ganze Menschheitsgeschichte hindurch die galoppierende Phantasie bei der Interpretation des sichtbaren Verhaltens der anderen für Telepathie und Gedankenleserei gehalten wurde, tatsächlich aber nichts dergleichen stattfand.
    Vor wenigen Jahren wurde das Gedankenlesen von den galoppierenden Beinen endlich wieder auf den Kopf gestellt, in dem das Denken ja schließlich auch stattfindet. Und zwar ohne telepathische →Außerirdische, die man ja auch erst mal finden müsste, sondern unter Einsatz von Atomkernen. Dass das Lesen von Gedanken mittels Atomkernen exakt genau so beeindruckend ist, wie es auch klingt, kann man auch daran sehen, dass es für die Entwicklung

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