Das neue Philosophenportal
und die Überzeugung, dass Gott und Welt eine
Einheit bilden. In der Philosophiegeschichte fand er neben Hegel mehrere Paten für diese Überzeugung: so den italienischen
Renaissancephilosophen Giordano Bruno, den deutschen Mystiker Jakob Böhme und den Rationalisten Baruch de Spinoza, der Gott
und Welt gleichgesetzt hatte.
Da er als Empfänger eines bayerischen Stipendiums sein Studium an einer Landesuniversität abschließen musste, wechselte Feuerbach
1828 an die Universität Erlangen, wo er promovierte und anschließend bis 1832 als Privatdozent lehrte. Seine Dissertation
Über die Eine, allgemeine und unendliche Vernunft
knüpft im Titel an Giordano Brunos Werk
Von der Ursache, dem Prinzip und dem Einen
an und bekräftigt den von Bruno und von Hegel übernommenen Gedanken einer einheitlichen, von einem Grundprinzip beherrschten
Wirklichkeit.
Für Feuerbach ließ dieser Einheitsgedanke keinen Platz mehr für einen Glauben, der neben dem Wissen stand, und auch keinen
Platz für eine Auffassung, die die Wirklichkeit in ein Diesseits und Jenseits aufspaltete. Damit stand für ihn auch einer
der wichtigsten Bausteine des christlichen Glaubens auf dem Prüfstand: die Lehre von der Auferstehung und der Unsterblichkeit
des einzelnen Menschen.
Gegen den Rat seines Vaters, der ihm zu bedenken gab, dass seine Thesen ihn die künftige Anstellung im bayerischen Staatsdienst
kostenwürden, veröffentlichte Feuerbach 1830 seine
Gedanken über Tod und Unsterblichkeit
, die sich kritisch mit dem Glauben an eine jenseitige Welt auseinandersetzten. Unsterblichkeit, so Feuerbach, gibt es lediglich
für den menschlichen Geist insgesamt, für die Gattung also, aber nicht für das Individuum. Die Träume von einem Weiterleben
des Individuums nach dem Tod haben vielmehr psychologische Ursachen. Sie liegen in den Mängeln des diesseitigen Lebens, die
durch die Vorstellung einer jenseitigen Erlösung kompensiert werden.
Obwohl Polizeispitzel ihn als Verfasser der anonym veröffentlichten Schrift identifizierten, gab Feuerbach die Hoffnung auf
eine akademische Karriere nicht auf. Bis 1836 versuchte er, sich durch Vorlesungen und zahlreiche Veröffentlichungen zu empfehlen.
Doch der gegen ihn gerichtete Einfluss kirchlicher Autoritäten war groß. »Unberücksichtigt, hoffnungslos, aller ermunternden
Anregungen beraubt, stehe ich daher – ein isoliertes Individuum – in Bayern da«, schrieb er in einem Brief nach Berlin, wo
man durch seine 1833 erschienene
Geschichte der neueren Philosophie von Bacon bis Spinoza
wieder auf ihn aufmerksam geworden war und ihn ermuntert hatte, sich an der Berliner Universität zu bewerben. Nach dem Tod
Hegels 1831 war dessen Lehrstuhl noch nicht wieder besetzt worden. Doch ein polemischer Artikel Feuerbachs gegen Friedrich
Julius Stahl, einen in Berlin protegierten erzkonservativen Rechtsphilosophen und Hegelkritiker, zerstörte auch diese Perspektive.
Seine Lebensumstände wendeten sich zum Positiven, als er 1837 Bertha Löw, die Tochter eines wohlhabenden Industriellen, heiratete. Feuerbach zog sich nun auf deren Familiensitz im fränkischen
Bruckberg zurück und begann sich mit dem Leben als freier Autor abzufinden.
Hatte er sich bisher noch auf dem Boden der Hegel’schen Philosophie bewegt, so begann er nun, sich vom philosophischen Idealismus
Hegels abzusetzen und die Einheit der Wirklichkeit nicht mehr in der Vernunft als einer geistigen Kraft, sondern in der natürlichen,
sinnlich erfahrbaren Welt zu finden. Damit stellte sich auch die Frage nach der Verbindung zwischen Mensch und Religion neu.
So nahm Feuerbachs großes philosophisches Projekt, an dem er von 1838 an arbeitete und mit dem er dem Ursprung des religiösen
Bewusstseins auf die Spur kommen wollte, Gestalt an. Als »Präludium« veröffentlichte er noch im selben Jahr seine Studie
Pierre Bayle
über den französischen Religionskritiker und Frühaufklärer. Hier wird die Rolle der Religion bereits psychologisch beleuchtet
und als »subjektives Trostmittel«, als »Opium fürs Volk« bezeichnet, eine Wendung, die Karl Marx einige Jahre später in seinem
Aufsatz
Kritik der Hegel’schen Rechtsphilosophie
aufgreift, wo er von der Religion als »Opium des Volks« spricht.
Noch im Jahr 1838 begann Feuerbach, Aufsätze und Rezensionen für die von Arnold Ruge und Theodor Echtermeyer herausgegebenen
Hallischen Jahrbücher
zu schreiben. Die
Jahrbücher
waren das publizistische Organ der
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