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Das neue Philosophenportal

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Titel: Das neue Philosophenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Zimmer
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»Junghegelianer«, der »linken« Fraktion unter den Anhängern Hegels. Sie standen den gegebenen
     Verhältnissen in Politik und Religion kritisch gegenüber und forderten von der Philosophie, sich als verändernde Kraft zu
     verstehen und in die gesellschaftliche Wirklichkeit einzugreifen. Zu ihren prominentesten Vertretern gehörten neben Ruge der
     Religionskritiker Bruno Bauer sowie Max Stirner, der einen radikalen, individualistischen Anarchismus vertrat und jede Autorität
     von Kirche oder Staat ablehnte. Auch Karl Marx ging einige Jahre später aus dem Milieu der Junghegelianer hervor.
    Religionskritik spielte in den Schriften der Junghegelianer eine zentrale Rolle. Sie war so etwas wie der Schlüssel zu einer
     Interpretation der Wirklichkeit. Angeregt wurde die religionskritische Debatte durch das höchst einflussreiche Buch des Tübinger
     Theologen David Friedrich Strauss,
Das Leben Jesu
, das 1835 erschienen war. Strauss hatte die historische Wahrheit der Evangeliengeschichten bestritten und sie als philosophischen
     Mythos interpretiert. Mit der christlichen Heilsgeschichte, so Strauss, sei in Wahrheit die diesseitige Menschheitsgeschichte
     gemeint.
    Feuerbach wurde durch seine Publikationen zu einem der einflussreichsten Junghegelianer, obwohl er zu den anderen Mitgliedern
     dieser Bewegung kaum persönliche Kontakte pflegte. Einen geradezuprogrammatischen Charakter für seine Philosophie bekam der 1839 in den
Hallischen Jahrbüchern
erschienene Aufsatz
Zur Kritik der Hegel’schen Philosophie
. Noch im Hegel’schen Geist entwirft Feuerbach hier das Konzept einer genetisch-kritischen Philosophie, die Phänomene dadurch
     erklärt, dass sie ihre Entstehung aufzeigt. Gleichzeitig kündigt sich seine Abwendung von Hegel und seine Hinwendung zu einem
     philosophischen Materialismus an, indem er Hegel den Vorwurf macht, die materielle Wirklichkeit zugunsten einer abstrakten
     Rationalität vernachlässigt zu haben. Damit war einer Religionskritik der Boden bereitet, die das religiöse Bewusstsein als
     eine psychologische Projektion deutete und auf konkrete Bedürfnisse und Erfahrungen des Menschen zurückführte.
    Von März 1839 an arbeitete Feuerbach an der Zusammenfassung seiner Position in einem größeren systematischen Werk. Im Juni
     1840 lag schließlich das fertige Manuskript vor. Feuerbach zögerte noch mit einer Veröffentlichung, da er das Ergebnis einer
     Bewerbung an der Universität Freiburg abwarten wollte. Als sich auch diese Perspektive zerschlagen hatte, bot er das Manuskript
     im Januar dem Leipziger Verleger Otto Wiegand zum Druck an. Doch auch danach arbeitete er noch, bis März 1841, weitere Veränderungen
     ein.
    Das Wesen des Christentums
ist das philosophisch wichtigste Produkt der junghegelianischen Debatte um das Verhältnis zwischen Religion, Vernunft und
     Wirklichkeit. Für Feuerbach war es noch mehr: Er sah sein Werk als Vollendung der philosophischen Aufklärung in der Tradition
     Immanuel Kants an. Deshalb hatte er auch zunächst den Titel »Kritik der reinen Unvernunft« in Erwägung gezogen, in Anlehnung
     an Kants
Kritik der reinen Vernunft
. Kant hatte den Anspruch zurückgewiesen, religiöse Überzeugungen wie die von der Existenz Gottes oder der Unsterblichkeit
     der Seele könnten sich auf Wissen stützen. Feuerbach wollte nun endgültig eine Befreiung dieses Wissens aus »selbstverschuldeter
     Unmündigkeit« erreichen.
    Damit sollte jeder Art der »spekulativen Religionsphilosophie«, also einer Philosophie, die der Religion philosophische Weihen
     erteilt, der Garaus gemacht werden. Die christliche Religion war fürihn weder – wie bei Hegel – eine bildliche Darstellung des Absoluten noch – wie bei Strauss – eine Mythologie, die es richtig
     zu entziffern galt. Als Konsequenz seines genetisch-kritischen Ansatzes sah er ihre Wurzeln vielmehr in der kollektiven Psyche
     des Menschen. Feuerbachs Religionskritik verstand sich als Psychologie oder, wie er selbst es nannte, als »psychische Pathologie«.
    In Anlehnung an Kants Einteilung seiner
Kritik der reinen Vernunft
in eine »Transzendentale Elementarlehre« und eine »Transzendentale Methodenlehre« gliederte Feuerbach sein Buch in zwei große
     Teile: Im ersten geht es um das »wahre, d. i. anthropologische Wesen der Religion«, d.   h. um den Nachweis, dass hinter unseren religiösen Vorstellungen menschliche Vorstellungen stehen, Vorstellungen allerdings,
     die sich verselbstständigt haben und die

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