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Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen

Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen

Titel: Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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Schäden des Erreichbarkeitsstresses. Heute haben die meisten Leute ein Handy, aber sie benutzen es nicht alle wirklich. Die meisten schalten es an, wenn sie kurz etwas Wichtiges durchgeben wollen. »Ich bin im Stau!« Das Handy ist längst noch nicht im Lebensalltag aller angekommen. Die Close-Minds fühlen sich durch den Anspruch der OpenMinds empfindlich in ihrer Lebensführung gestört, sie wollen nicht »immer online sein«. Sie fügen sich widerwillig ein und haben jetzt ein Handy, aber »nur nach Vorschrift« – sie verweigern sich der geforderten offenen Kommunikationshaltung.Sie zeigen sich weiter resistent oder leisten passiven Widerstand.
    Die Antagonisten haben natürlich gar kein Handy und wüten gegen das Neue umso mehr, je verbindlicher es ins allgemeine Leben einzieht und umso selbstverständlicher das Nutzen des Neuen allgemein wird.
    Heute, 2012, gibt es weitere Technologien, die gerade die zweite Hürde nehmen, zum Beispiel die E-Mail und die Homepage. Die OpenMinds werden jetzt böse, wenn jemand keine E-Mail-Adresse hat, damit man ihm einen Link oder ein Foto schicken kann. »Nun eröffne bitte einen Account, es kostet doch nichts!« – »Aber ich habe keinen Computer und will auch keinen, schon gar nicht, dass ihr mir einen aufzwingt.« OpenMinds werden ungehalten, wenn ein Geschäft oder eine Institution keine Homepage hat, auf der man Öffnungszeiten oder Anfahrtswege finden kann. »Warum haben Sie keine Website?« – »Das kann jeder halten, wie er will, wir können so etwas gar nicht. Es muss auch keineswegs sein.« Auch Facebook steht gerade vor dieser zweiten Hürde. Die OpenMinds wollen, dass jeder auf Facebook ist, so wie sie wollten, dass jeder eine E-Mail-Adresse oder ein Mobiltelefon hat. Bei Facebook stellen sich die CloseMinds heute noch energisch quer. TV-Sendungen schimpfen über die Preisgabe der Persönlichkeit. Das Mobiltelefon macht erreichbar, aber Facebook macht sichtbar. Die Antagonisten erklären Facebook zur Suchthölle, Mediziner führen Patienten vor, die keinen Tag ohne Facebook überleben würden und Entziehungskuren brauchen. Das alles ist der Kampf an der zweiten Hürde. Wenn Facebook die nicht nimmt, kann es wieder zusammenklappen – sobald ein anderes Unternehmen kommt, das mit Social Media die zweite Hürde nimmt.
    Das Rauchverbot habe ich schon erwähnt, es hat die zweite Hürde schon genommen. Die OpenMinds haben mit dem Rauchen aufgehört, weil es schädlich ist. Sie haben sich von den Gesundheitsprotagonisten langsam weichschießen lassen. Die CloseMinds aber rauchten weiter. Es schert(e) sie nicht, dass Rauchen tötet. Die Antagonisten pochen auf die Freiheit des Menschen über den eigenen Körper. »Selbstmord darf nicht verboten sein.« Da finden schließlich auch immer mehrCloseMinds, dass Raucher schlecht riechen und dass sie durch das erzwungene Passivrauchen gefährdet werden. »Selbstmord ist erlaubt, okay, aber ihr dürft uns nicht umbringen.« Das ist das entscheidende Argument für den Sprung über die zweite Hürde. Die Raucher werden kriminalisiert. Das war der Moment, an dem die CloseMinds das Rauchen begrenzten und nicht mehr gegen die Idee des Rauchverbots opponierten.
    Zusammengefasst: Viele Infrastrukturtechnologien und kulturelle Gebräuche werden besser nutzbar oder sind für das gemeinsame Leben geeigneter, wenn alle Menschen eines Kulturkreises sie verwenden oder nach solchen neuen Regeln leben. In solchen Fällen tendieren die OpenMinds dazu, an den CloseMinds so lange herumzuzergen, bis diese endlich das Neue mindestens so weit adaptieren, dass eine Allgemeinkultur entstehen kann. In einer solchen Allgemeinkultur kann jetzt jeder erwarten, dass andere Menschen in der Regel eine E-Mail haben, dass jedes Geschäft und jeder Selbstständige eine Website hat, dass Mitmenschen über Handy erreichbar sind, mindestens über die Sprachbox und so weiter.
    Sie können mich jetzt fragen, was das Überwinden einer solchen Hürde im engeren Sinn mit Innovation zu tun hat, weil ja die Technologie an diesem mittleren Punkt eigentlich nicht neu ist, sondern nur der Druck der OpenMinds auf die CloseMinds zunimmt. Das stimmt nicht ganz. Oft gelingt der Durchbruch einer Innovation zu einem Infrastrukturwandel erst durch eine
sehr einfache
Technologie, mit der
sogar die CloseMinds einigermaßen gerne technisches Neuland betreten
. Es zeigt sich gerade heute, dass viele CloseMinds, die sich gegen Computer gesträubt haben, nun ganz passabel oder sogar

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