Das Nibelungenlied
Brunhilden · brächten in dies Land,
Ihr gäbt mir eure Schwester · wo blieb nun der Eid?
Ihr wißt, bei eurer Reise · war keine Mühe mir leid.«
Da sprach der Wirt zum Gaste · »Recht, daß ihr mich mahnt.
Ich will den Eid nicht brechen · den ich schwur mit Mund und Hand:
Ich helf' es euch fügen · so gut es mag geschehn.«
Da hieß man Kriemhilden · zu Hofe vor den König gehn.
Mit ihren schönen Maiden · kam sie vor den Saal.
Da sprang von einer Stiege · Geiselher zutal:
»Nun heiß' wiederkehren · diese Mägdelein:
Meine Schwester soll alleine · hier bei dem Könige sein.«
Hin brachten sie Kriemhilden · wo man den König fand:
Da standen edle Ritter · von mancher Fürsten Land.
In dem weiten Saale · hieß man sie stille stehn;
Frau Brunhilden sah man · eben auch zu Tische gehn.
Da sprach der König Gunther · »Schwester, edle Maid,
Bei deiner Zucht und Güte · löse meinen Eid.
Ich schwur dich einem Recken · und nimmst du ihn zum Mann,
So hast du meinen Willen · mit großen Treuen getan.«
Die edle Maid versetzte · »Lieber Bruder mein,
Ihr sollt mich nicht flehen · ich will gehorsam sein.
Wie ihr mir gebietet · so soll es sein getan:
Dem will ich mich verloben · den ihr, Herr, mir gebt zum Mann.«
Von lieber Augen Blicken · ward Siegfrieds Farbe rot:
Zu Diensten sich der Recke · Frau Kriemhilden bot.
Man ließ sie miteinander · in einem Kreise stehn
Und frug sie, ob sie wolle · diesen Recken ausersehn.
Scheu, wie Mädchen pflegen · schämte sie sich ein Teil;
Jedoch war Siegfrieden · so günstig Glück und Heil,
Daß sie nicht verschmähen · wollte seine Hand.
Auch versprach sich ihr zum Manne · der edle Held von Niederland.
Da er sich ihr verlobte · und sich ihm die Maid,
Ein gütlich Umfangen · war da alsbald bereit
Von Siegfriedens Armen · dem schönen Mägdlein zart:
Die edle Königin küßt' er · in der Helden Gegenwart.
Sich schied das Gesinde · Als das geschah,
Auf dem Ehrenplatze · man Siegfrieden sah
Mit Kriemhilden sitzen · ihnen dient' da mancher Mann.
Man sah die Nibelungen · zugleich mit Siegfried sich nahn.
Der König saß zu Tische · bei Brunhild der Maid.
Da sah sie Kriemhilden · (nichts war ihr je so leid)
Bei Siegfrieden sitzen · zu weinen hub sie an,
Daß ihr manch heiße Träne · über lichte Wangen rann.
Da sprach der Wirt des Landes · »Was ist euch, Fraue mein,
Daß ihr so trüben lasset · lichter Augen Schein?
Ihr solltet recht euch freuen · euch ist Untertan
Mein Land und meine Burgen · und mancher waidliche Mann.«
»Recht weinen sollt' ich eher« · sprach die schöne Maid,
»Deiner Schwester wegen · trag' ich Herzeleid.
Ich seh' sie sitzen neben · dem Eigenholden dein:
Wohl muß ich immer weinen · soll sie so erniedrigt sein.«
Da sprach der König Gunther · »Schweigt davon jetzt still,
Da ich euch ein andermal · die Kunde sagen will,
Warum meine Schwester · Siegfrieden ward gegeben.
Wohl mag sie mit dem Recken · allezeit in Freuden leben.«
Sie sprach: »Mich jammern immer · ihre Schönheit, ihre Zucht;
Wüßt' ich, wohin ich sollte · ich nähme gern die Flucht
Und wollt' euch nimmer eher · nahe liegen bei,
Bis ich wüßte, weshalb Kriemhild · die Braut von Siegfrieden sei.«
Da sprach König Gunther · »Ich mach' es euch bekannt:
Er hat selber Burgen · wie ich und weites Land.
Das dürft' ihr sicher glauben · er ist ein König reich:
Drum gönn' ich ihm zum Weibe · die schöne Magd ohne Gleich.«
Was ihr der König sagte · traurig blieb ihr Mut.
Da eilte von den Tischen · mancher Ritter gut:
Das Kampfspiel ward so heftig · daß rings die Burg erklang.
Dem Wirt bei seinen Gästen · ward die Weile viel zu lang.
Er dacht', er läge sanfter · der schönen Frauen bei.
Er wurde des Gedankens · nicht mehr im Herzen frei,
Von ihrer Minne müsse · ihm Liebes viel geschehn.
Da begann er freundlich · Frau Brunhilden anzusehn.
Vom Ritterspiel die Gäste · bat man abzustehn:
Mit seinem Weibe wollte · zu Bett der König gehn,
Vor des Saales Stiege · begegneten da
Sich Kriemhild und Brunhild · noch in Güte das geschah.
Da kam ihr Ingesinde · sie säumten länger nicht:
Ihre reichen Kämmerlinge · brachten ihnen Licht.
Es teilten sich die Recken · in beider Kön'ge Lehn.
Da sah man viel der Degen · hinweg mit Siegfrieden gehn.
Die Helden kamen beide · hin wo sie sollten liegen.
Da dachte jedweder · mit Minnen obzusiegen
Den minniglichen Frauen · des freute sich ihr Mut.
Siegfriedens Kurzweil ·
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