Das Nibelungenlied
Gewand.
Nicht länger mocht' es währen · sie mußten an ihr Ziel.
Seines Gutes konnte · Rüdiger nicht viel
Vor seiner Milde sparen · Wonach man trug Begehr,
Das versagt' er niemand · er gab es gern den Helden hehr.
Ihr edel Ingesinde · brachte vor das Tor
Gesattelt viel der Rosse · zu ihnen kam davor
Mancher fremde Recke · den Schild an der Hand,
Da sie reiten wollten · in des König Etzels Land.
Der Wirt bot seine Gaben · den Degen allzumal,
Eh' die edeln Gäste · kamen vor den Saal.
Er konnte wohl mit Ehren · in hoher Milde leben.
Seine schöne Tochter · hatt' er Geiselhern gegeben;
Da gab er Gernoten · eine Waffe gut genug,
Die hernach in Stürmen · der Degen herrlich trug.
Ihm gönnte wohl die Gabe · des Markgrafen Weib;
Doch verlor der gute Rüdiger · davon noch Leben und Leib.
Er gab König Gunthern · dem Helden ohne Gleich,
Was wohl mit Ehren führte · der edle König reich,
Wie selten er auch Gab' empfing · ein gutes Streitgewand.
Da neigte sich der König · vor des milden Rüdger Hand.
Gotelind bot Hagnen · sie durfte es ohne Scham,
Ihre freundliche Gabe · da sie der König nahm,
So sollt' auch er nicht fahren · zu dem Hofgelag
Ohn' ihre Steuer · der edle Held aber sprach:
»Alles, was ich je gesehn« · entgegnete Hagen,
»So begehr' ich nichts weiter · von hinnen zu tragen
Als den Schild, der dorten · hängt an der Wand:
Den möcht' ich gerne führen · mit mir in der Heunen Land.«
Als die Rede Hagens · die Markgräfin vernahm,
Ihres Leids ermahnt' er sie · daß ihr das Weinen kam.
Mit Schmerzen gedachte · sie an Nudungs Tod,
Den Wittich hatt' erschlagen · das schuf ihr Jammer und Not.
Sie sprach zu dem Degen · »Den Schild will ich euch geben.
Wollte Gott vom Himmel · daß der noch dürfte leben,
Der einst ihn hat getragen! · er fand im Kampf den Tod.
Ich muß ihn stets beweinen · das schafft mir armem Weibe Not!
Da erhob sich vom Sitze · die Markgräfin mild:
Mit ihren weißen Händen · hob sie herab den Schild
Und trug ihn hin zu Hagen · der nahm ihn an die Hand.
Die Gabe war mit Ehren · an den Recken gewandt.
Eine Hülle lichten Zeuges · auf seinen Farben lag.
Bessern Schild als diesen · beschien wohl nie der Tag.
Mit edelm Gesteine · war er so besetzt,
Man hätt' ihn im Handel · wohl auf tausend Mark geschätzt.
Den Schild hinwegzutragen · befahl der Degen hehr.
Da kam sein Bruder Dankwart · auch zu Hofe her.
Dem gab reiche Kleider · Rüdgers Kind genug,
Die er bei den Heunen · hernach mit hohen Ehren trug,
Wieviel sie der Gaben · empfingen insgemein,
Nichts würd' in ihre Hände · davon gekommen sein,
War's nicht dem Wirt zuliebe · der es so gütlich bot.
Sie wurden ihm so feind hernach · daß sie ihn schlagen mußten tot.
Da hatte mit der Fiedel · Volker der schnelle Held
Sich vor Gotelinde · höfisch hingestellt.
Er geigte süße Töne · und sang dazu sein Lied:
Damit nahm er Urlaub · als er von Bechlaren schied.
Da ließ die Markgräfin · eine Lade näher tragen.
Von freundlicher Gabe · mögt ihr nun hören sagen:
Zwölf Spangen, die sie aus ihr nahm · schob sie ihm an die Hand:
»Die sollt ihr führen, Volker · mit euch in der Heunen Land
»Und sollt sie mir zuliebe · dort am Hofe tragen:
Wenn ihr wiederkehret · daß man mir möge sagen,
Wie ihr gedient mir habet · bei dem Hofgelag'.«
Wie sie ihn gebeten · so tat der Degen hernach.
Der Wirt sprach zu den Gästen · »Daß ihr nun sichrer fahrt,
Will ich euch selbst geleiten · so seid ihr wohl bewahrt,
Daß ihr auf der Straße · nicht werdet angerannt.«
Seine Saumrosse · die belud man gleich zur Hand.
Der Wirt war reisefertig · und fünfhundert Mann
Mit Rossen und mit Kleidern · die führt' er hindann
Zu dem Hofgelage · mit fröhlichem Mut;
Nach Bechelaren kehrte · nicht Einer all der Ritter gut.
Mit minniglichen Küssen · der Wirt von dannen schied;
Also tat auch Geiselher · wie seine Zucht ihm riet.
Sie herzten schöne Frauen · mit zärtlichem Umfahn:
Das mußten bald beweinen · viel Jungfrauen wohlgetan.
Da wurden allenthalben · die Fenster aufgetan,
Als mit seinen Mannen · der Markgraf ritt hindann.
Sie fühlten wohl im Herzen · voraus das herbe Leid:
Drum weinten viel der Frauen · und manche waidliche Maid.
Nach den lieben Freunden · trug manche groß' Beschwer,
Die sie in Bechelaren · ersahen nimmermehr.
Doch ritten sie mit Freuden · nieder an dem Strand
Dort im Donautale · bis in das heunische Land.
Da sprach zu den Burgunden · der
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