Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
Mos Küchentisch sinken.
» Das kommt bei den Umkehrhaltungen«, fuhr Mo erbarmungslos fort. » Dabei wird Luft eingesaugt. Und wenn man aufsteht, kommt sie wieder raus.«
Sie streckte die Hand aus und tätschelte der immer noch vornübergebeugten Connie die Schulter. » Du hast recht. Unerwartetes Tröten aus der Vagina ist mehr als peinlich.«
Connie richtete sich auf und atmete dabei tief ein. Dann schüttelte sie sich leicht.
» Oh mein Gott«, sagte sie. » Ich komme mir vor wie Sandy am Anfang von Grease. Furchtbar naiv.«
» Ich fasse es nicht, dass du dir tatsächlich Grease angeschaut hast«, bemerkte Mo mit gerunzelter Stirn. » So einen schweinischen Film. Der reinste Porno!«
Connie riss die Augen auf. » Wirklich?«
» You’re the one that I want ist kein Liebeslied«, erklärte ihr Mo. » Und ich werde dir nicht mal ansatzweise den Text von Grease Lightning erläutern.«
» Beauty School Dropout war immer mein Lieblingslied«, sagte Connie wehmütig.
» Kann ich mir vorstellen«, bemerkte Mo. » Aber zurück zum Thema: alleinstehende Frauen.
Connie schürzte die Lippen. » Tja, da wäre unsere Haushälterin. Conchita. Allerdings spricht sie kaum Englisch.«
» Das muss kein Problem sein. Ist sie hübsch?«
» Oh! Müssen sie auch hübsch sein?«
» Ich will den Jungen nicht mit einem Höhlentroll verkuppeln! Also ist Conchita hässlich?«
» Also hässlich würde ich jetzt auch nicht sagen.« Connie bemühte sich eindeutig um Fairness. » Aber sie leidet schon unter Gesichtsbehaarung.«
» Okay«, sagte Mo. » Streichen wir Conchita mit ihrem Bart. Sonst noch jemand?«
Connie dachte einen Augenblick nach. » Vielleicht Phils Sekretärin. Die ist sehr hübsch.«
Mo hob die Augenbraue. » Wie heißt sie?«
» Brandi.«
» Mit ›i‹?«
Connie nickte.
» Weißt du, ob sie über das ›i‹ ein kleines Herz malt?«
» Ja, wieso?«, fragte Connie. » Ich hab’s auf der Weihnachtskarte für Phil gesehen. Woher wusstest du das?«
Igitt, dachte Mo. Kotz, kotz!
» Benedict ist viel zu klug für ein Mädchen, das statt i-Punkten Herzchen malt«, sagte sie entschieden. » Mehr hast du nicht zu bieten?«
» Ich glaube nicht«, sagte Connie und runzelte die Stirn.
Ach du meine Güte, dachte Mo. Ihre Augenbrauen bewegen sich, aber ihre Stirn bleibt so glatt wie eine Billardkugel. Dabei ist sie nicht mal fünfunddreißig!
» Connie«, sagte sie, » hast du dir Botox spritzen lassen, weil Phil bissige Bemerkungen über deine Falten macht?«
Eine Sekunde lang dachte sie, Connie würde in Tränen ausbrechen.
» Tut mir leid«, sagte Mo. » Das war selbst für mich etwas zu direkt.«
» Es liegt nicht an Phil«, sagte Connie mit zitternder Unterlippe. » Sondern an mir. Sieht man es so deutlich?«
» Connie, wenn es nicht offensichtlich wäre, hättest du noch Stirnfalten, was dem Zweck irgendwie zuwiderliefe. Warum hast du es machen lassen?«
» Weil ich nicht alt werden will!«
» Aber das wirst du, ob du willst oder nicht«, erklärte Mo sanft. » Allerdings bist du noch meilenweit davon entfernt. Warum also die Panik?«
Connie beugte sich vor und wühlte in ihrer Birkin-Tasche. Als sie sich wieder aufrichtete, hatte sie ein Taschentuch in der Hand, mit dem sie sich geziert die Nase putzte.
» Ach je.« Sie zerknüllte das Taschentuch in der Hand. » Warum? Weil ich absolut nichts aus meinem Leben gemacht habe, deshalb. Bis dato bestehen meine einzigen Leistungen darin, in der Highschool zur Miss Charme gewählt worden zu sein und James Joyces Ulysses bis zum Ende gelesen zu haben.«
» Du hast den Ulysses wirklich ausgelesen?«, fragte Mo. » Ich bin nie über Seite zwanzig hinausgekommen!«
» Ich hab sogar Finnegan’s Wake angefangen. Bin aber in der Hälfte stecken geblieben. Ich konnte einfach nicht weiterlesen.«
» Connie«, sagte Mo. » Wieso hast du nichts mit deinem Leben angefangen, wenn du in der Lage bist, einen der schwierigsten Romane der englischen Literatur zu lesen?«
» Ich hab das nie für so bedeutend gehalten«, erwiderte sie achselzuckend. » Was soll ich sagen? Ich bin ein wandelndes Klischee. Die pflichtbewusste Tochter aus reichem Haus mit ausgezeichneten Manieren, deren einzige Bestimmung Mann und Kinder sind. Ein Klischee und ein Anachronismus!« Sie fuchtelte mit dem zerknüllten nassen Taschentuch in der Luft herum. » Und ich hab’s nicht mal geschafft, diese Erwartungen zu erfüllen! Keine Kinder! Ich bin eine solche Versagerin! Deshalb will
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