Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
Unterhaltung«, sagte Benedict, » war auch ziemlich kurz.«
» Dein Glück, dass ich dir heute schon so viele persönliche Informationen aus dem Kreuz geleiert habe«, sagte Mo. » Sonst würde ich jetzt nach mehr verlangen. Was mich wieder zu dem zurückbringt, was ich eigentlich sagen wollte. Du bist eindeutig sehr von deinem Dad geprägt worden– und wirst es noch. Während meiner nicht den geringsten Einfluss auf mein Selbstwertgefühl hatte. Emotional brauchte ich ihn nicht. Also habe ich ihn nicht vermisst. So einfach ist das.«
» Sieht deine Mutter das auch so?«
» Ich glaube nicht, dass sie ihren Mann je vermisst hat«, erklärte Mo, » sondern vielmehr das Gefühl, eine respektable Ehefrau zu sein.«
» Aber du würdest deinen Mann vermissen«, sagte Benedict. » Oder nicht?«
Mo zögerte. » Er ist gegangen, weil er nicht wusste, was er will«, sagte sie, » was für mich eine große, knifflige Frage aufgeworfen hat. Selbst wenn er glücklich zurückkommt und alles wieder genau so wird wie früher, weiß ich doch jetzt, wie verletztlich ich bin. Ich dachte, Ehefrau und Mutter zu sein, wäre alles, was ich will. Aber jetzt kann ich nicht mehr gerantieren, dass ich das immer sein werde. Und wenn nicht, was bleibt mir dann?«
» Ist das die knifflige Frage?«
» Nein«, sagte Mo. » Die lautet: Ich muss alles immer hundertprozentig machen. Aber wie kann ich mich wieder rückhaltlos dem Ehefrau-und-Mutter-Ding hingeben, wo ich jetzt weiß, dass es jeden Moment enden kann? Ich hatte noch nie einen Plan B– bei mir gab es immer nur Plan A, ein Fehlschlag kam nicht infrage. Und wenn ich mit meiner Art, die Dinge anzugehen, einen Plan A und einen Plan B habe, ist das so, als würde ich mit je einem Bein auf zwei beschleunigenden Zügen stehen und beten, dass beide in die gleiche Richtung fahren.«
23
Ich könnte Connie anrufen, dachte Mo. Aber sie kennt Aishe nicht so gut, und Virginia und Lowell auch nicht. Außerdem habe ich in ihrer Gegenwart immer das Gefühl, ich müsste alle saftigen oder fragwürdigen Stellen rausstreichen, wie bei einer dieser gekürzten Klassiker-Hörfassungen von Reader’s Digests.
Nein, dachte Mo, eigentlich will ich mit Darrell sprechen. Ich könnte ohne Namen zu nennen sofort zum Punkt kommen, und sie wüsste ganz genau, von wem ich spreche. Mittlerweile sind schon ein paar Wochen vergangen. Da wird sie mir doch sicher verziehen haben?
Wie viel Uhr ist es jetzt in London?, überlegte Mo. Zehn Uhr abends. Zu spät?
Sie spähte kurz ins Kinderzimmer. Harry und Rosie waren für ein Nickerchen im Bett und schienen überraschenderweise tatsächlich beide gleichzeitig zu schlafen. Benedict war zu Aishe gegangen, um Gulliver zu unterrichten. Aishe selbst, das wusste Mo, war gleichzeitig zum Tierheim aufgebrochen. Sie fragte sich, was sie im Vorbeigehen wohl zueinander gesagt hatten.
Mo stand gegen die Küchentheke gelehnt, bis die Stille des Hauses und ihr Bedürfnis, sich auszusprechen, unerträglich wurden. Sie griff zum Hörer und wählte.
» Hallo?« Es war Anselo, der atemlos und hoffnungsvoll zugleich klang.
» Hi.« Mo hatte das Gefühl, sich entschuldigen zu müssen. Wen auch immer Anselo erwartet hatte– sie ganz sicher nicht.
Richtig geraten.
» Ach, Mo«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme. » Hi.«
» Lass mich raten«, sagte Mo. » Es ist nicht alles in Ordnung?«
» Scheiße…«, zischte Anselo. » Schlimmer kann’s wohl nicht mehr werden.«
Panik überkam Mo. » Nein!«, sagte sie. » Darrell hat doch nicht…?«
» Was denn?«
Mist!, dachte Mo. Na, wenn schon, denn schon…
» Einen Abbruch gemacht?«
» Woher zum Teufel soll ich das wissen?« Jetzt klang Anselo wütend. » Ich weiß nicht mal, wo zum Teufel sie ist!«
» Das ist nicht dein Ernst! Darrell ist abgehauen? Das ist ja…«, Mo suchte nach Worten, » vollkommen Darrell-untypisch.«
» Wirklich?«
Nicht nur wütend, sondern auch verbittert, dachte Mo. Und das mit Recht.
» Hast du wirklich keine Ahnung, wo sie sein könnte?«
» Eine Ahnung habe ich schon«, antwortete er. » Ich glaube, sie ist nach Hause geflohen. Nach Neuseeland, zu ihren Eltern.«
» Hast du schon dort angerufen?«, fragte Mo.
Anselo schnaubte resigniert. » Was hätte ich denn sagen sollen, verdammt noch mal? Hallo, ich bin der Zigeuner, der neue Freund Ihrer Tochter. Wenn sie bei Ihnen ist, könnten Sie mal nachfragen, ob sie unser uneheliches Kind abtreiben will?«
» Verstehe«, sagte Mo. » Aber
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