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Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Titel: Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Robertson
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Cafés stand ein schmächtiger Mann Ende fünfzig. Er war vollständig in verschiedenen Brauntönen gekleidet und blinzelte durch eine riesige Brille. Das verlieh ihm das Aussehen einer jungen Eule, die ohne Vorwarnung aus dem Nest gestoßen worden war.
    » Er wirkt schon ziemlich besorgt«, bemerkte Angel zu Malcolm.
    » Gott ist gütig«, erwiderte Malcolm.
    Damit gingen die beiden, um den Mann am Eingang zu begrüßen.
    » Ist das wirklich dein Vermieter?«
    » Ja«, antwortete Mo. » Er besitzt hier in der Gegend einige Häuser und in Puerto Vallarta ein Café. Außerdem hat er einen kleinen, aber einträglichen Nebenerwerb als Gebrauchtwarenhändler.«
    » Und einen sehr seltsamen Fahrradgeschmack«, ergänzte Benedict. » Und eine leichte, aber ausgeprägte sadistische Ader.«
    » Nein, das ist nur Gerede«, sagte Mo. » Sie sind die besten Freunde. Ron kriegt genau das, was er braucht– eine Gelegenheit, sich Luft zu machen. Natürlich werden sie ihn aufziehen, aber das braucht er auch. Angel ist der Meinung, dass die Menschen sich selbst und ihre Probleme zu ernst nehmen. ›Rauslassen und dadurch leichter werden‹, ist sein Motto. Er ist eine Art spanischer Dr. Phil.«
    Benedict stocherte in seinem Rührei, gab dann auf und legte die Gabel nieder. Als er sich zurücklehnte, merkte er, dass Mo ihn anstarrte.
    » Muss es sein?«, fragte er.
    » Was glaubst du denn?«
    » Mir ist immer noch nicht wohl bei dem Gedanken, hinter ihrem Rücken über Aishe zu reden.«
    » Würde es dir nicht guttun, darüber zu reden?«, fragte Mo.
    Benedict nickte widerstrebend.
    » Und hast du sonst jemanden außer mir? Nein? Dann schieß los.«
    Benedict blickte vielsagend zu Harry. » Aber manches ist nicht für Kinderohren geeignet.«
    » Deshalb hat der Mensch die Metapher erfunden«, sagte Mo. » Solange du nicht von Zügen in Tunneln redest, ist alles gut.«
    Da Benedict auf dem Rückweg Rosies Kinderwagen schob und Harry lieber an seiner Hand gehen wollte, konnte Mo dahintrödeln und dabei durch den Baldachin der Baumkronen in den leuchtenden blau-weißen Himmel hinaufblicken.
    » Der Ort hier erinnert mich an zu Hause«, bemerkte sie. » An Neuseeland, meine ich, nicht an Charlotte. Ich glaube, es liegt am Licht. Wie es alles bis zum Horizont gestochen scharf macht.«
    » In Griechenland gibt es auch so ein Licht«, sagte Benedict. » Man meint, tausende von Meilen weit schauen zu können. In England dagegen«, fügte er hinzu, » kann man von Glück reden, wenn man das Ende der Straße sieht.«
    » Ich dachte immer, die Landschaften auf den Constable-Drucken meiner Mutter wären so verschwommen, weil es malerischer ist«, sagte Mo. » Aber so ist es wirklich dort. Als sei das ganze Land von einem riesigen Teewärmer umhüllt.«
    Benedict warf ihr einen Blick zu. » Du hast nur deine Mutter erwähnt. Kein Vater?«
    » Schon«, erwiderte Mo. » Er lebt in Kanada. Als ich elf war, hat er uns verlassen.«
    » Wie war das für dich?«, erkundigte sich Benedict. » Wenn ich fragen darf.«
    » Natürlich. Genau genommen, hab ich mich das neulich selbst gefragt. Weil ich das nie vorher getan habe, ist es eine ganz neue Erfahrung für mich.«
    Mo warf einen kurzen Blick auf Harry, um zu sehen, ob er zuhörte. Er hatte Benedicts Hand losgelassen und konzentrierte sich jetzt auf eine Kastanie, die er vom Boden aufgelesen hatte. Er tippte mit dem Fingernagel daran, um zu prüfen, wie hart sie war. Trotzdem senkte Mo die Stimme.
    » Ich hab mich gefragt, wie es wohl wäre, wenn die beiden ohne Vater aufwachsen würden. Wie es sie verändern würde. Und wie es mich verändern würde. Es hat mich nicht besonders getroffen, als Dad abgehauen ist, aber wahrscheinlich lag das vor allem daran, dass er nie eine große Rolle in meinem Leben gespielt hat. Mein Vater war zwar ein ziemlich netter Mann, aber nie wirklich anwesend, wenn du weißt, was ich meine.«
    » Allerdings«, sagte Benedict. » Mein Vater war das Gegenteil: Dessen Präsenz spürte man auch noch, wenn er nicht da war.«
    Mo hob eine Augenbraue. » Das klingt, als wäre er ein interessanter Mensch.«
    » So kann man es auch bezeichnen.«
    » Wann hast du ihn zum letzten Mal gesehen?«
    » Letztes Jahr.«
    » Hier?«
    » Nein«, erwiderte Benedict langsam, » zufällig in einem marokkanischen Bordell.«
    » Bingo! Genau wie ich!«, sagte Mo. » Nein, war nur ein Scherz. Bei mir war es das Starbucks in Vancouver. 1998. Wir hatten uns absolut nichts zu sagen.«
    » Unsere

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