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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
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Macht ausstatten, die Helche je besessen hat.«
    Die Königin sagte: »Wie sollte es mich je wieder verlangen, eines Helden Frau zu sein? Der Tod des einen hat mich so unglücklich gemacht, daß ich bis an mein Ende ohne Freude leben werde.«
    Die Hunnen aber antworteten: »Königin, Euer Leben wird bei Etzel so angenehm sein, daß Ihr es nicht bereuen werdet, wenn es dazu kommt, denn der König hat viele ansehnliche Kämpfer. Wenn Helches Jungfrauen und Eure Frauen ein einziger Hofstaat werden sollten, würde jeder Ritter sich wohl fühlen in solcher Umgebung. Laßt Euch raten, Königin: Es wird wirklich gut für Euch sein.«
    Zurückhaltend schloß sie: »Es ist genug für jetzt. Morgen früh kommt zu mir, dann will ich auf Euern Vorschlag antworten.« Dem mußten die Ritter zustimmen. Als sie in ihre Herberge gegangen waren, ließ die Königin Gîselher zu sich bitten und auch ihre Mutter. Den beiden sagte sie, ihr stehe Weinen an, nichts weiter. Aber Gîselher wandte ein:»Schwester, nach allem, was ich weiß, glaube ich: Wenn du Etzel zum Mann nimmst, wird er dein Leid verschwinden machen. Was die anderen auch sagen mögen, mir scheint es gut. Er kann dich gewiß aufmuntern. Von der Rhone bis zum Rhein, von der Elbe bis ans Meer ist kein König so mächtig wie er. Du kannst froh sein, wenn er dich zur Ehefrau wünscht.«
    Sie sagte: »Lieber Bruder, wie kannst du mir das raten? Klagen und Weinen werden besser zu mir passen. Wie soll ich vor den Rittern hofhalten können? Wenn ich je schön gewesen bin, so ist es jetzt vorbei.«
    Frau Uote sprach ihrer Tochter zu, dem Rat ihrer Brüder doch zu folgen. »Es wird gut für dich sein. Ich habe dich so lange in großem Kummer gesehen.« Da bat Kriemhilt Gott, er möge es doch möglich machen, daß sie Gold und Silber und Kleider verschenken könne wie zu Lebzeiten ihres Mannes. Danach war sie doch niemals wieder froh gewesen. Sie dachte bei sich: ›Wenn ich mich einem Heiden hingebe, so werde ich in aller Welt verrufen sein, denn ich bin eine Christin. Wenn er mir auch alle Reiche gäbe, es kann doch nicht sein.‹ Dabei blieb sie. Die ganze Nacht bis zum Morgen lag sie mit vielen Gedanken. Ihre Augen wurden nicht trocken, bevor sie am Morgen zur Messe ging. Da kamen auch die Könige und setzten ihr zu, sie solle den Hunnenkönig heiraten. Aber keiner von ihnen fand sie fröhlicher. Sie ließ Etzels Boten herbeiholen, die nun gerne mit ausdrücklicher Erlaubnis abgereist wären, mit oder ohne Erfolg, wie es auch ausfiel. Rüedegêr kam mit seinen Männern zu Hof, um rechtzeitig Gunthers Willen zu erfahren; das schien ihm gut, denn der Heimweg war weit. Rüedegêr wurde zu Kriemhilt geführt. Er bat sie, ihm die Botschaft für Etzel aufzutragen, und er hat vermutlich von ihr nichts anderes als eine Ablehnung bekommen– sie wolle nie wieder einen Mann lieben. Der Markgraf sagte: »Das wäre unrecht. Warum wollt Ihr Eure Schönheit nutzlos zugrunde gehen lassen?«
    Wie sie auch baten, nichts half, bis Rüedegêr unter vier Augen mit der Königin sprach. Er wolle ihr Genugtuung verschaffen für alles, was ihr geschehen sei. Da milderte sie ihre Unbeugsamkeit ein wenig. Er sagte: »Laßt Euer Weinen sein. Wenn Ihr bei den Hunnen niemand hättet als mich und meine treuen Freunde und meine Gefolgschaft, so müßte jemand, der Euch etwas zugefügt hat, es doch bitter entgelten.« Das erleichterte sie. Sie sagte: »Dann schwört mir, daß Ihr der erste seid, mein Leid zu rächen, was einer mir auch antut.« Der Markgraf erklärte sich bereit. Er schwor mit allen seinen Männern, ihr immer treu zu dienen und ihr in Etzels Land nichts zu versagen, was ihre Ehre erfordere. Das sicherte ihr Rüedegêr mit Handschlag zu. Da dachte die treue Frau: ›Da ich nun so viele Freunde gewonnen habe, will ich die Leute über mich Unglückselige reden lassen, was sie wollen. Wenn ich meinen Mann nun doch noch rächen könnte? Da Etzel so viele Krieger hat, denen ich zu befehlen haben werde, kann ich tun, was ich will. Auch werde ich wieder etwas zu verschenken haben.‹ Sie sagte zu Rüedegêr: »Wenn du mir sagen könntest, daß er kein Heide ist, so würde ich gern auf seinen Wunsch eingehen und ihn zum Manne nehmen.« Der Markgraf antwortete: »Darum solltet Ihr Euch nicht bekümmern. Er hat so viele Ritter christlicher Gesinnung, daß Ihr es niemals schmerzlich empfinden werdet. Wie, wenn Ihr erreicht, daß er sich taufen läßt? Was das angeht, so könnt Ihr unbedenklich Etzels Frau

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