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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
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nicht weiter mitgeritten als vor die Mauern von Worms. Vor der Abreise hatten sie Eilboten nach Hunnenland geschickt, die dem König berichteten, daß Rüedegêr ihm die Königin zur Frau geworben habe.

21 . WIE KRIEMHILT ZU DEN HUNNEN REISTE
    Wir wollen die Boten reiten lassen. Wir sagen euch, wie die Königin durch die Lande reiste und wo Gîselher und Gêrnôt sich von ihr trennten, die ihr treu das Geleit gegeben hatten. Sie ritten an die Donau bis Pföring. Da nahmen sie Abschied von ihrer Schwester, denn sie wollten zurück an den Rhein. Das konnte nicht ohne Tränen geschehen. Gîselher sagte: »Wenn dir etwas widerfährt und du bedarfst meiner, so laß es mir sagen. Ich werde dir nach Hunnenland zu Hilfe kommen.« Sie küßte ihre Verwandten. Die Burgunden verabschiedeten sich freundlich von Rüedegêrs Gefolge.
    Die Königin und ihr prächtig gekleidetes Gefolge von einhundertundvier Frauen wurde von bewaffneten Rittern begleitet. Bald zogen sie durch Bayern. Die Nachricht verbreitete sich, und die Leute liefen zusammen, wo der Inn in die Donau mündet; da steht noch heute ein Kloster.
    In der Stadt Passau saß ein Bischof. Sein Hofstaat und dieLeute aus den Herbergen waren auf den Beinen und eilten den Gästen auf der Straße nach Bayern entgegen, dort begegnete der Bischof Pilgrîn der schönen Kriemhilt. Den einheimischen Rittern war es nicht unlieb, daß so viele schöne Mädchen in ihrem Gefolge waren; mancher betrachtete sie voll zärtlicher Gefühle. Der Bischof ritt mit seiner Nichte in Passau ein. Die Bürger hatten erfahren, daß Kriemhilt kommen würde, die Schwestertochter des Fürsten, und sie wurde von den Kaufleuten willkommen geheißen. Die Gäste wurden gut beherbergt. Der Bischof hoffte, sie würden bleiben, aber Eckewart sagte: »Das ist unmöglich. Wir müssen flußabwärts in Rüedegêrs Land reiten, wir werden schon von vielen Rittern erwartet.«
    Gotelint hatte die Nachrichten schon erfahren. Sie und ihre Frauen bereiteten sich emsig auf den Empfang vor. Rüedegêr hatte ihr sagen lassen, es dünke ihn gut, wenn sie Kriemhilt bis zur Enns entgegenritte, sie könne sie damit wohl trösten und erfreuen. Da war viel Bewegung auf den Wegen: Rüedegêrs Hof ging und ritt den Gästen entgegen. Nun war Kriemhilt bis Efferding gekommen. Hätten die Bayern nach ihrer Art einen Raubüberfall veranstaltet, so hätten sie den Reisenden leicht Unannehmlichkeiten bereiten können; aber der Markgraf hatte tausend oder noch mehr Ritter bei sich und verhinderte es so. Nun war auch Gotelint, Rüedegêrs Frau, mit vielen ansehnlichen Rittern gekommen. Als sie über die Traun ritten auf das Feld an der Enns, sahen sie schon die Zelte aufgespannt, wo das Nachtquartier für die Gäste bereitet war, und auch für die Bewirtung hatte Rüedegêr gesorgt. Gotelint verließ ihre Unterkunft. Mit klingendem Geschirr gingen die Pferde auf den Wegen. Der Empfang wurde sehr herzlich, und Rüedegêr war zufrieden. Von beiden Seiten stießen Ritter zu ihm, dabei turnierten sie zu Pferde. Das sahen die Mädchengern, und auch die Königin erfreute sich daran. Die Lanzensplitter flogen empor von den Händen der Kämpfenden, die um das Lob der Frauen wetteiferten. Endlich ließen sie es und begrüßten einander. Gotelint wurde zu Kriemhilt geführt. Wer sich auf Frauendienst verstand, hatte viel zu tun. Der von Pöchlarn ritt zu seiner Frau. Sie freute sich, daß er so wohlbehalten über den Rhein gekommen war, nun war sie erlöst von ihrer Sorge. Als sie sich begrüßt hatten, bat er sie und ihre Frauen, abzusteigen auf die Wiese; die Ritter halfen ihnen dabei. Kriemhilt erblickte die Markgräfin mit ihrem Gefolge. Sie hielt ihr Pferd an und ließ sich schnell aus dem Sattel heben. Der Bischof führte seine Nichte mit Eckewart zu Gotelint. Das Gesinde wich zurück. Die Fremde küßte Gotelint auf den Mund. Die sagte lächelnd: »Wohl mir, Königin, daß ich Euch mit eigenen Augen in diesem Land gesehen habe. Nichts Lieberes hätte ich erleben können!« – »Gott wolle es Euch lohnen«, antwortete Kriemhilt. »Wenn es mir und Etzel wohl ergeht, soll es Euch zugute kommen, daß wir uns gesehen haben.« Sie wußten beide nicht, was später geschehen sollte. Die Mädchen gingen zueinander, die Ritter begleiteten sie. Nach der Begrüßung setzten sie sich in das Gras. Die sich vorher nicht gekannt hatten, schlossen viele neue Freundschaften. Den Frauen wurde der Willkommenstrunk gereicht, das war ungefähr um die Mitte des

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