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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
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und sagte zu seinen Herrn: »Nun erhebt Euch von den Sitzen und geht denen entgegen, die Euch bewillkommnen wollen. Da kommt ein Heer, das ich gut kenne, das sind die Kämpfer aus dem Land der Amelungen, die der von Bern führt. Sie sind sehr selbstbewußt, und ihr solltet ihre Dienste nicht übersehen.« Da stiegen mit Dietrîch viele Ritter und Knechte von den Pferden, wie es sich gehörte, und gingen den Gästen entgegen und begrüßten sie freundlich. Nun hört, was Herr Dietrîch den Söhnen Uotes sagte, als sie ihm entgegentraten. Es war ihm leid, daß sie gekommen waren, und er dachte, Rüedegêr hätte ihnen Kriemhilts Absichten mitgeteilt. »Seid willkommen, Ihr Herren, Gunther und Gîselher, Gêrnôt und Hagen, ebenso Volkêr und Dancwart. Wißt Ihr nicht, daß Kriemhilt noch schmerzlich weint um den Helden der Nibelungen?«
    »Da mag sie lange weinen«, antwortete Hagen. »Er ist vor vielen Jahren erschlagen worden. Nun soll sie den Hunnenkönig liebhaben, denn Sîfrit kommt nicht wieder, er ist längst begraben.«
    »Wir wollen von Sîfrits Wunden nicht mehr sprechen. Solange Kriemhilt lebt, kann es ein Unglück geben«, sagte Dietrîch. »Hüte dich davor, der du die Zuversicht der Nibelungen bist.«
    »Warum soll ich mich davor schützen?« fragte der König. »Etzel hat uns Boten geschickt, wir sollten zu ihm kommen, was brauche ich da noch weiter zu fragen? Auch unsere Schwester Kriemhilt hat uns dringende Botschaft gesandt.« Hagen aber sagte: »Bittet Herrn Dietrîch, Euch genauer zu sagen, was Kriemhilt plant.« Da führten die drei Könige Gunther, Gêrnôt und Dietrîch ein vertrauliches Gespräch. »Nun sag uns, edler Ritter von Bern, welche Kenntnis duvon Kriemhilts Absichten hast.« Der König von Bern antwortete: »Was soll ich Euch mehr sagen? Jeden Morgen höre ich Etzels Frau jammervoll zu Gott im Himmel um Sîfrit klagen.« – »Was wir gehört haben, ist unabwendbar«, sagte Volkêr. »Wir müssen zu Hof reiten und sehen, was uns hier zustoßen wird.«
    Die Burgunden kamen ritterlich zu Hof nach der Sitte ihres Landes. Viele hunnische Ritter waren neugierig, was wohl Hagen von Tronege für einer sei. Weil überall erzählt wurde, er habe den stärksten Helden, Sîfrit von den Niederlanden, erschlagen, wurde bei Hof viel nach ihm gefragt. Er war gut gewachsen, mit breiter Brust und langen Beinen, sein Haar begann zu ergrauen, seine Blicke waren eisig, er hatte einen stolzen Gang. Die burgundischen Ritter wurden untergebracht, die Knechte wurden von ihnen getrennt, was Kriemhilt in ihrem Haß gegen Gunther veranlaßt hatte. So konnten später die Knechte bei der Herberge erschlagen werden. Hagens Bruder Dancwart war der Marschall. Gunther befahl ihm das Gesinde angelegentlich an, er solle für alle sorgen und ihnen genug zukommen lassen, denn er wollte für jeden das Beste.
    Kriemhilt ging mit ihrem Gefolge zu den Burgunden und begrüßte sie mit falscher Freundlichkeit. Sie küßte Gîselher und ergriff ihn an der Hand. Hagen von Tronege sah das und band sich den Helm fester. »Nach einem solchen Gruß«, sagte er, »sollen die Ritter sich vorsehen, die Könige und ihre Männer werden in verschiedener Art empfangen. Die Reise zu diesem Fest war nicht gut.« Sie antwortete: »Seid dem willkommen, der Euch gern sieht. Um Eurer bloßen Freundschaft willen werde ich Euch nicht grüßen. Sagt doch, was Ihr mir mitgebracht habt aus Worms, daß Ihr mir so außerordentlich willkommen sein solltet.«
    »Hätte ich gewußt«, sagte Hagen, »daß Ihr, eine Königin,von einem Ritter Gaben annehmt, so wäre ich reich genug gewesen, um Euch etwas mitzubringen.«
    »Ich frage Euch genauer: Wo habt Ihr den Schatz der Nibelungen gelassen? Ihr wißt wohl, daß er mir gehörte: Den hättet Ihr mir nach Hunnenland bringen sollen.«
    »Wahrlich, meine Herrin, es ist lange her, daß ich den Nibelungenschatz gesehen habe. Meine Herren ließen ihn im Rhein versenken, und da muß er bleiben bis zum Jüngsten Tag.«
    Die Königin sagte: »Ich habe es nicht anders erwartet. Ihr habt mir nichts davon mitgebracht, obwohl er mein Eigentum war und ich damals über ihn verfügte. Das macht meine Tage trostlos für immer.«
    »Ich werde Euch den Teufel bringen«, erwiderte Hagen. »Ich habe an meinem Schild und meinem Harnisch genug zu tragen, an meinem Helm und dem Schwert in meiner Hand: Deswegen bringe ich Euch nichts.«
    Da sagte die Königin zu allen Rittern gewandt: »Es sollen keine Waffen in den Festsaal

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