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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
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auch meine Meinung. Wenn mir einer Türme aus Gold gäbe, mit diesem Spielmann wollte ich es doch nicht aufnehmen, wegen seiner zornigen Blicke. Und Hagen kenne ich aus seiner Jugend, deshalb braucht man mir nicht viel von ihm zu sagen. In zweiundzwanzig Stürmen habe ich ihn gesehen, da hat er vielen Frauen das Herz schwer gemacht. Er und der von Spanien haben manchen Feldzug miteinander gemacht und hier bei Etzel manchen Kampf ausgefochten zu Ehren des Königs. Den Ruhm muß man Hagen lassen. Und damals war er den Jahren nach noch unmündig. Die Jünglinge von damals, wie grau sie geworden sind! Nun ist er längst erwachsen und ein finstererMann. Überdies trägt er Balmunc, das er durch eine Untat an sich gebracht hat.« Es ergab sich, daß keiner den Kampf aufnahm. Die Königin war tief unglücklich: Ihre Ritter kehrten um. Sie fürchteten den Tod von dem Spielmann, und dazu hatten sie allen Anlaß.
    Da sagte der Spielmann: »Wir haben nun deutlich gesehen, daß wir hier Feinde haben, wie uns schon gesagt worden ist. Wir sollten zu den Königen gehen, damit niemand sie angreift. Wenn Freunde fest zusammenhalten, wird mancher aus Furcht und Einsicht ablassen von dem, was er vorhatte. Das Unglück manchen Mannes kann durch Besonnenheit verhindert werden.« – »Ich folge Euch«, sagte Hagen.
    Sie fanden die Burgunden auf dem Hof von Begrüßenden umringt. Volkêr rief seinen Herren laut zu: »Wie lange wollt Ihr hier noch stehen und Euch umdrängen lassen? Ihr solltet besser zu Hof gehen und den König nach seinen Absichten fragen.« Da taten die Ritter sich paarweise zusammen. Der Herr von Bern ergriff Gunther von Burgund an der Hand, Irnfrit ging mit Gêrnôt, Rüedegêr mit Gîselher zu Hof, und wie sich auch sonst die Paare zusammenfanden, Hagen und Volkêr trennten sich nie, bis der Kampf sie am Ende auseinanderriß. Mit den Königen gingen tausend Männer, die ihr Gefolge bildeten, dazu über sechzig Ritter, die Hagen mit sich gebracht hatte. Hâwart und Îrinc, Dancwart und Wolfhart gingen mit den Königen und zeigten ihr gewandtes Benehmen.
    Als der König vom Rhein den Palast betrat, sprang Etzel von seinem Sitz auf. »Seid willkommen, Herr Gunther und Herr Gêrnôt, und Euer Bruder Gîselher. Ich habe Euch meine besten Grüße an den Rhein geschickt. Auch Euer ganzes Gefolge soll mir willkommen sein. Ihr beide, Volkêr und Hagen, seid mir und meiner Frau herzlich gegrüßt hierzulande.Sie hat Euch viele Boten an den Rhein geschickt.« Hagen von Tronege antwortete »Das habe ich wohl gehört. Wäre ich nicht wegen meiner Herren gekommen, so wäre ich Euch zu Ehren hergeritten.« Da nahm der Wirt seine Gäste an der Hand. Er führte sie dahin, wo er vorher selbst gesessen hatte. Den Gästen wurde in großen goldenen Schalen Met und Wein aus Trauben und Maulbeeren gereicht. König Etzel sagte: »Das will ich Euch sagen: Mir konnte in der Welt nichts Lieberes geschehen als Euer Besuch. Er hat auch die Trauer der Königin verdrängt. Ich wundere mich nur, was ich Euch getan haben mag, daß Ihr nie in mein Land zu kommen geruhtet, ich habe doch schon so viele edle Gäste gehabt. Daß ich Euch nun gesehen habe, ist mir eine große Freude.« Und Rüedegêr antwortete: »Ihr freut Euch mit Recht, denn die Freundschaft mit den Verwandten meiner Königin ist wertvoll.«
    Am Sonnwendabend waren die Fürsten an Etzels Hof gekommen. Er empfing die Gäste mit so ehrender Begrüßung, wie man es selten gesehen hat. Als die Essenszeit da war, ging er mit ihnen zu Tische. Essen und Trinken wurde ihnen in Hülle und Fülle aufgetragen. Jeder Wunsch wurde ihnen erfüllt, denn man hatte ganz erstaunliche Dinge über sie erzählt.

30 . WIE HAGEN UND VOLKÊR WACHE HIELTEN
    Der Tag war zu Ende, die Nacht kam heran. Die reisemüden Ritter fragten sich, wann sie zur Ruhe und zum Schlafen kommen sollten. Hagen war es, der davon zu sprechen begann. Da sagte Gunther zu Etzel: »Gott gebe Euch eine ruhige Nacht, und wir möchten uns verabschieden, denn wir wollen schlafen gehen. Morgen früh kommen wir wieder,wenn es Euch recht ist.« Etzel trennte sich in bester Stimmung von seinen Gästen. Die Hunnen umdrängten sie, und Volkêr sagte: »Wie könnt Ihr es wagen, so dicht heranzukommen? Wenn Ihr nicht ablaßt, so will ich einigen mit meinem Bogen Schläge versetzen, daß sie von ihren Freunden beweint werden. Warum macht Ihr uns nicht Platz! Das wäre besser. Es nennen sich zwar alle Krieger, aber sie haben nicht alle die gleiche

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