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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
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gesattelt vor das Tor. Mit den Schilden in der Hand traten die fremden Ritter zu ihnen, und der Gastgeber verteilte überall Geschenke, ehe sie aus dem Saal heraus waren. Und er verstand es, Geschenke zu machen: Gîselher hatte er seine schöne Tochter gegeben. Gunther gab er, obwohl der selten Gaben annahm, eine Kampfausrüstung, die ein mächtiger König mit allem Anstand tragen konnte. Gunther verbeugte sich vor Rüedegêr. Gêrnôt gab er ein mächtiges Schwert, mit dem dieser herrlich kämpfen sollte; die Markgräfin gönnte ihm das Geschenk, und durch dies Schwert sollte Rüedegêr fallen. Gotelint bot Hagen ihre Geschenke an, da sogar der König etwas angenommen hatte; nun sollte auch er nicht ohne Gabe zu dem Fest reiten; aber er lehnte es ab. »Von allem, was ich gesehen habe«, sagte Hagen, »möchte ich nichts anderes von hier mitnehmen als den Schild dort an der Wand. Den möchte ich in Etzels Land tragen.« Hagens Antwort erinnerte die Markgräfin an ihren Schmerz, die Tränen kamen ihr. Sie dachte an Nuoduncs Tod, denWitege erschlagen hatte. 5 Sie sagte: »Ich gebe Euch den Schild. Wollte doch Gott, daß der noch leben dürfte, der ihn an der Hand getragen hat! Er ist im Sturm gefallen, und ich muß ewig um ihn weinen.« Die Markgräfin erhob sich von ihrem Sessel und ergriff den Schild mit ihren weißen Händen. Sie trug ihn zu Hagen, er nahm ihn an die Hand. Das war ein ehrenvolles Geschenk. Die Malerei und die Edelsteine waren mit hellem Stoff überzogen (einen besseren Schild hat die Sonne nicht gesehen). Wer ihn hätte kaufen wollen, hätte wohl tausend Mark als Preis geben müssen. Hagen ließ den Schild wegtragen. Nun trat Dancwart vor Rüedegêr, und ihm gab die junge Gräfin kostbare Kleider, die er dann bei den Hunnen trug. Sie hätten kein Geschenk berührt, wenn Rüedegêr sie nicht mit so viel Freundlichkeit und Anstand übergeben hätte. Später wurden sie ihm so feind, daß sie ihn totschlagen mußten. Dann trat Volkêr mit seiner Geige wohlerzogen vor Gotelint. Er spielte schöne Melodien und sang ihr seine Lieder vor und nahm damit Abschied von Pöchlarn. Die Markgräfin ließ sich einen Kasten herantragen, daraus nahm sie zwölf Ringe und schob sie Volkêr auf den Arm. »Die sollt Ihr mitnehmen zu Etzel und sie um meinetwillen bei Hofe tragen, damit man mir, wenn Ihr zurückkommt, sagen kann, wie Ihr mir gedient habt bei dem Fest.« Er erfüllte ihr diesen Wunsch gern. Nun sagte Rüedegêr zu seinen Gästen: »Ihr sollt so sorglos reisen wie möglich, deswegen will ich selbst Euch begleiten und für Eure Sicherheit sorgen, daß Euch niemand schädigt auf der Landstraße.« Seine Packpferde wurden sofort beladen, er war reisefertig mit fünfhundert Mann und ritt mit ihnen fröhlich dem Fest entgegen: Von ihnen sollte nicht einer lebend nach Pöchlarn zurückkommen. Er verabschiedete sich mit einem innigen
    Kuß, und ebenso Gîselher. Rüedegêrs Leute umarmten ihre schönen Frauen. Überall wurden die Fenster geöffnet, als sie zu Pferde stiegen. Die Frauen und Mädchen weinten; ich glaube, ihr Herz hat das große Leid geahnt, das sie bald zu beklagen hatten.
    Die Ritter sollten bald Sehnsucht nach ihren Angehörigen bekommen, die sie nie wiedersahen. Aber jetzt ritten sie in bester Stimmung flußab an der Donau entlang ins Hunnenland, und Rüedegêr sagte zu den Burgunden: »Wir wollen melden, daß wir zu den Hunnen kommen. Über nichts hat Etzel sich mehr gefreut.« Die Boten ritten ihnen durch Österreich voraus, jedermann bekam zu hören, daß die Helden aus Worms im Hunnenland eingetroffen wären. »Empfange sie freundlich, Kriemhilt, meine liebe Frau. Deine Brüder kommen und wollen sich große Ehren erwerben.« Kriemhilt stand an einem Fenster und spähte nach ihren Verwandten aus. Sie sah viele Männer aus dem Land ihres Vaters. Der König lachte vor Freude. »Gottlob«, sagte Kriemhilt, »meine Freunde bringen neue Schilde und strahlende Harnische mit. Wer Gold zum Lohn nehmen will, soll meiner Leiden gedenken, und ich will ihm immer danken.«

28 . WIE DIE BURGUNDEN IN HUNNENLAND ANKAMEN
    Als die Burgunden in das Land gekommen waren, erblickte Hildebrant sie und sagte es Dietrîch von Bern, seinem Herrn. Er war sehr bekümmert und bat ihn, die Ritter freundlich zu empfangen. Wolfhart ließ die Pferde herbeiführen.
    Mit Dietrîch ritten viele Krieger auf das Feld hinaus zur Begrüßung.
    Die Burgunden hatte ihre Zelte zusammengepackt. Hagen sah die Schar ganz von ferne kommen

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